Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740960018
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lang würden sie ohnehin wieder Mitglieder der hiesigen Kirchengemeinde werden.

      Na schön, dachte Sebastian, wenn alle Stricke reißen, dann muß der gute Ottfried eben ein Machtwort sprechen.

      Er war sicher, daß sein Bischof durchaus Verständnis für den Wunsch der Eltern haben würde.

      An die beleidigte Leberwurst, die Blasius Eggensteiner dann allerdings spielen würde, wollte er lieber nicht denken…

      *

      Gutgelaunt fuhr Wolfgang Burger ins Dorf hinunter. Wieder lag ein arbeitsreicher Tag hinter ihm, und jetzt freute er sich auf einen wohlverdienten Dämmerschoppen.

      Den ganzen Nachmittag hatte er damit zugebracht, das Holz zu zersägen und aufzustapeln. Später half er seiner Mutter und der Magd, die Kühe zu melken und zu füttern. Vor dem Abendessen nahm er eine Dusche und zog sich um.

      »Willst’ noch fort?« hatte Maria Burger gefragt und ihren Sohn erstaunt angesehen.

      Wolfgang hatte nur stumm genickt.

      Aber seine Mutter ließ nicht locker.

      »Was hast’ denn vor?« wollte sie wissen.

      Die Bäuerin sah es gar nicht gerne, daß er abends noch fortging. Vielleicht hatte sie Angst, er könne sich mit einem Madl einlassen, das nicht ihren Vorstellungen von einer akzeptablen Schwiegertochter entsprach. Jedenfalls behandelte sie ihn immer noch wie einen kleinen Bub.

      »Mutter, ich fahr’ ins Dorf«, hatte Wolfgang schließlich geantwortet, weil er genau wußte, daß sie keine Ruhe geben würde, bis sie alles ganz genau erfahren hatte. »In einer Woche heiratet der Tobias Oberleitner, und wir, seine Freunde, wollen besprechen, welchen Schabernack wir dem jungen Paar spielen können.«

      Maria Burger schien beruhigt.

      »Aber komm’ net so spät heim«, gab sie ihm dennoch mit auf den Weg. »Und trink’ net, wenn du fahren mußt.«

      Der junge Bauer zog die Augenbrauen hoch.

      »Mutter, ich werd’ in diesem Jahr dreißig«, erwiderte er. »Glaub’ mir, ich kann schon auf mich aufpassen.«

      Die Altbäuerin verzog daraufhin das Gesicht.

      »Ich mein’s ja nur gut mit dir.«

      Er nahm sie in die Arme.

      »Ich weiß«, meinte er. »Nur manchmal ist’s des Guten ein bissel zuviel.«

      Franzi, die dem Gespräch, das in der Küche stattfand, beiwohnte, seufzte tief.

      »Ach, im Dorf war ich auch schon lang’ net mehr«, sagte sie, mit einem Blick auf den jungen Bauern.

      Ob er den Wink mit dem Zaunpfahl wohl verstand?

      Wolfgang überhörte ihre Bemerkung geflissentlich. Genau wie seiner Mutter, war es ihm auch nicht entgangen, daß die hübsche Magd sich Hoffnungen auf ihn machte.

      Gut, Franzi war eine attraktive Frau, zudem äußerst fleißig in Haus und Hof, und der junge Bauer mochte sie wirklich gerne. Aber das war auch schon alles. Von Liebe konnte gewiß keine Rede sein.

      Liebe war für Wolfgang Burger etwas Unbekanntes. Bisher hatte sein Herz noch nicht schneller geschlagen, wenn ihm eine Frau begegnet war. Und er kannte viele. Samstags, auf dem Tanzfest im Löwen, da gab es genug, die ganz wild darauf waren, mit ihm das Tanzbein zu schwingen. Aber mehr als ein paar harmlose Küsse hatte er für sie nicht übrig.

      Eines Tags, dachte er manchmal in einsamen Stunden, da wird sie vor mir stehen, und dann werd’ ich wissen, daß sie die Richtige ist.

      Also war er losgefahren, ohne auf das enttäuschte Gesicht der Magd zu achten, und freute sich schon auf den Abend und die anderen Bauern, die er treffen würde.

      Jungen Hochzeitern einen derben Streich zu spielen, das war schon eine alte Tradition. Beim letzten Mal, erinnerte er sich, hatten sie dem Brautpaar einen Kinderwagen auf das Dach ›gepflanzt‹ und dazu eine Feuerwehrsirene installiert, die die frisch Vermählten in aller Herrgottsfrühe weckte – kaum, daß sie ein Auge zugemacht hatten. Ihnen war nichts anderes übrig geblieben, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen und die Freunde, die natürlich unten im Hof standen, um das Spektakel zu sehen, zu einem Frühstück einzuladen, zu dem es nicht nur ›Festes‹ Brot gab… – das flüssige schmeckte genauso gut!

      Wolfgang stellte seinen Wagen auf dem Hotelparkplatz ab. Zum Löwen gehörte nicht nur ein Restaurant, auch der Dorfkrug wurde von Sepp Reisinger und seiner Frau bewirtschaftet. Dort drinnen ging es lockerer zu, als in dem etwas vornehmer gehaltenen Restaurant.

      Der junge Bauer schloß das Auto ab und bog um die Ecke. Auf der anderen Seite überquerte eine Frau die Straße. Ohne nach rechts und links zu schauen, lief sie einfach hinüber. Im selben Moment schoß ein dunkler Wagen aus einer Querstraße heraus und raste mit hoher Geschwindigkeit auf die Frau zu. Es schien, als habe der Fahrer die Passantin noch gar nicht bemerkt.

      Anders Wolfgang Burger. Er sah die Frau und das Auto und stieß einen Warnruf aus. Die Frau schreckte hoch, offenbar war sie so in Gedanken, daß sie erst jetzt bemerkte, in welcher Gefahr sie sich befand. Der junge Bauer reagierte schnell und sprang auf die Straße. Die Frau an der Hüfte umfassend, zog er sie mit sich. Sie fielen zu Boden und rollten an die Bordsteinkante. Das Auto raste haarscharf an ihnen vorbei.

      Es waren nur wenige andere Leute auf der Straße gewesen, doch jetzt bildete sich schnell ein Knäuel von Neugierigen um die am Boden Liegenden.

      »Lassen S’ mich durch!« hörte Wolfgang jemanden rufen.

      Er rappelte sich hoch und half der jungen Frau auf die Beine, der der Schrecken im Gesicht stand.

      »Sind S’ verletzt?« fragte Wolfgang Burger besorgt.

      »Nein«, schüttelte sie den Kopf. »Nur fürchterlich erschrocken.«

      »Kein Wunder, so, wie der gerast ist!« hörte Wolfgang jemanden sagen.

      »Ich glaub’, ich bin selbst schuld«, sagte die junge Frau und sah ihn an. »Wenn Sie net gewesen wären… Vielen Dank, Herr…«

      »Wolfgang Burger«, stellte er sich vor.

      »Regina Werneke«, murmelte die Frau und schlug beschämt die Augen nieder.

      Es war ihr peinlich, solch einen Auflauf verursacht zu haben.

      Der Mann, der eben so energisch gebeten hatte, durchgelassen zu werden, war Pfarrer Trenker. Er blickte die junge Frau an.

      »Ich hab’s zufällig gesehen«, sagte er. »Der Mann in dem Auto ist wirklich verantwortungslos gefahren… aber Sie waren auch sehr unvorsichtig.«

      »Ich weiß«, nickte die Krankenschwester. »Es tut mir leid. Ich war so in Gedanken.«

      »Na ja, es ist ja noch mal gutgegangen«, meinte Wolfgang.

      »Ihnen ist wirklich nix geschehen?« vergewisserte sich der Geistliche.

      Regina schüttelte wieder den Kopf. »Nein, ich bin in Ordnung.«

      »Vielleicht sollten wir auf den Schrecken hin etwas trinken«, schlug der Bauer vor. »Da drüben ist der Gasthof. Kommen S’, ich lad’ Sie ein.«

      »Dort wollt’ ich ohnehin etwas essen«, sagte sie. »Aber ich denk’, es ist wohl an mir, Sie einzuladen.«

      Wolfgang musterte sie und lächelte.

      »Da sag’ ich net nein«, antwortete er.

      Sebastian Trenker nickte.

      »Mir scheint, es ist wirklich noch mal alles gutgegangen«, sagte er. »Einen schönen Abend noch.«

      Während er zum Pfarrhaus zurückging, klopften Regina und Wolfgang sich den Staub von der Kleidung. Die Menschenmenge löste sich rasch wieder auf.

      Reginas Herz klopfte immer noch vor Aufregung, als sie an Wolfgang Burgers Seite den Gasthof betrat.

      *