Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740960018
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hatte Bianca den jungen Mann gebeten. »Sonst denkt mein Vater wirklich noch, du wärst ein Mädchenverführer, der nur Schlimmes im Sinn hat.«

      Natürlich hatte sie das mit einem Lächeln auf den Lippen gesagt. Denn daß Thomas ihr nichts Böses wollte, stand für sie außer Frage.

      In der Pension verabschiedete sich Bianca mit einem liebevollen Kuß von Thomas.

      »Wir sehen uns nachher zum Abendessen.«

      Dann ging sie gleich zum Zimmer der Eltern, um sich zurückzumelden.

      Die hatten es sich mit Saft und Keksen gemütlich gemacht, und am Kleiderschrank hingen die neuen Sachen.

      »Na, ihr habt den Tag aber gut genutzt«, schmunzelte die Tochter, als sie das Kleid und den Trachtenanzug betrachtete. »Da fällt wohl für mich kein neues Kleid mehr ab, was?«

      Franz Lennard verdrehte die Augen.

      »Mutter und ich haben uns schon lange nix Neues mehr gekauft«, sagte er.

      »Ach, Papa, ich hab’ doch nur einen Scherz gemacht«, lachte Bianca.

      Heidrun fiel das strahlende Gesicht ihrer Tochter natürlich auf.

      »Und, hattet ihr einen schönen Tag?« wollte sie wissen.

      »Es war herrlich«, schwärmte Bianca. »Ihr müßt unbedingt auch mal an den Achsteinsee. Es ist einfach wunderschön dort.«

      »Morgen machen wir erst einmal eine Bergtour«, meinte ihr Vater. »Wir haben nämlich einen Bergführer gefunden.«

      »Etwa den Priester?«

      »Aja, dann hast’ ja heut’ morgen doch zugehört«, sagte Franz. »Obwohl’s so aussah, als wenn du nur Augen für diesen Herrn Brandmayr hättest.«

      Bianca konnte nicht verhindern, daß sie vor Verlegenheit rot wurde.

      »Was ist denn jetzt mit morgen?« versuchte sie dem Gespräch eine Wendung zu geben.

      »Heut’ abend darf’s net zu spät werden«, erklärte ihre Mutter. »Pfarrer Trenker holt uns morgen in aller Frühe ab, und dann geht’s auf eine Almhütte hinauf.«

      »Toll«, nickte die Tochter. »Da wird Thomas sich bestimmt auch freuen. Ich geh’ jetzt duschen. Bis später.«

      So schnell, wie sie gekommen war, verschwand sie wieder aus dem Zimmer der Eltern.

      Papa scheint noch immer was gegen Thomas zu haben, dachte sie kopfschüttelnd. Vielleicht sollte er sich schon bald an den Gedanken gewöhnen, daß er sein Schwiegersohn werden könnte.

      Doch bei diesem Gedanken erschrak sie selbst. Natürlich hatte sie in dieser Hinsicht noch kein Wort zu Thomas gesagt, aber eben war ihr ganz deutlich geworden, daß er tatsächlich der Mann wäre, dem sie auf der Stelle ihr Jawort geben würde, wenn er sie fragte.

      Beim Abendessen – sie hatten gestern gleich für den heutigen Abend reserviert – wurde über die geplante Tour gesprochen. Natürlich wollte Thomas mitgehen.

      »Ich bin schon gespannt, ob wir zu sehen bekommen, wie dort oben Käse gemacht wird«, sagte er.

      Heidrun Lennard fiel die Vertrautheit zwischen den beiden jungen Leuten auf. Ihr Mann schien nichts davon zu bemerken, er hatte Hunger. Immer wieder schaute sie die beiden verstohlen an und war sich am Ende sicher, daß sie sich ineinander verliebt hatten.

      Na, hoffentlich geht das gut, dachte sie.

      Bianca mußte zum ersten Mal in ihrem Leben wirklich verliebt sein. Wenn sie früher einen Freund gehabt hatte, machte sie nie ein Geheimnis daraus. Mit ihrer Mutter konnte sie über alles reden, und Heidrun hoffte, daß sie sich ihr jetzt auch anvertrauen würde, wenn es ein Problem gab. Schließlich war Thomas nur eine Urlaubsbekanntschaft, und wenn es ans Abschiednehmen ging, dann konnte es schon problematisch werden.

      Doch noch war davon keine Rede. Man aß und trank und war guter Laune und voller Vorfreude auf den kommenden Tag. Ria Stubler hatte versprochen, trotz der frühen Stunde ein Frühstück herzurichten und Kaffee und belegte Brote für unterwegs bereitzustellen.

      Heute wurde der Abend nicht zu lange ausgedehnt. Man wollte rechtzeitig schlafen gehen und morgen ausgeruht zur Wanderung aufbrechen.

      Auf dem Heimweg richtete Heidrun es so ein, daß ihr Mann und sie vorangingen, während Bianca und Thomas in einigem Abstand folgten. Sie hatte gesehen, daß der Bursche ihre Tochter an der Hand hielt. Ein letzter Beweis für ihre Vermutung, daß die beiden sich ineinander verliebt hatten.

      Daß das junge Paar noch einen Moment draußen vor der Tür stehenblieb, quittierte sie mit einem Lächeln. Und plötzlich mußte sie daran denken, wie sie selbst so jung und in ihren Franz verliebt gewesen war.

      Auf dem Zimmer angekommen, nahm sie ihren Mann in die Arme und gab ihm einen liebevollen Kuß.

      Franz Lennard blickte seine Frau verwundert an.

      »Nanu, was ist denn jetzt los?« fragte er.

      Heidrun lächelte und zuckte die Schultern.

      »Ich liebe dich«, sagte sie zärtlich. »Und um das zu sagen, ist es doch nie zu spät, oder?«

      Jetzt lächelte er auch und drückte sie an sich.

      »Hab’ ich dir eigentlich schon mal gesagt, wie glücklich ich mit dir bin?« fragte er mit rauher Stimme.

      »Es ist schon eine Weile her«, antwortete sie.

      »Dann werd’ ich das jetzt viel öfter machen«, versprach er und löschte das Licht.

      *

      Nachdem der Rettungswagen mit der verletzten jungen Frau abgefahren war, hatte sich Toni Wiesinger auf den Heimweg gemacht. Max Trenker, den er ebenfalls benachrichtigt hatte, kümmerte sich darum, daß das Cabriolet abgeschleppt wurde.

      Es war reiner Zufall, daß der Arzt über die Bergstraße gekommen war. Er hatte einen Krankenbesuch auf einem entfernt gelegenen Bauernhof gemacht und auf dem Rückweg diese Strecke genommen, weil er gleich noch bei einem anderen Patienten vorbeigeschaut hatte.

      Daß diese Iris Heilmann so unvernünftig war, konnte der Arzt einfach nicht verstehen. Offenbar war ihr gar nicht bewußt gewesen, wie haarscharf sie dem Tode entronnen war.

      Als Toni seinen Wagen abgestellt hatte und gerade ins Haus gehen wollte, winkte ihm Pfarrer Trenker von der anderen Straßenseite zu.

      »Grüß dich, Doktor«, sagte Sebastian. »Ich war gerade beim Max auf dem Revier, als du angerufen hast. Was ist denn genau geschehen?«

      »Das, was meist geschieht, wenn Übermut mit Dummheit gepaart sind, Hochwürden«, antwortete der Arzt, dem der Ärger, den er über Iris Heilmann empfand, immer noch anzusehen war. »Entschuldigen S’ meine harten Worte, aber andere find’ ich für so ein Verhalten net.«

      Der Bergpfarrer war schon ein wenig erstaunt. Er kannte Toni Wiesinger als einen ruhigen, ausgeglichenen Menschen, dem selten ein lautes Wort über die Lippen kam. Es mußte schon etwas Außergewöhnliches vorgefallen sein, daß der Arzt sich so aufregte.

      »Die junge Dame ist unter Mißachtung sämtlicher Verkehrsregeln die Bergstraße hinuntergerast«, berichtete Toni. »Dabei hätte es schon beinahe einen Zusammenstoß mit dem Obermeier-Sepp gegeben. Der mußte mit seinem Traktor auf die Wiese ausweichen, um Schlimmeres zu verhüten. Aber das war der Dame noch net Warnung genug. Unbekümmert ist sie weitergefahren, ohne die Geschwindigkeit zu verringern, und hat dann den Wagen vom Wippler-Toni gestreift. Während der sein Auto auf der Straße halten konnte, ist sie den Hang hinuntergeschleudert worden und erst kurz vor einem Baum zum Stehen gekommen. Diese Dame ist wirklich noch mal so eben am Tode vorbeigeschrammt. Aber glauben S’ nur net, daß sie das einsichtig gemacht hätte. Im Gegenteil, Hochwürden, sie hat sich doch glatt geweigert, sich ins Krankenhaus bringen zu lassen. Dabei ist ein Schleudertrauma das Mindeste, was ihr dieser Unfall eingebracht hat. Sie kann von Glück sagen, wenn sie keine inneren Verletzungen davongetragen hat.«