Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740960018
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Patientin und fühlte den Puls.

      »Das ist in Ordnung«, sagte er zufrieden und trug den Wert in das Krankenblatt ein. »Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?«

      »O ja«, nickte Iris Heilmann, wobei ihr Hals plötzlich nicht mehr zu schmerzen schien, so energisch war die Bewegung, »ich hab’ immer noch kein Telefon, obwohl ich schon mehrfach darauf hingewiesen habe. Dabei muß ich dringend telefonieren. Könnten Sie nicht dafür sorgen, daß ich mein Handy bekomme? Bitte, Herr Doktor.«

      Sie zog einen Schmollmund, doch Jochen Kranzler blieb unerbittlich.

      »Tut mir leid«, sagte er. »Handys sind im Krankenhaus verboten, und da machen wir auch für Privatpatienten keine Ausnahme. Ihr Anruf wird wohl noch bis morgen warten können. Ich bin sicher, daß sich die Schwester vom Frühdienst gleich darum kümmern wird, daß Sie einen Apparat auf das Zimmer bekommen. Es hat Komplikationen mit der Anlage gegeben, aus den anderen Zimmern kann auch net telefoniert werden. Aber unser Techniker arbeitet daran.«

      Er wollte das Zimmer verlassen, aber Iris hielt ihn noch einmal auf.

      »Könnten Sie dann nicht diese Nummer anrufen?« bat sie und wedelte mit einem Zettel, der auf dem Nachtkästchen gelegen hatte. »Es wäre wirklich sehr wichtig. Mein Verlobter wohnt in St. Johann in einer Pension. Er weiß noch gar nicht, was geschehen ist.«

      Der Arzt war erstaunt. Bei ihrer Einlieferung war die Frau gefragt worden, ob jemand verständigt werden sollte. Sie hatte verneint.

      »Ach, da war ich doch noch ganz durcheinander von dem Unfall«, behauptete sie jetzt. »Bitte, Herr Doktor, tun Sie mir den Gefallen.«

      Jochen Kranzler nahm den Zettel und schüttelte dabei leicht den Kopf. Er würde veranlassen, daß am nächsten Morgen diese Nummer angerufen und Frau Heilmanns Verlobter benachrichtigt wurde.

      Aber ganz gewiß nicht jetzt – zu nachtschlafender Zeit!

      *

      Die anderen Gäste der Pension schliefen noch, als Familie Lennard und Thomas Brandmayr im Frühstücksraum zusammentrafen. Ria Stubler hatte Kaffee und Tee in Warmhaltekannen bereitgestellt, Brote und Aufschnitte standen zur Bedienung auf dem Tisch, und Vesperpäckchen und Thermoskannen warteten darauf, eingepackt zu werden.

      Die Ausflügler trugen Wanderkleidung; feste Schuhe, Windjacken und Hosen, und zur Ausrüstung gehörten natürlich auch Hüte gegen die Strahlen der Sonne, die in den Bergen besonders intensiv waren. Die beiden Männer hatten auch ihre Fotoapparate mitgenommen, denn dieses Erlebnis sollte natürlich für spätere Erinnerungen festgehalten werden. Jetzt saß man am Tisch, unterhielt sich gedämpft und nahm ein kleines Frühstück ein. Alle waren voller gespannter und freudiger Erwartung, und besonders Bianca bekam vor Aufregung kaum einen Bissen herunter.

      »Ich glaub’, wir müssen langsam los«, sagte Franz Lennard nach einem Blick auf die Uhr. »Wir wollen Pfarrer Trenker ja net warten lassen.«

      Sie packten die belegten Brote und Thermoskannen in die Rucksäcke, zogen die Jacken über, setzten die Hüte auf und verließen auf leisen Sohlen die Pension.

      Draußen war es noch recht kühl, doch das würde sich rasch ändern, wenn die Sonne aufgegangen war. Jetzt zeigte sich am östlichen Horizont gerade erst ein glutroter Schimmer.

      Die vier Wanderer gingen bis an die Straßenecke, auf der anderen Seite kam ihnen schon Sebastian Trenker entgegen.

      »Grüß Gott«, begrüßte der Geistliche sie und reichte jedem die Hand. »Wie ich seh’, sind S’ bestens ausgerüstet. Dann kann’s ja losgehen.«

      »Wie lang’ werden wir brauchen, bis wir die Almhütte erreicht haben?« erkundigte sich Franz Lennard.

      »Na, so bis zum Mittag werden wir’s geschafft haben«, antwortete Sebastian. »In den Bergen sind die Entfernungen anders, als wenn man eine gerade Strecke geht. Außerdem wollen wir uns ja Zeit lassen und die Schönheiten der Natur genießen.«

      Sie verließen das Dorf und wanderten über den Höllenbruch zur Hohen Riest hinauf. Hier begann der eigentliche Bergwald, hinter dem sich die Wege kreuzten, die zu den verschiedenen Almen hinaufführten. Hölzerne Wegweiser gaben die jeweiligen Richtungen an.

      Schon jetzt waren Franz Lennard und Thomas Brandmayr eifrig damit beschäftigt, jedes sich bietende Motiv zu fotografieren, wobei es bei dem jungen Burschen meistens Bianca war, die er dabei im Sucher hatte.

      Das Madel war glücklich.

      Am Abend zuvor hatten Bianca und Thomas noch sehr lange vor dem Haus gestanden. Zu neu und aufregend war ihre Liebe, als daß sie so schnell hätten auseinandergehen können – dabei war es ja nur eine Wand, die sie trennte.

      Bianca lag schon seit dem ersten Kuß am Achsteinsee die Frage auf dem Herzen, ob es jemanden in Thomas’ Leben gab, den sie fürchten mußte.

      »Ich liebe dich von ganzem Herzen«, hatte sie gesagt. »Und ich wär’ unendlich traurig, wenn sich herausstellte, daß es nur ein Urlaubsflirt für dich ist…«

      Thomas hatte sie in seine Arme genommen, und der Blick, mit dem er sie anschaute, konnte nicht lügen.

      »Es gibt niemanden«, erwiderte er. »Natürlich bist du net das erste Madel in meinem Leben. Aber ich versichere dir, daß ich noch keine Frau so geliebt hab’ wie dich. Ich würd’ dir niemals wehtun können, und wenn’s eine andere gäbe, dann hätt’ ich’s niemals so weit kommen lassen zwischen uns.«

      Nach diesen Worten küßte er sie zärtlich, und Bianca war überzeugt, daß er die Wahrheit sagte.

      »Schauen S’«, sagte Sebastian und deutete auf ein Waldstück auf der anderen Seite der Wiese, über die sie gerade gingen.

      Aus dem Dickicht trat ein stolzer Hirsch mit einem gewaltigen Geweih. Vorsichtig blickte sich das Tier um und schritt dann majestätisch weiter, als es keine Gefahr witterte. Die fünf Wanderer hatte es nicht bemerkt.

      »Jetzt, in der Morgendämmerung, ist die Zeit, wo Hirsche und Rehe auf Nahrungssuche gehen«, erklärte der Bergpfarrer. »Da hat man die beste Gelegenheit, sie zu beobachten.«

      »Wunderschön«, freute sich Heidrun Lennard über den Anblick.

      Inzwischen kroch die Sonne langsam hinter dem Horizont hervor. Nicht mehr lange, und sie würde ihre volle Kraft entfalten.

      Sebastian hatte seine Begleiter während des Aufstiegs mit kleinen Geschichten unterhalten und sie immer wieder auf Besonderheiten aufmerksam gemacht. Nachdem sie beinahe drei Stunden unterwegs waren, gab er das Zeichen zur Rast.

      Der Bergpfarrer hatte ein schönes Plätzchen ausgesucht, von dem sie einen herrlichen Blick hinunter ins Tal hatten. St. Johann nahm sich aus wie das Dorf in einer Spielzeuglandschaft, und der Blick ging weiter über das Wachnertal.

      Die Wanderer hatten ihre Jacken ausgezogen, lediglich ihre Hüte behielten sie auf, und öffneten ihre Rucksäcke.

      »Wenn’s net reichen sollt’ – ich hab’ genug zu essen mit«, sagte Sebastian.

      Sophie Tappert, seine Haushälterin, packte ihm immer viel zuviel ein, wenn der Geistliche eine Bergtour unternahm. Die gute Seele des Pfarrhaushalts hatte immer eine fürchterliche Angst, Hochwürden könne sich in den Bergen verirren, dann sollte er wenigstens nicht verhungern.

      Natürlich war diese Angst völlig unbegründet. Seit jungen Jahren war Sebastian Trenker in den Bergen zu Hause. Sein Spitzname rührte ja nicht von ungefähr. Kaum jemand kannte sich besser hier droben aus als er. An die Kenntnisse des Geistlichen reichte vielleicht noch der alte Alois Vinger heran, der bis vor einiger Zeit noch Leiter der Bergrettung gewesen war. Der gute Hirte von St. Johann hatte seinerzeit mit ihm zusammengearbeitet, als er als Bergführer tätig war und sich so sein Studium finanzierte.

      Herrlich schmeckten die Brote in der freien Natur. Dazu dampften Kaffee und Tee in den Bechern, und nach dem Aufstieg hatte man ordentlich Appetit.

      Sebastian hatte amüsiert beobachtet, daß Bianca Lennard und