Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740960018
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sich die Kirche wohl gerade angeschaut hatten. Er betrat den kleinen Vorraum und blieb ehrfürchtig stehen.

      Diese Pracht hatte er nicht erwartet.

      Langsam ging er weiter und sah sich um. Gold, Blau und Rot, das waren die Farben, in denen das Innere des Gotteshauses geschmückt war. Herrliche Fensterbilder gab es zu betrachten und eindrucksvolle Heiligenfiguren.

      Der Journalist blieb immer wieder stehen und bewunderte sie gebührend. Unter der Galerie hing ein Gemälde an der Wand. Gehtsemane, lautete der Titel, wie Thomas auf einer kleinen Tafel lesen konnte. Man sah den Sohn Gottes, am Abend vor der Kreuzigung, im Gebet versunken. Lebensecht hatte der Künstler das Gesicht des Erlösers auf die Leinwand gebannt, und der Betrachter konnte unmittelbar die Gefühle nachempfinden, die Jesus im Bewußtsein des Unabänderlichen gehabt haben mußte.

      Neben dem Bild stand eine Madonnenstatue auf einem Holzsockel. ›Unbekannte Künstler, ca. 14. Jahrhundert‹, lautete die Erklärung zu dieser wunderschönen Schnitzarbeit.

      Der Journalist wunderte sich, daß solch eine Kostbarkeit scheinbar völlig ohne Schutz vor Diebstahl ausgestellt wurde.

      Hatte man hier keine Angst vor Kirchenräubern?

      Immer wieder las man doch davon. Sakrale Gegenstände waren eine beliebte Handelsware auf dem grauen Markt mit gestohlener Kunst.

      Während er noch darüber nachdachte, wurde die Kirchentür geöffnet, und jemand kam den Gang hinunter. Thomas Brandmayr sah eine schlanke, hochgewachsene Gestalt, das Gesicht leicht gebräunt, die ihm grüßend zunickte.

      Hätte der Mann nicht einen Priesterkragen getragen, so würde Thomas ihn wohl eher für einen prominenten Sportler oder gar Schauspieler gehalten haben. Doch so war klar, daß es sich um einen Geistlichen handeln mußte.

      »Grüß Gott«, sagte der Mann zu ihm. »Ich bin Pfarrer Trenker. Schön, daß Sie sich die Zeit nehmen, sich hier ein bissel umzuschauen. Ich freu’ mich immer, wenn die Gäste unseres schönen Ortes auch die Kirche besuchen.«

      »Thomas Brandmayr«, stellte sich der Journalist vor und machte eine Rundumbewegung mit der Hand. »Ja, es lohnt aber auch wirklich. Sagen S’, Hochwürden, haben S’ eigentlich keine Angst, daß Diebe das Gotteshaus heimsuchen und Ihre Kostbarkeiten stehlen könnten? Ich denk’ da besonders an diese herrliche Madonnenstatue.«

      Sebastian Trenker lächelte.

      »Das ist sogar schon mal geschehen«, antwortete er. »Gottlob haben wir sie unbeschädigt zurückerhalten.«

      Er deutete auf einen schmalen Draht, der im Mauerwerk verschwand, und der Thomas vorher gar nicht aufgefallen war.

      »Inzwischen haben wir die Madonna mit einer Alarmanlage gesichert«, fuhr der Geistliche fort. »Und zwar so, daß in jedem Fall das nächste Polizeirevier automatisch benachrichtigt wird, egal ob die Statue vom Sockel genommen wird, oder jemand den Draht durchschneidet.«

      Thomas nickte verstehend.

      »Ja, wie gesagt, es ist wunderschön hier«, sagte er. »Man kann sich gar net daran sattsehen.«

      »Dann kommen S’ doch einfach noch mal her«, lächelte Sebastian. »Sie machen Urlaub in St. Johann?«

      Der junge Mann nickte.

      »Ja, ich wohn’ in der Pension Stubler.«

      »Ach, bei der Ria. Da sind S’ ja gut versorgt.«

      Sebastian lud den Besucher ein, sich von ihm ein wenig herumführen zu lassen, was Thomas gerne annahm. Als sie wieder vor der Kirche standen, erkundigte sich der gute Hirte von St. Johann nach der weiteren Urlaubsplanung.

      »Ach, wissen S’«, antwortete Thomas, »eigentlich bin ich ohne bestimmte Vorstellung hergekommen. Ein bissel wandern wollt’ ich, und ab und an zum Schwimmen an den Achsteinsee fahren.«

      Er grinste verschmitzt.

      »Aber da ist heut’ eine Familie in der Pension angekommen. Vater, Mutter und Tochter… Ja, und jetzt hoff’ ich, daß es bei der Verabredung bleibt.«

      »Sie haben sich schon mit dem Madel verabredet?« staunte Sebastian.

      Der Journalist nickte begeistert.

      »Ich schwör’s, Hochwürden, das würden Sie auch getan haben, wenn S’ das Madel geseh’n hätten«, platzte es dann aus ihm heraus.

      Im nächsten Moment wurde ihm bewußt, was er da gesagt hatte, und Thomas lief vor Verlegenheit knallrot an.

      »O Pardon, Hochwürden…, tut mir leid. Das ist mir so rausgerutscht…«

      Sebastian legte ihm lachend die Hand auf die Schulter.

      »Sie brauchen sich net entschuldigen, Thomas«, sagte er, sichtlich amüsiert. »Ich war schließlich auch mal jung.«

      Erleichtert stimmte der Bursche in das Lachen ein.

      »Na, dann wünsch’ ich Ihnen, daß es mit der Verabredung klappt«, meinte Sebastian zum Abschied.

      »Danke schön«, antwortete Thomas und ging zur Straße hinunter.

      Ein toller Kerl, dieser Pfarrer Trenker, dachte er, offen und gar net so weltfremd, wie manch anderer Geistlicher.

      Besonders freute es ihn, daß der Seelsorger ihm den Lapsus mit dem Madel nicht übelgenommen hatte.

      Er ging gutgelaunt zur Pension und hoffte, heute Bianca noch mal zu sehen. Wenn auch nur für einen Moment.

      Schließlich mußte die Verabredung zum Schwimmen ja noch richtig abgesprochen werden. Und wenn es nach ihm gegangen wäre, dann könnte das gleich morgen früh sein!

      *

      »Papa, du hast dich unmöglich benommen«, sagte Bianca, als sie den Kaffeegarten verlassen hatten. Sie war richtig sauer auf ihren Vater.

      Franz Lennard sah seine Tochter erstaunt an. »Wieso?« fragte er. »Weil ich mich net mit dem Herrn unterhalten hab’?«

      »Also, ein bissel mehr Interesse hättest’ schon zeigen können«, meinte auch Heidrun Lennard. »Schließlich ist der Herr Brandmayr eine Urlaubsbekanntschaft.«

      »Ich such’ mir meine immer noch allein aus«, gab ihr Mann brummig zurück.

      »Jedenfalls werd’ ich mit ihm an den See fahren«, sagte Bianca trotzig.

      Sie hatten die Straße erreicht, in der die Pension lag. Ihr Vater blieb abrupt stehen.

      »Darüber ist das letzte Wort noch net gesprochen«, entgegnete er. »Wir verbringen den Urlaub gemeinsam, und da duld’ ich net, daß du andauernd eigene Wege gehst.«

      Heidrun gab ihrer Tochter ein verstohlenes Zeichen, daß sie nicht weiter darauf eingehen sollte.

      »Jetzt ruhen wir uns erstmal aus«, schlug sie vor. »Und nachher gehen wir zum Abendessen ins Wirtshaus.«

      Bianca zog eine Grimasse und fügte sich einstweilen. An der Verabredung würde sie dennoch festhalten. Denn daß sie sich in Thomas Brandmayr verliebt hatte, das würde ihr Vater jedenfalls nicht mehr verhindern können.

      Heidrun Lennard nahm unterdessen den Arm ihres Mannes.

      »Franz, jetzt beruhig’ dich doch«, bat sie. »Ich hab’ mich so auf den Urlaub gefreut, und seit wir unterwegs sind, hast du schlechte Laune. Entspann dich doch mal! Schließlich sollen die zwei Wochen doch Erholung für uns sein.«

      Franz Lennard nickte und schwieg.

      Bianca lief gleich die Treppe hinauf und verschwand in ihrem Zimmer.

      Mensch, wenn Papa mich doch net immer wie ein kleines Kind behandeln würde, dachte sie ärgerlich.

      Nur der Mutter zuliebe hatte sie nicht weiter mit ihm gestritten. Aber wenn er so weitermachte, dann würde es bestimmt noch einen großen Krach geben.

      Auch wenn es gerade mal drei Monate her war, daß