Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740960018
Скачать книгу
Zimmer.

      »Komm«, sagte ihre Mutter, »wir gehen jetzt erst mal ein bissel durchs Dorf und schauen uns um. Außerdem hab’ ich richtigen Kaffeedurst. Die Frau Stubler hat gesagt, daß man im Garten des Hotels wunderbar sitzen kann, und dort gäbe es auch herrlichen, hausgemachten Kuchen.«

      Seufzend stand Bianca auf und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht.

      »Ich komm’ gleich nach«, sagte sie und verschwand im Bad.

      Nachdem sie sich das Gesicht mit kaltem Wasser gewaschen hatte, schaute sie im Spiegel, ob man noch sehen konnte, daß sie geweint hatte. Dann fuhr sie sich mit der Bürste durch die Haare und zupfte das Kleid zurecht.

      Als sie ihre Zimmertür hinter sich schloß, blickte sie unwillkürlich auf die Tür daneben, und ihr Herz klopfte schneller.

      Thomas, dachte sie und fühlte sich erstmals seit langer Zeit wieder einmal sehr, sehr glücklich.

      *

      Die Fahrt war ohne Probleme verlaufen. Thomas hatte am Morgen ausgiebig gefrühstückt und sich dann in sein Auto gesetzt. Ganz gemächlich war er über Landstraßen gefahren, hatte am frühen Nachmittag St. Johann erreicht und sich sofort in das kleine Dorf verliebt.

      Nach einem ersten Spaziergang, bei dem er gleich im Wirtshaus einen Tisch für den Abend reservierte, war er in die Pension zurückgekehrt und hatte zu seiner Überraschung festgestellt, daß das Zimmer neben seinem jetzt ebenfalls belegt war. Als er das junge Madel auf dem Balkon stehen sah, stellte er verwundert fest, daß sich sein Pulsschlag beschleunigte.

      Diese schlanke Gestalt in dem hellen Sommerkleid war aber auch einfach hinreißend.

      Als Bianca Lennard ihm dann gegenüberstand, da wußte er es genau – das mußte sie sein, seine Traumfrau!

      Das Lächeln in dem hübschen Gesicht hatte ihn sofort fasziniert, und am liebsten hätte er ihre Hand gar nicht wieder losgelassen. Daß er sie unbedingt näher kennenlernen mußte, war natürlich klar. Erst hatte er befürchtet, daß sie nicht alleine in Urlaub wäre, doch als sie erklärte, daß sie mit ihren Eltern gekommen wäre, hätte er laut jubeln mögen.

      Allerdings – die Eltern stellten ein Hindernis dar. Soviel war ihm bei der kurzen Begrüßung klargeworden. Biancas Vater hatte ihn nicht gerade freundlich angesehen.

      Sei’s drum – er würde alles daran setzen, um dieses zauberhafte Madel noch näher kennenzulernen. Immerhin hatte es schon einer Verabredung zum Schwimmen zugestimmt.

      Thomas saß in einem Sessel und schaute zum Fenster hinaus. Ganz deutlich sah er Biancas Gesicht vor sich.

      Himmlisch!

      Überhaupt kein Vergleich mit Iris. Soviel stand jetzt schon fest.

      »Ich hab’s ja immer gewußt«, murmelte er. »Wenn sie vor mir steht, dann erkenn’ ich sie sofort, meine Traumfrau.«

      Auch wenn er sich in einem Hoch der Gefühle befand, so verspürte er doch einen ganz banalen Hunger. Während der Fahrt hatte er nur eine belegte Semmel gegessen, die vom Frühstück übriggeblieben war. Und auf seinem Bummel durch St. Johann hatte er zwar in den Kaffeegarten des Hotels geschaut, aber dort war ihm zuviel Betrieb gewesen.

      Vielleicht, so hoffte er, war jetzt weniger los.

      Zum Abendessen war es noch zu früh, aber ein Stück Apfelkuchen würde er sich schmecken lassen. Den aß er nämlich für sein Leben gern.

      Thomas verließ das Zimmer und lief die Treppe hinunter. Die Pension gefiel ihm, und die Wirtin schien eine Seele von Mensch zu sein. Bestimmt würde er sich die zwei Wochen hier wohl fühlen.

      Draußen herrschten an die dreißig Grad, und der Journalist war froh, daß er die Jacke auf dem Zimmer gelassen hatte. Er trug bequeme Jeans, ein kurzärmeliges Polohemd und leichte Slipper an den bloßen Füßen.

      Für Socken war es viel zu warm!

      Während er die Straße hinunterging, schaute er sich immer wieder um, ob er irgendwo das bezaubernde Madel entdecken konnte.

      Schade, daß Bianca mit den Eltern da war. Thomas hatte den Eindruck, daß die ihre Tochter ganz schön mit Beschlag belegten. Aber irgendwas würde er sich schon einfallen lassen, um sie von ihnen loszueisen.

      Thomas erreichte das Hotel und schaute zur Kirche hinüber, die schräge gegenüber auf der anderen Straßenseite stand.

      Die wollte er sich auf jeden Fall ansehen. Schon zu Hause hatte er im Prospekt gelesen, daß sie ein Juwel unter den bayerischen Gotteshäusern sein sollte, und die Frau Stubler hatte ebenfalls darauf hingewiesen, daß sich ein Besuch auf jeden Fall lohne.

      Doch jetzt waren erst einmal Kaffee und Apfelkuchen fällig.

      Er betrat den Garten durch den Straßeneingang und stellte fest, daß jetzt kaum weniger Leute hier saßen als vorhin. Immerhin schienen die Tische im hinteren Teil weniger besetzt zu sein. Vielleicht konnte er sich irgendwo dazu setzen.

      Schon von weitem sah er die Familie Lennard unter einer großen Kastanie sitzen und ging geradewegs auf sie zu. Bianca sah ihn kommen und lächelte auch schon.

      »So sieht man sich wieder«, sagte er. »Darf ich mich dazusetzen? Ist ja ein ziemlicher Betrieb hier.«

      Franz Lennard nickte eher widerwillig, seine Frau indes deutete auf den freien Stuhl am Tisch.

      »Aber freilich!«

      »Vielen Dank«, nickte er und lächelte Bianca an, die ihm ebenfalls ein Lächeln schenkte.

      »Der Apfelkuchen ist lecker«, sagte sie.

      »Genau den mag ich auch am liebsten«, strahlte er und freute sich über die Gemeinsamkeit.

      Eine junge Frau kam und nahm seine Bestellung auf.

      »Sie kommen also aus Pfarrkirchen«, sagte Heidrun Lennard. »Darf man fragen, was Sie da machen?«

      »Aber natürlich«, antwortete Thomas. »Ich arbeite dort bei der Zeitung. Ich bin Journalist.«

      »Aha«, meinte Biancas Vater, aber eher uninteressiert.

      Thomas beugte sich zu dem Madel.

      »Und welchen Beruf haben Sie?«

      »Unsere Tochter geht noch zur Schule«, erwiderte der Vater an ihrer Stelle.

      »Gymnasium, letzte Klasse«, fügte Bianca schnell hinzu, damit er nicht auf den Gedanken käme, sie sei noch ein Kind.

      »Das ist doch bestimmt ein sehr aufregender Beruf«, mischte sich Heidrun Lennard in das Gespräch, um die abweisende Art ihres Mannes ein wenig abzumildern.

      Der junge Mann gefiel ihr, und sie wollte nicht, daß er einen falschen Eindruck bekam. Überhaupt wunderte sie sich. Franz war Fremden gegenüber sonst gar nicht so ungnädig.

      Na ja, dachte sie, vielleicht ist’s noch der Streß von der Fahrt hierher. Er muß sich erst ein bissel erholen.

      Thomas zuckte die Schultern.

      »Ach, wie man’s nimmt«, antwortete er auf ihre Frage. »Pfarrkirchen ist ja recht klein. Allzuviel passiert da net. Aber wenn mein Volontariat dort beendet ist, würd’ ich gern zu einer großen Zeitung wechseln. Am liebsten nach München.«

      Dabei warf er Bianca einen bedeutungsvollen Blick zu.

      Er erzählte ein wenig von seiner Arbeit, und während Bianca und ihre Mutter interessiert zuhörten, blickte Franz Lennard eher brummig vor sich hin.

      Nachdem der Kaffee getrunken und der Kuchen gegessen war, drängte der Familienvater rasch zum Aufbruch.

      Schade, dachte Thomas, ich hätt’ noch stundenlang mit Bianca sitzen können.

      Und ihr Blick schien ihm zu sagen, daß es ihr genauso ging…

      *

      Einen kurzen Moment blieb Thomas noch sitzen, dann bezahlte er ebenfalls