Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740960018
Скачать книгу
hatte.

      Doch was war davon geblieben?

      Ein erfolgreicher Schauspieler, der nichts mehr von seiner Heimat wissen wollte, und eine junge Frau, die sich vor Sehnsucht nach ihm verzehrte.

      Ob diese Sehnsucht jemals gestillt würde?

      *

      Christians Miene versteinerte sich.

      »Das ist völlig unmöglich«, antwortete er auf Sebastians Worte. »Ich hab’ mir geschworen, nie wieder einen Fuß über die Schwelle meines Vaterhauses zu setzen.«

      Der Bergpfarrer trank seinen Kaffee aus.

      »Hast du denn in all den Jahren wirklich net einmal den Wunsch verspürt, nach Haus’ zu kommen?« fragte er. »Dem Vater die Hand zu reichen, das Grab deiner Mutter zu besuchen? Du hast doch alles erreicht, was du wolltest. Du bist Schauspieler geworden, und daheim ist man stolz auf dich, daß du einer von uns bist. Glaubst’ net, daß es jetzt an der Zeit wär’, den ersten Schritt zu tun? Vor allem, wo dein Vater auf deine Hilfe angewiesen ist.«

      Der junge Bursche hob hilflos die Hände.

      »Was soll ich denn in St. Johann machen? Etwa mich auf den Traktor setzen und das Feld bestellen?«

      »Warum net?« fragte Sebastian zurück. »Was vergibst du dir dabei? Schließlich bist’ nun mal ein Bauernsohn, und das ist nix Ehrenrühriges.«

      Im Gesicht des Schauspielers arbeitete es. Dem Geistlichen schien es, als wanke die Festung, hinter die Christian Corbian sich zurückgezogen hatte.

      »Schau«, fuhr er fort, »vielleicht ist’s ein Wink des Schicksals, daß du ausgerechnet hier, gar net weit von deiner Heimat, einen Film gedreht hast. Nutz’ die Chance und besuch’ deinen Vater. Es muß ja net für immer sein, daß du heimkommst. Aber ich bin sicher, und der Doktor hat mich darin bestätigt, daß es deinem Vater bald wieder bessergehen würd’, wenn ihr zwei euch wieder gut seid.«

      Christian atmete tief durch.

      »Demnächst unterschreib’ ich einen Vertrag für einen Film, der in Frankreich gedreht wird«, erklärte er. »Ein paar Wochen Zeit hätt’ ich vielleicht…«

      Nur kurz dachte er daran, daß es eigentlich geplant war, diese Wochen zusammen mit Andrea Jorgensen zu verbringen…

      »Na also«, nickte Sebastian aufmunternd. »Worauf wartest’ denn noch? Dein Vater wird Augen machen, wenn du plötzlich vor ihm stehst.«

      »Ehrlich gesagt, bei dem Gedanken fürcht’ ich mich ein bissel.«

      »Dazu gibt’s keinen Grund«, schüttelte der Geistliche den Kopf. »Natürlich werd’ ich bei eurer ersten Begegnung dabei sein. Ich laß dich net allein in die Höhle des Löwen gehen.«

      Den letzten Satz hatte er mit einem Schmunzeln gesagt.

      »Darüber bin ich auch sehr froh«, lächelte Christian.

      »Vielleicht solltest überhaupt erstmal im Pfarrhaus wohnen«, überlegte Sebastian. »Ich könnt’ deinen Vater dann behutsam darauf vorbereiten, daß du wieder nach Haus’ kommst.«

      Er stand auf.

      »Net nur dein Vater wird staunen. Die Hanna und der Josef auch.«

      »Was, sind die beiden immer noch auf dem Hof?« rief der Schauspieler überrascht.

      »Aber ja«, antwortete der Bergpfarrer. »Ohne sie würd’s auch gar net gehen. Und der Rex lebt auch noch.«

      Christians Augen leuchteten.

      »Ach, der alte Racker. Mei’, was bin ich mit dem immer losgezogen.«

      Er blickte Sebastian Trenker an.

      »Und die Burgl? Lebt sie immer noch auf dem Hof der Eltern oder…«

      »Du meinst, ob sie inzwischen verheiratet ist? Nein, obwohl’s an Verehrern net mangelt.«

      Der gute Hirte von St. Johann zwinkerte dem Schauspieler zu.

      »Ich denk’, daß die Burgl da einen ganz bestimmten Mann im Auge hat…«, schmunzelte er.

      »Dann war sie’s also doch!«

      Sebastian sah Christian fragend an.

      »Neulich hab’ ich geglaubt, die Burgl unter den Leuten zu sehen, die bei den Dreharbeiten zugeschaut haben«, erzählte der Schauspieler. »Allerdings war ich mir net ganz sicher. Und als ich später hab’ nachschauen wollen, da war sie net mehr da.«

      Er zuckte die Schultern.

      »Wenn S’ noch einen Augenblick Zeit haben, dann fahr’ ich gleich mit Ihnen.«

      Der Geistliche nickte.

      »Mach’ in aller Ruhe«, antwortete er. »Mich drängt nix. Ich warte hier auf dich.«

      Christian Corbian verließ den Wohnwagen, und Sebastian blickte nachdenklich vor sich hin.

      Daß die Burgl und Christian einmal ein Paar gewesen waren, wußte jeder. Daß das Madel den Burschen immer noch liebte, vermutete der Geistliche schon lange. Bisher hatte sich jeder andere junge Mann, der Burgl den Hof machen wollte, einen Korb geholt. Auch bei Tobias Sonnenlechner war es nicht anders. Zwar sah man die beiden des öfteren auf dem Tanzabend im Löwen. Aber Sebastian wußte, daß der Oberhoferbauer schon oft in aller Öffentlichkeit bedauert hatte, daß seine Tochter sich gegen eine Heirat mit dem Nachbarssohn sträubte.

      Wenn jetzt Christian nach Hause zurückkehrte, dann würde sich vielleicht zeigen, wem sich die Bauerstochter zuwandte…

      Der Geistliche hoffte nur, daß dadurch nicht wieder andere Probleme heraufbeschworen wurden. Hin und wieder hatte er einen Artikel über Christian in der Zeitung gelesen und wußte daher, daß es da zumindest eine Frau gab, die öfters mit dem Schauspieler in Verbindung gebracht wurde. Eine Kollegin namens Andrea Jorgensen…

      *

      »Wo lebst du eigentlich, wenn du net gerade zu Filmarbeiten unterwegs bist?« erkundigte sich der Bergpfarrer, als sie auf dem Weg nach St. Johann waren.

      »Ich habe eine kleine Penthousewohnung in München«, erklärte der Schauspieler. »Allerdings seh’ ich sie recht selten.«

      »Und«, fragte Sebastian weiter, »wohnst’ allein dort oder gibt’ noch jemanden in deinem Leben?«

      Natürlich hatte er diese Frage nicht ohne Grund gestellt.

      Christian schüttelte den Kopf.

      »Ich bin net gebunden, falls Sie das meinen«, erwiderte er. »Natürlich bleibt’s in meinem Beruf net aus, daß es diese oder jene Bekanntschaft gibt. Es gehört offenbar dazu, daß einen die Frauen anhimmeln.«

      »In der letzten Zeit liest man aber immer häufiger von der Frau Jorgensen…«

      Der junge Mann neben ihm schmunzelte.

      »Ja, ja, die Klatschpresse würd’ uns am liebsten vor dem Traualtar sehen«, gab er zu. »Andrea ist eine liebenswerte Person, und es macht Spaß, mit ihr zusammenzusein. Aber die Journalisten machen mehr aus der Sache, als dran ist.«

      Sebastian Trenker atmete insgeheim auf.

      Wenn es so war, wie Christian sagte, dann konnte Burgl Oberhofer noch Hoffnung haben.

      »Haben S’ mir diese Frage jetzt wegen Burgl gestellt?« wollte der Schauspieler plötzlich zu Sebastians Überraschung wissen. »Da war vorhin so eine Andeutung…«

      Der Geistliche nickte.

      »Das Madel läßt keinen an sich heran. Zwar geht sie ab und zu mit dem Tobias Sonnenlechner zum Tanzen, aber mehr ist da net, obgleich ich glaub’, daß der Tobias schon gern mehr von der Burgl möcht’, und wenn man’s recht bedenkt, wäre er auch keine schlechte Partie für sie. Den Hof bekommt ja der Florian, und wenn der Tobias einmal Bauer auf dem Sonnenlechnerhof ist, dann hat seine zukünftige Frau ausgesorgt.«