Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740960018
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Tages heiraten würden. Aber dann ist alles anders gekommen. Ich hatte nur noch meine Schauspielerei im Kopf und wollte nur noch fort vom Vater. Anfangs haben wir uns noch geschrieben, doch dann wurd’ die Zeit immer knapper. Mit dem Erfolg hab’ ich schließlich auch den Blick für das Wesentliche verloren. Ein Film da, eine Fernsehproduktion dort – manchmal war ich ein Dreivierteljahr irgendwo auf der Welt unterwegs und hab’ da gearbeitet.«

      »Ich will net vorgreifen«, meinte Sebastian, »aber ich glaub’ fast, die Burgl liebt dich immer noch…«

      Christian sah ihn überrascht an.

      »Glauben S’ das wirklich?«

      Der Bergpfarrer lächelte.

      »Immerhin spricht einiges dafür.«

      »Warum wohnt sie wohl immer noch auf dem Hof ihrer Eltern?« fragte der Bauernsohn. »Sie hätt’ doch längst fortgehen können.«

      »Wahrscheinlich hat sie immer gehofft, du würdest zurückkehren.«

      Christian Corbian spürte, wie es ihm heiß wurde. Nicht nur, daß die unangenehme Begegnung mit dem Vater bevorstand. Jetzt würde er zwangsläufig auch mit seiner einstigen großen Liebe konfrontiert.

      Pfarrer Trenker hatte angehalten.

      »Wir sind schon da?« fragte der Schauspieler, der so in Gedanken versunken war, daß er gar nicht mehr darauf geachtet hatte, wo sie langgefahren waren.

      Das Auto des guten Hirten von St. Johann hielt am Straßenrand.

      »Noch net ganz«, antwortete er. »Ich wollt’ mir das hier nur mal anschauen.«

      Er deutete auf eine große Weide, die linker Hand vor ihnen lag.

      »Was ist daran so besonders?« erkundigte sich Christian.

      »Ehrlich gesagt, das frag’ ich mich auch«, erwiderte Sebastian. »Dieses Grundstück liegt genau auf der Grenze zwischen St. Johann und Engelsbach. Es gehörte einer inzwischen verstorbenen Frau, die es der Kirche vermacht hat. Jahrelang hat sich niemand darum gekümmert, doch seit es in St. Anna wieder einen neuen Pfarrer gibt, tut sich plötzlich was. Nun hab’ ich die Ahnung, daß mein lieber Amtsbruder und unser umtriebiger Bürgermeister gemeinsame Sache machen.«

      Während er weiterfuhr, erzählte Sebastian seinem Beifahrer, was es damit auf sich hatte.

      Seit langem bemühte sich Markus Bruckner, der Bürgermeister, aus St. Johann eine touristische Attraktion zu machen. Er träumte von einer Seilbahn, die zum Gletscher hinaufführte, von einer Diskothek, um junges Publikum anzulocken oder gar von einem Großhotel. Bisher war es Sebastian gelungen, diese Auswüchse zu verhindern, und scheinbar hatte der Bruckner-Markus seine hochfliegenden Pläne aufgegeben. Doch vor ein paar Tagen hatte Max Trenker seinen Bruder darauf hingewiesen, daß der neue Pfarrer von Engelsbach, Blasius Eggensteiner, sich mit dem Bürgermeister von St. Johann getroffen hatte. Und genau dieses Treffen hatte Sebastians Mißtrauen geweckt. Nach langer Überlegung kam der Bergpfarrer zu der Überzeugung, daß dies kein freundschaftlicher Antrittsbesuch sein konnte, wie der Bruckner ihm weismachen wollte, und daß es nur um das Grundstück der verstorbenen Magda Steinhäuser gehen konnte.

      »Glauben S’, die beiden könnten da was mauscheln?« fragte Christian, nachdem der die Geschichte gehört hatte.

      »Tja, ich will meinem lieben Amtsbruder nix unterstellen«, antwortete Sebastian. »Aber so, wie ich ihn kenn’, trau ich ihm alles zu.«

      *

      Nachdem er das Grab seiner Mutter besucht hatte, kehrte Christian Corbian ins Pfarrhaus zurück. Sophie Tappert hatte ihm inzwischen eines der Gästezimmer im ersten Stock hergerichtet, und nun warteten Kaffee und Kuchen auf den Gast.

      »Wann soll ich denn zum Vater gehen?« fragte der Schauspieler.

      Sie saßen auf der Terrasse des Pfarrgartens. Seit Wochen herrschte herrliches Wetter, und im Garten grünte und blühte es, daß es eine Freude war.

      »Darüber hab’ ich mir auch schon Gedanken gemacht«, antwortete Sebastian. »Ich will dir net verhehlen, daß dein Vater bei unserem letzten Gespräch sehr ablehnend auf meinen Vorschlag, ihr solltet euch wieder versöhnen, reagiert hat.«

      Christian zog die Stirn kraus.

      »Dann war’s vielleicht doch ein Fehler herzukommen?«

      »Nein, gewiß net«, schüttelte der Geistliche den Kopf. »Ein Fehler wär’s, diesen unsinnigen Streit noch weiter auszutragen. Niemand hat etwas davon. Du hast deinem Vater gezeigt, daß du ohne ihn deinen Weg machst. Das sollte dir genügen. Er ist halt ein alter, sturer Mann, der net aus seiner Haut kann. Aber ich bin überzeugt, daß er die Hand, die du ihm entgegenstreckst, net zurückweisen wird.«

      »Es war wohl ein schlimmer Unfall?«

      »Ja, Christian, es hätt’ net viel gefehlt, und dein Vater wär’ net mehr unter uns.«

      »Und wie steht’s mit dem Hof? Sie haben heut’ mittag so Andeutungen gemacht…«

      »Nun, der Unfall hat natürlich die Schaffenskraft deines Vaters beeinträchtigt. Er hatte lange das Bett hüten müssen, und in dieser Zeit ist viel liegengeblieben; der Josef ist ja auch net mehr der Jüngste.«

      »So, wie’s sich anhört, heißt das ja, daß ich jetzt den Bauern spielen muß.«

      Sebastian sah den gutaussehenden jungen Mann an.

      Christian hatte die Züge seiner Mutter geerbt, dennoch strahlte das Gesicht Männlichkeit und Entschlossenheit aus. Schon immer hatten ihm die Madeln hinterhergeschaut, und in den Jahren, die er in der Fremde verbracht hatte, war er weltgewandt und noch selbstsicherer geworden.

      Ja, er war das, was man als einen attraktiven Mann bezeichnete, und die Vorstellung, daß er auf dem Traktor hockte und das Feld umpflügte, hatte schon etwas Amüsantes.

      »Ja, Christian, das wirst du wohl müssen«, nickte Sebastian dennoch, »wenn du den Hof retten willst.«

      Der Bauernsohn atmete tief durch.

      »Freilich will ich«, sagte er. »Aber wozu das alles? Übernehmen werd’ ich den Hof net. Dazu bin ich viel zu sehr Schauspieler, als daß ich eines Tages wieder Bauer sein könnt’. Was soll denn daraus werden, wenn Vater mal net mehr ist?«

      Der gute Hirte von St. Johann hob die Hand.

      »Ich denk’, darüber solltest du dir jetzt noch keine Gedanken machen, sondern erst, wenn es soweit ist. Heut’ kommt’s darauf an, daß dein Vater wieder gesund wird.«

      »Ja, da haben S’ natürlich recht.«

      Sie unterhielten sich noch eine Weile, dann erhob sich der Geistliche. Im Arbeitszimmer wartete das Kirchenbuch auf ihn, in das er ein paar Eintragungen nachholen mußte.

      »Bis zum Abendessen ist noch Zeit«, sagte er. »Vielleicht schaust’ dich ein bissel im Dorf um, was sich alles verändert hat.«

      »Dann werd’ ich mir aber besser eine dunkle Brille aufsetzen«, schmunzelte Christian.

      »Keine schlechte Idee«, lachte Sebastian. »Sonst gibt’s vielleicht einen Massenauflauf, wenn die Leut’ dich erkennen und ein Autogramm von dir haben wollen.«

      Der Schauspieler ging in das Gästezimmer und holte tatsächlich eine Sonnenbrille. Vielleicht war die ›Tarnung‹ ja auch unnötig, aber oft genug hatte er erlebt, daß die Menschen auf ihn zustürzten und um ein Autogramm baten.

      Nicht, daß er etwas dagegen gehabt hätte. Popularität gehörte nun einmal zu seinem Beruf, und die Leute, die ihn ansprachen, waren auch diejenigen, die sich mit Begeisterung seine Filme anschauten. Nur manchmal wünschte man sich halt ein wenig mehr Freiraum und die Möglichkeit, wie jeder andere auch, einfach mal im Supermarkt einkaufen zu können.

      Christian Corbian verließ das Pfarrhaus und ging den Kiesweg hinunter. Der kleine Ort wimmelte nur so von Touristen. Überall sah man sie gehen und stehen, die unvermeidlichen