Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740960018
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nicht, den berühmten Schauspieler zu sehen.

      Viel hatte sich nicht verändert, stellte Christian fest. Die Häuser waren immer noch so schmuck mit ihren farbenprächtigen Lüftlmalereien. Wären die vielen Urlauber nicht gewesen, so wäre das Bild eines beschaulichen Alpendorfes, in dem die Zeit stehengeblieben war, perfekt.

      Nach einem ausgiebigen Spaziergang wandte er sich zum Dorf hinaus. Langsam stieg der Weg an. Rechts und links lagen saftige Wiesen, es roch nach wilden Kräutern und Blumen, und in der Ferne grüßten die Gipfel des ›Himmelsspitz‹ und der ›Wintermaid‹. Von irgendwoher erklang das Läuten von Kuhglocken.

      Am Wegesrand stand eine Bank. Christian setzte sich darauf und ließ das Panorama auf sich wirken.

      Wie oft hatte er die Berge erklettert oder war mit dem Hofhund losgezogen und erst nach stundenlanger Wanderung wieder heimgekehrt.

      Hab’ ich das alles eigentlich gar net vermißt?

      Diese Frage stellte er sich, während er seinen Blick schweifen ließ.

      Vermißt vielleicht. Aber er hatte das Heimweh verdrängt. Zu bitter waren die Erinnerungen an das Zuhause, dem er entflohen war, um seinen Traum zu verwirklichen.

      Und nun war er zurückgekehrt. Eher unfreiwillig und doch wissend, daß es notwendig war.

      Christian versuchte sich das Bild seines Vaters ins Gedächtnis zu rufen. Grau war er schon früh geworden, wohl aus Kummer über den Tod seiner Frau. Hart hingegen war er immer schon gewesen. Besonders gegen den Sohn, der nicht so wollte wie er. Schon im Kindesalter hatte Christian Spaß am Verkleiden gehabt, und in der Schule hatte er mit Begeisterung Theater gespielt. Der Lehrer lobte seine Leistungen und ermutigte den jungen Bauernsohn, den Weg einzuschlagen, der ihm vorschwebte

      Es war ein steiniger Weg gewesen, mit Fallstricken und Hindernissen darin. Doch Christian war zäh genug, um sich durchzubeißen. Mit Energie und Talent nahm er jede Hürde und schaffte, wovon andere nur träumen.

      Er war Schauspieler geworden – und jetzt war er zurückgekehrt, um doch wieder Bauer zu sein!?

      *

      Hermine Wollschläger schaute mürrisch auf, als das Telefon klingelte. Hochwürden war in der Kirche, und ausgerechnet jetzt wollte jemand etwas von ihm.

      Die Haushälterin ließ es noch einige Male klingeln, ehe sie sich bequemte, aufzustehen und in das Arbeitszimmer hinüberzugehen. Eher unwillig nahm sie den Hörer ab.

      »Pfarrhaus St. Anna«, meldete sie sich. »Wollschläger am Apparat.«

      »Grüß Gott«, hörte sie die Stimme des Bürgermeisters von St. Johann. »Ich bin’s, der Markus Bruckner. Ich hätt’ gern’ Pfarrer Eggensteiner gesprochen.«

      »Tut mir leid, der ist gerad’ net da«, antwortete die hagere Frau, die immer einen leicht verbiesterten Gesichtsausdruck zeigt, der auf ein nicht kuriertes Magenleiden hindeutete. »Kann ich was ausrichten?«

      »So, grad net da…, das ist aber schad’. Nein, ausrichten können S’ nix, ich müßt’ Hochwürden schon persönlich sprechen. Wann kommt er denn zurück?«

      Hermine Wollschläger hatte sich gerade mit einer Tasse Kräutertee und einem Rätselheft in die Küche zurückgezogen. Es behagte ihr ganz und gar nicht, durch diesen Anruf in ihrer gemütlichen Tätigkeit gestört zu werden. Natürlich konnte sie dem Bürgermeister sagen, daß Hochwürden nebenan in der Küche sei. Aber dann verlangte der womöglich, daß sie hinlief und den Herrn Pfarrer herholte!

      »Ich weiß net genau…«, wollte sie gerade antworten, als sie hörte, daß die Haustür geöffnet wurde. »Warten S’, ich glaub’, er kommt gerad’ herein.«

      Sie sah den großen, schwergewichtigen Geistlichen an, der seinen Kopf durch die Tür des Arbeitszimmers gesteckt hatte.

      »Der Herr Bruckner ist am Telefon.«

      »Geben S’ her«, schnaufte Blasius Eggensteiner. »Und machen S’ mir bitte schön einen Kaffee. Aber einen richtigen, net dieses koffeinfreie Zeugs!«

      Seine Haushälterin warf ihm einen erbosten Blick zu, als sie ihm den Hörer reichte.

      Bohnenkaffee!

      Diese Unart hatte er sich im Urwald angewöhnt, als Hochwürden die Eingeborenen am Orinoco missionierte.

      Seit Jahr und Tag war Hermine Wollschläger bemüht, ihren Pfarrer an eine gesündere Ernährungsweise heranzuführen. Doch bisher waren alle Versuche fehlgeschlagen. Dabei war sie sicher, daß er unter Bluthochdruck litt, zuviel schlechtes Cholesterin im Blut hatte und ohnehin kurz vor einem Herzinfarkt stand.

      Aber alle Warnungen ihrerseits wurden in den Wind geschlagen.

      Kopfschüttelnd ging sie in die Küche, um seinen Wunsch zu erfüllen.

      »Eggensteiner«, hatte sich der Geistliche unterdessen am Telefon gemeldet.

      »Grüß Gott, Hochwürden«, begrüßte Markus Bruckner ihn. »Ich ruf an, weil ich fragen wollt’, ob Sie sich inzwischen mein Angebot überlegt haben.«

      Blasius Eggensteiner schnaufte immer noch. Der Weg von der Kirche zum Pfarrhaus war kaum mehr als zwanzig Meter lang, doch die Strecke hatte ihm zu schaffen gemacht.

      »Im großen und ganzen ja, Bürgermeister«, antwortete Eggensteiner zögernd. »Allerdings muß ich erst noch mit dem Bischof reden und ihn überzeugen.«

      »Tun Sie das, Hochwürden, tun Sie das«, rief Markus Bruckner. »Bei so viel Geld kann er doch eigentlich net nein sagen.«

      »Und es bleibt dabei, St. Anna bekommt eine neue Glocke?« vergewisserte sich der Geistliche mit Nachdruck.

      »So, wie’s abgemacht wird«, versicherte der Bürgermeister von St. Johann. »Sobald der Verkauf im Grundbuch eingetragen ist, wird die Glocke in Auftrag gegeben. Aber zu niemandem ein Wort, und schon gar net zu Ihrem Kollegen hier in St. Johann!«

      »Zu dem gleich gar net«, erwiderte Blasius Eggensteiner. »Aber verraten S’ mir doch mal, was Sie eigentlich mit dem Grundstück vorhaben? Als Bauland ist’s doch wertlos, und Ihre Kühe werden S’ da doch net weiden lassen wollen.«

      »Hahaha«, lachte Markus Bruckner. »Natürlich net. Aber das, was ich da beabsichtige, unterliegt noch strengster Geheimhaltung. Sie werden verstehen, daß ich jetzt noch net darüber reden kann. Sie können aber sicher sein, daß Sie Ihren Anteil bekommen werden.«

      Der Seelsorger von St. Anna schnaufte wieder. »Den ich nur für wohltätige Zwecke verwenden werd’«, sagte er.

      »Was Sie damit machen, ist mir egal. Hauptsache, es erfährt niemand ein Sterbenswort darüber, ehe die Sache net unter Dach und Fach ist. Wann werden S’ denn mit Bischof Meerbauer sprechen können?«

      Pfarrer Eggensteiner biß sich auf die Unterlippe.

      »Das wird wohl noch dauern«, antwortete er. »Es gibt da ein paar Irritationen, die erst aus der Welt geschafft werden müssen.«

      »Aber lang’ dürfen wir net mehr warten!«

      »Keine Sorgen, in der nächsten oder übernächsten Woche rufe ich Sie an. Dann ist der Termin beim Bischof schon gewesen.«

      »Also gut, Hochwürden, ich verlaß mich da auf Sie«, verabschiedete sich der Bürgermeister von St. Johann.

      Blasius Eggensteiner legte nachdenklich auf.

      Dem scheint’s ja mächtig zu pressieren, dem Herrn Bruckner, überlegte er, während er in die Küche ging, um sich seinen Kaffee zu holen.

      Was war denn an diesem an sich doch wertlosen Grund so interessant?

      Zum Entsetzen seiner Haushälterin gab er einen ordentlichen Schuß Sahne in die Tasse und drei Stücke Würfelzucker. Dann rührte er um und trank einen Schluck.

      Er erinnerte sich noch gut an den Tag, als der Bürgermeister des Nachbardorfes an ihn herangetreten war. Das war