Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740960018
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nachdem diese Worte gefallen waren. Der Bauer blickte ungläubig von Kathrin auf Toni, dann streifte sein Blick die Magd, die mit angehaltenem Atem neben seinem Sohn saß.

      »Was willst du?« polterte Hubert Sonnenleitner plötzlich los, daß alle am Tisch unwillkürlich zusammenzuckten. »Diesem Hungerleider den Haushalt machen? Sich als Magd bei ihm verdingen?«

      Seine Augen schienen Funken zu sprühen, als er seine Tochter ansah.

      »Ja, bist du denn von allen guten Geistern verlassen?« brüllte er weiter. »Ausgerechnet zu ihm willst du? Der dich nur ausgenutzt und dann fortgeschickt hat? Das kommt überhaupt net in Frage.«

      Kathrin hatte seelenruhig von ihrem Brot abgebissen. Sie kaute und schluckte es hinunter, dann trank sie einen Schluck hinterher.

      »Du vergißt, daß ich volljährig bin«, sagte sie gelassen. »Ich kann tun und lassen, was ich will. Und wenn ich Wolfgang den Haushalt machen will, dann werd’ ich das auch. Da kannst’ noch soviel schreien.«

      Sie nahm den bewundernden Blick wahr, mit dem Ria sie bedachte, und auch in Tonis Augen sah sie Hochachtung vor ihrer Haltung.

      Hubert Sonnenleitner war der Appetit vergangen. Mit einer heftigen Bewegung stieß er sein Holzbrett beiseite und stemmte die Fäuste auf den Tisch.

      »Wenn du das tust, Kathrin, dann enterb’ ich dich«, drohte er, während er sich in die Höhe stemmte.

      Halb über den Tisch gebeugt sah er seine Tochter an. Die hatte offenbar mit dieser Drohung gerechnet.

      »Mein Pflichtteil wirst mir schon auszahlen müssen«, gab sie zurück. »Und das, was mir von Mutters Erbe zusteht.«

      Das war zuviel für den Sonnenleitnerbauern. Er stieß seinen Stuhl zurück und stapfte wutentbrannt aus der Küche. Draußen hörte man ihn über den ganzen Hof brüllen: was für eine undankbare Tochter er habe, die sich jetzt einem Habenichts an den Hals warf.

      »Sag’ mal«, wandte sich Toni an seine Schwester, »war das eben dein Ernst?«

      »Mein voller Ernst«, nickte sie.

      Ihr Bruder schluckte.

      »So viel Mut hätt’ ich nie aufgebracht«, bekannte er.

      Kathrin lächelte.

      »Vater wird sich schon wieder beruhigen«, meinte sie. »Im Moment ist’s wichtiger, daß der Wolfgang wieder auf die Beine kommt, und dafür stehen die Aussichten gut. Pfarrer Trenker hat einen Bankier aufgetrieben, der Wolfgang ein Darlehen gibt. Aber natürlich kommt da eine Menge Arbeit auf ihn zu. Das kann er net alles allein schaffen.«

      Toni Sonnenleitner nickte verstehend.

      »Ich helf’ natürlich auch, wenn ich kann«, erklärte er. »Sag’ mir Bescheid.«

      »Danke«, lächelte Kathrin. »Es ist schön zu wissen, daß man so einen Bruder hat.«

      Ria hatte die ganze Zeit stumm dagesessen. Kathrin wandte sich an sie.

      »Du kommst doch hier zurecht?« fragte sie.

      Die junge Magd nickte schnell.

      »Mach dir deswegen keine Gedanken.«

      »Schön«, freute sich die Bauerntochter, »dann kann ja nix mehr schiefgehen.«

      *

      Am nächsten Morgen saß Wolfgang Pahlinger recht nervös neben dem Bergpfarrer in dessen Auto. Schon in der vergangenen Nacht hatte der Bauer kaum ein Auge zugemacht. Dabei war er zeitig zu Bett gegangen, nachdem er zuvor den dicken Aktenordner durchgesehen hatte, der alle seine Unterlagen enthielt. Nach dem Aufstehen hatte er sich ordentlich gewaschen und den guten Anzug angezogen, den er sonst nur zu Feiertagen trug.

      Besser gesagt, früher getragen hatte –, denn seit Wolfgang pleite war, hatten ihn Sonn- und Feiertage nicht mehr interessiert. Nicht einmal den sonntäglichen Kirchgang hatte er mehr gemacht.

      »Glauben S’ wirklich, daß es mit dem Darlehen klappt?« fragte er zweifelnd, als sie vor dem Bankhaus hielten.

      »Versprechen kann ich natürlich nix«, antwortete Sebastian. »Aber immerhin ist der Herr Bruckner ja bereit zu helfen. Warten wir’s also ab.«

      Eine junge Angestellte erwartete sie bereits und führte die Besucher durch die Schalterhalle in die hinteren Räume. Hans Bruckners Büro lag am Ende eines langen Ganges, von dem etliche Büros abgingen. Der Privatbankier saß hinter seinem Schreibtisch. Er sprang sofort auf, als Pfarrer Trenker und sein Begleiter eintraten.

      »Hochwürden, welch eine Freude!« rief er und kam mit ausgestreckten Armen auf den Geistlichen zu.

      »Grüß Gott, Herr Bruckner«, sagte Sebastian. »Vielen Dank, daß Sie uns empfangen.«

      Er deutete auf den jungen Mann.

      »Das ist der Herr Pahlinger, um den’s geht.«

      Hans Bruckner schüttelte Wolfgang ebenfalls die Hand.

      »Meine Herren, setzen wir uns doch«, sagte er und deutete auf die Besucherecke, mit den schweren Sesseln aus dunklem Leder, die um einen Tisch aufgestellt waren. »Was kann ich anbieten? Tee, Kaffee, Mineralwasser?«

      »Ein Kaffee wäre recht«, antwortete Sebastian und sah Wolfgang fragend an.

      Der nickte, und Hans Bruckner gab der jungen Frau, die sie hergeführt hatte, ein Zeichen.

      »Dann kommen wir doch gleich zur Sache«, wandte er sich an die Besucher. »Darf ich die Unterlagen mal sehen?«

      Der Bauer händigte den Aktenordner aus.

      »Gleich auf der ersten Seite ist eine Auflistung der gesamten Verbindlichkeiten«, erklärte er. »Und dann noch das, was ich brauch’, um den Hof wieder wirtschaftlich auf die Beine zu bringen.«

      »Sehr schön«, erwiderte der Bankier mit einem Nicken und vertiefte sich in die Papiere.

      Zwischendurch öffnete sich die Bürotür lautlos, und die Angestellte brachte den Kaffee, Geschirr und eine Schale mit Gebäck herein. Sie stellte das Tablett auf dem Side­board ab und schenkte ein. Danach verschwand sie genauso leise, wie sie hereingekommen war.

      Es dauerte eine gute Viertelstunde, bis Hans Bruckner wieder aufsah, abgesehen von den wenigen Malen, als er einen Schluck Kaffee aus seiner Tasse nahm.

      Er holte tief Luft und sah Sebastian und Wolfgang schweigend an.

      »Tja, das ist eine schwierige Situation…«, sagte er schließlich.

      Wolfgang, der in gespannter Erwartung dagesessen hatte, sank in sich zusammen.

      Das war’s dann wohl, ging es ihm durch den Kopf.

      Doch die nächsten Worte des Bankiers richteten ihn wieder auf.

      »… aber net hoffnungslos«, setzte Hans Bruckner nämlich hinzu.

      »Dann glauben S’ also, daß da was zu machen ist?« fragte Sebastian.

      Der Bankier sah ihn an.

      »Sie hatten recht, Hochwürden, als Sie mir am Telefon sagten, daß meine Kollegen mir davon abraten würden, und ich will Ihnen net verhehlen, daß es gegen jeden bankkaufmännischen Grundsatz ist, hier noch zu investieren«, antwortete er. »Wenn ich’s dennoch tu’, dann einmal aus den Ihnen bekannten Gründen, zum anderen, weil der Hof und das Land dazu ja doch einen gewissen Wert darstellen. Sie, Herr Pahlinger, werden das natürlich alles an uns abtreten müssen, als Sicherheit, und wir, das Bankhaus Bruckner, werden als Miteigentümer ins Grundbuch eingetragen. Wenn Sie damit einverstanden sind, dann handeln wir einen Darlehensvertrag aus, zu moderaten Konditionen, mit einem niedrigen Zinssatz, der Ihnen net gleich nach einem Jahr wieder das Wasser abgräbt. Sollten S’ jedoch scheitern, dann verlieren S’ endgültig alles.«

      Er blickte den Bauern erwartungsvoll an.

      »Nun, könnten S’ sich mit diesen Bedingungen einverstanden