Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740960018
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daß du keine Lust hattest, irgendwas zu tun, wenn du dabei immer daran denken mußtest, daß es früher oder später net mehr dein Hof sein wird. Doch erst mal ist diese Gefahr abgewendet und mit ein bissel Glück ganz und gar aus der Welt geschafft.«

      Der Bergpfarrer schaute den jungen Bauern fragend an.

      »Was ist eigentlich mit der Kathrin?« wollte er wissen.

      Wolfgang Pahlingers Miene versteinerte.

      »Nix ist mehr«, antwortete er. »Ich hab’ Schluß gemacht. Es wär’ ja doch net mehr lang’ gegangen mit uns zwei.«

      Sebastian schüttelte den Kopf.

      »Also, in diesem Fall hast ausnahmsweise die Flinte zu früh ins Korn geworfen. Die Kathrin liebt dich, und gewiß würd’ sie zu dir halten.«

      »Sie schon«, entgegnete der Bauer in bitterem Ton. »Aber net ihr Vater. Und überhaupt, was soll sie mit einem armen Schlucker wie mir denn anfangen? Ich würd’ sie ja doch nur in mein Unglück mit hineinziehen.«

      Der gute Hirte von St. Johann ersparte sich eine Antwort darauf.

      »Ich komm’ heut’ abend noch mal vorbei und sag’ dir Bescheid, ob der Termin morgen klappt«, sagte er. »Das Telefon ist wohl gesperrt, vermute ich.«

      Wolfgang nickte.

      »Seit Monaten schon, und seit einer Woch’ ist auch der Strom abgestellt, weil ich net mehr hab’ zahlen können.«

      »Du meine Güte, warum bist’ denn net zu mir gekommen?« fragte Sebastian kopfschüttelnd. »Wie kannst’ denn überhaupt noch hier leben?«

      Der Bauer zuckte die Schultern.

      »Wasser hab’ ich ja«, meinte er. »Von der Kachlach. Und elektrischen Strom brauch ich net. Die Melkmaschine ist ohnehin überflüssig, weil’s keine Küh’ mehr gibt, und kochen kann ich auf dem Herd in der Küche mit Feuer.«

      Sebastian war entsetzt über diese Haltung. Einerseits war Wolfgang Pahlinger ein unbeugsamer Bauer, der sich einer Zwangsräumung mit Waffengewalt widersetzte, andererseits resignierte er so weit, daß er sich mit dem begnügte, was ihm geblieben war.

      Ein Feuer im Küchenherd.

      *

      Nur wenige Kilometer vom Hof des jungen Bauern entfernt, lag der Sonnenleitnerhof. Auf dem Rückweg nach St. Johann hielt Sebastian Trenker dort an.

      Im Gegensatz zu dem Anwesen, das er gerade besucht hatte, herrschten hier überall Ordnung und Sauberkeit. Der Hof war gefegt, die Maschinen gepflegt, und selbst die alten Mauern des Hauses strahlten in neuem Anstrich.

      Der Bergpfarrer stieg aus seinem Auto und ging zum Haus hinüber. Er hatte noch nicht klopfen können, als die Tür schon geöffnet wurde, und ein junges Madl heraustrat.

      »Grüß Gott, Hochwürden, wollen S’ zum Vater?« fragte Katharina Sonnenleitner. »Der ist droben im Bergwald, mit dem Toni Holz schlagen.«

      »Nein, nein, Kathrin, du bist es, die ich sprechen wollt’. Hast einen Augenblick Zeit?«

      »Mich?« fragte die junge Frau und nickte. »Freilich, kommen S’ doch herein. Mögen S’ vielleicht einen Kaffee trinken?«

      »Da sag’ ich net nein.«

      Sie setzten sich in die Küche. Kathrin hatte offenbar eben Kaffee gekocht. Sie nahm zwei Tassen aus dem Küchenschrank und schenkte ein.

      »Ich komm’ gerad’ vom Wolfgang«, sagte Sebastian.

      Das Madl wollte gerade die Tasse vor ihm abstellen. Jetzt verharrte es in der Bewegung, und ein trauriger Zug huschte über das hübsche Gesicht.

      »Wie geht’s ihm denn?« fragte Kathrin leise und setzte die Kaffeetasse ab.

      »Schlecht«, antwortete der Geistliche und nickte dankend. »Der Gerichtsvollzieher war da und wollt’ räumen. Wolfgang hat ihn mit dem Gewehr bedroht.«

      »Was?«

      Sie preßte die Faust vor den Mund.

      »Und… ist er…?«

      Die Bauerntochter wagte nicht, die Frage auszusprechen.

      Sebastian schüttelte beruhigend den Kopf.

      »Nein, dem Herrn Reiter ist nix geschehen. Es waren zwei Schüsse, die Wolfgang abgegeben hat. Gott sei Dank in die Luft.«

      »Ja, ist der denn narrisch g’worden?«

      »Das hab’ ich mich auch gefragt. Aber verrückt ist der Wolfgang net, nur sehr, sehr verzweifelt.«

      Kathrin hatte sich gesetzt. Sie führte die Tasse zum Mund und trank einen Schluck.

      »Sie wissen, daß Wolfgang und ich uns einmal sehr nahe standen?«

      Ein Kopfnicken beantwortete diese Frage.

      Kathrin Sonnenleitner war das jüngste Kind, sie hatte noch einen älteren Bruder, Toni, der einmal den Hof erben würde. Nach dem frühen Tod der Mutter führte das Madl seinem Vater den Haushalt, unterstützt von einer jungen Magd. Außerdem gab es noch einen alten Knecht, der schon seit über zwanzig Jahren in Lohn und Brot stand.

      Alles in allem war der Sonnenleitner einer der reichsten Bauern im ganzen Wachnertal. Große Felder, mehrere Almwiesen und ein ausgedehntes Stück Bergwald gehörten zu seinem Besitz.

      »Vor vier Wochen hat Wolfgang mir gesagt, daß es aus sei zwischen uns«, fuhr sie fort. »Er meint, wir passen net zusammen. Dabei hat er immer wieder davon gesprochen, wie glücklich er mit mir sei und daß er mich heiraten wollte.«

      Ihre Schultern zuckten, und Tränen liefen über Kathrins Gesicht.

      »Ich denk’, ich weiß, warum er Schluß gemacht hat«, sagte Sebastian. »Er fürchtete, daß er früher oder später den Hof verlieren und dann mit leeren Händen dastehen würd’. Wolfgang wollt’ dich einfach net mit in sein Unglück ziehen, deshalb die Trennung.«

      Kathrin war vierundzwanzig Jahre alt. Sie hatte dunkelbraunes Haar und ebensolche Augen. Das hübsche Gesicht besaß ein Stupsnäschen, und ihre Lippen waren rot und voll.

      »Aber es ist mir doch ganz egal, ob er arm oder reich ist«, begehrte sie auf. »Ich liebe ihn und net sein Geld.«

      Der Bergpfarrer lächelte.

      »Das ist genau das, was ich hören wollt’«, sagte er. »Wenn das so ist, wie du sagst, dann kann doch noch alles gut werden.«

      Kathrin hatte die Tränen getrocknet. Sie sah den Geistlichen ungläubig an.

      »Wirklich? Aber wie denn?« fragte sie.

      »Ich hab’ da so eine Idee, wie dem Wolfgang vielleicht geholfen werden kann«, antwortete Sebastian. »Aber unabhängig davon kannst du ihm ganz besonders helfen, indem du Wolfgang spüren läßt, was er dir bedeutet. Wenn er merkt, daß du ihn immer noch lieb hast, dann hilft ihm das nämlich dabei, ganz von vorne zu beginnen. Es wird net leicht für ihn sein, aber es ist zu schaffen. Willst du ihm helfen, Kathrin?«

      Die junge Frau nickte.

      »Ja, Hochwürden, das will ich, aber da ist auch noch mein Vater… er war nie sehr glücklich darüber, daß Wolfgang und ich ein Paar wurden. Was soll ich von so einem armen Schlucker schon erwarten können, hat er immer gesagt. Wenn er jetzt erfährt, daß ich zu Wolfgang zurück will…«

      Sebastian Trenker nickte. Er wußte, daß Hubert Sonnenleitner keineswegs mit dieser Verbindung einverstanden gewesen war. Es mußte ihm große Befriedigung bereitet haben, als Wolfgang Pahlinger mit Kathrin Schluß gemacht hatte. Aber der Bauer schien dem Geistlichen im Moment das kleinere Übel zu sein.

      »Wichtig ist, daß der Wolfgang wieder auf die Beine kommt«, sagte er. »Und dazu braucht er deine Unterstützung.«

      Der gute Hirte von St. Johann hatte seinen Kaffee ausgetrunken und erhob sich.

      »Gut,