Hans Bruckner hob mahnend die Hand.
»Das wird ein hartes Stück Arbeit«, sagte er. »Und allein werden Sie’s net schaffen. Stellen S’ auf jeden Fall einen Knecht ein und vielleicht eine Magd.«
Ein Schmunzeln lief über sein Gesicht.
»Oder am besten suchen S’ sich gleich eine Frau und heiraten. Das hat auch steuerliche Vorteile.«
Sebastian Trenker mußte bei diesen Worten unwillkürlich lächeln. Ohne es zu wissen, hatte der Bankier ein Thema angesprochen, das es zwischen dem Geistlichen und Wolfgang Pahlinger noch zu erörtern galt.
Hans Bruckner war aufgestanden und zu seinem Schreibtisch gegangen. Er nahm ein paar Papiere in die Hand, die auf dem Tisch lagen, und kam zurück.
»Ich hab’ hier schon mal etwas vorbereiten lassen«, erklärte er. »Den Darlehensvertrag schicken wir Ihnen zu, wenn er fertig ist. Ich hab’ mir aber gedacht, daß Sie schon heut’ ein bissel Geld brauchen werden, und deshalb alles für eine Kontoeröffnung ausfertigen lassen. Sie brauchen nur hier zu unterschreiben. Das Guthaben stammt aus meiner Privatschatulle; zahlen Sie’s mir zurück, wenn das mit dem Darlehen über die Bühne gegangen ist. Ich denk’, zehntausend Euro werden für die dringendsten Rechnungen reichen.«
Wolfgang war sprachlos.
»Ich kann’s gar net glauben«, murmelte er. »Warum tun S’ das alles für mich?«
Hans Bruckner strahlte.
»Danken S’ net mir, sondern Pfarrer Trenker, der sich so für Sie eingesetzt hat.«
Er stand wieder auf und drückte einen Knopf auf der Sprechanlage.
»Herr Schmidt, bitte.«
Dann wandte er sich wieder an den Bauern.
»Ich überlasse Sie jetzt der Obhut unseres Leiters der Kreditabteilung. Es ist alles schon mit ihm abgesprochen. Herr Schmidt wird Ihnen den Darlehensvertrag erklären, und wie das mit der Grundschuld abläuft.«
Es klopfte und der Mann trat ein. Er begrüßte die Besucher und nahm Wolfgang mit sich.
Sebastian stand auf.
»Ich steh’ tief in Ihrer Schuld, Herr Bruckner«, sagte er. »Ich weiß, was Sie für den Herrn Pahlinger getan haben, geht weit über das normale Geschäft eines Bankiers hinaus.«
»Schon gut«, wehrte Hans Bruckner ab. »Natürlich ist so etwas riskant, und die großen Banken scheuen davor zurück. Bei uns kleineren, privaten Unternehmen ist das doch ein bissel anders. Außerdem, aber davon kein Wort zu Herrn Pahlinger, hafte ich in dieser Angelegenheit zu einem Großteil mit meinem Privatvermögen.«
Der Bergpfarrer war erstaunt. Er hatte schon einiges erlebt in seinem Leben, aber so viel Großmut war noch nicht darunter gewesen.
»Warum tun Sie das alles?« fragte er.
Hans Bruckner sah ihn lange an, bevor er antwortete:
»Weil ich durch Sie etwas gelernt hab’, Hochwürden. Nämlich, daß Geld net alles ist im Leben. Und das, was Sie für meine Frau und mich getan haben, das ist mit keinem Geld der Welt zu bezahlen.«
Er lächelte.
»Apropos, meine Frau – als sie hörte, daß Sie heut’ herkommen würden, bestand sie darauf, mich in die Bank zu begleiten. Sie wartet nebenan. Kommen S’, der Herr Pahlinger ist noch ein Weilchen in der Kreditabteilung beschäftigt. Eleonore freut sich darauf, Sie begrüßen zu können.«
*
Zwei Stunden später fuhren sie nach St. Johann zurück. Hatte Wolfgang auf der Hinfahrt noch schweigend neben Sebastian gesessen, weil er vor Aufregung keinen Ton herausbekam, so war er jetzt stumm vor Glück.
Der gute Hirte von St. Johann schwieg ebenfalls und dachte an die Begegnung mit Eleonore Bruckner.
Die Frau des Bankiers hatte im Nebenraum gesessen und erwartungsvoll auf die Tür geschaut.
»Hochwürden!« rief sie und sprang freudestrahlend auf, als Sebastian eintrat. »Schön, Sie zu sehen.«
»Wie geht’s Ihnen?« erkundigte sich der Geistliche.
Eleonore griff nach der Hand ihres Mannes, der neben sie getreten war.
»Immer noch gut«, antwortete sie, mit einem glücklichen Lächeln. »Auch wenn’s schon einige Zeit her ist, daß Hans und ich uns wiedergefunden haben, so sind wir doch immer noch so glücklich wie an jenem Tag.«
»Das freut mich für Sie beide«, sagte Sebastian.
Sie unterhielten sich eine ganze Weile, und die Frau des Bankiers bat den Bergpfarrer am Ende dieser Unterhaltung, seine Haushälterin herzlich zu grüßen und auch ja den Max nicht zu vergessen.
Sebastian versprach, die Grüße auszurichten und verabschiedete sich, als eine junge Frau hereinkam und verkündete, daß der Herr Pahlinger fertig sei und in der Halle auf ihn warte.
»Könnten S’ mich schon hier absetzen?« bat Wolfgang, als sie noch gut zwei Kilometer von seinem Hof entfernt waren. »Ich glaub’, ich muß ein bissel frische Luft haben. Es war alles ein bissel viel heut’ morgen, und ich möcht’ gern über alles in Ruh’ nachdenken. Bestimmt seh’ ich jetzt mein Land und den Hof mit ganz anderen Augen als vor ein paar Tagen noch. Ich würd’s einfach gern’ genießen, den Rest zu Fuß zu gehen.«
Diesen Wunsch konnte der Geistliche gut verstehen. Er hielt an und ließ den Bauern aussteigen.
»Ich schau’ bald wieder vorbei«, sagte er. »Und dann besprechen wir, wie’s weitergeht. Wenn du über das Darlehen verfügen kannst, soll’s schließlich net lang dauern, bis wieder alles in die Gänge kommt.«
»Haben S’ recht herzlichen Dank, Hochwürden«, verabschiedete sich Wolfgang. »Ich weiß gar net, wie ich das jemals wieder gutmachen kann.«
»Indem du dich mächtig ins Zeug legst«, antwortete Sebastian Trenker. »Aber da bin ich sicher, daß du das tun wirst.«
Der junge Bauer sah dem Wagen des Bergpfarrers noch lange hinterher, dann wandte er sich um und schritt langsam weiter.
Ja, diesmal genoß er den Blick auf die Felder, die ihm gehörten. Hochwürden hatte recht, es lag eine Menge Arbeit vor ihm. Aber er würde es anpacken und das in ihn gesetzte Vertrauen nicht enttäuschen.
Froh gestimmt ging er auf den Hof zu und erlebte dort die zweite Überraschung dieses Tages.
Erstaunt blickte er auf das Auto, das neben der Brandruine stand, und das er nur zu gut kannte. Es gehörte Kathrin.
Wolfgang ging ins Haus. In der Diele standen zwei große Reisetaschen, ein paar Kartons, und Kathrin schien in der Kammer beschäftigt zu sein, in der früher die Magd gewohnt hatte. Die Tür war weit geöffnet, und der Bauer hörte sie darin räumen.
»Was machst du denn hier?« fragte er.
Sie drehte sich um und lächelte.
»Na, aufräumen. Das siehst’ doch.«
»Und was soll das alles?«
»Strom gibt’s wohl net?« fragte sie, anstatt ihm zu antworten.
»Nein, der ist gesperrt.«
»Schade. Es müßte mal wieder ordentlich gesaugt werden.«
Sie hatte das Bett zur Seite geschoben und die Matratze und das Inlett zum Lüften an das offene Fenster gelegt. Mit Besen, Handfeger und Kehrblech bewaffnet, säuberte sie den Fußboden.
»Kathrin, was machst du hier?« fragte der Bauer noch einmal, obwohl er die Antwort längst ahnte.
Die Bauerntochter lehnte sich auf den Besenstiel und erwiderte seinen Blick.
»Ich