Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740960018
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zu erkennen geben müssen.

      Und was sollte dann daraus werden?

      Schwer seufzend stand Adrian auf und trat an das Fenster. Lange blieb er dort stehen, und erst als die Glocken zur Abendmesse riefen, schien er aus der Starre zu erwachen.

      Er verließ die Suite, lief die Treppe hinunter, zur Tür hinaus. Auf den Straßen herrschte Betrieb. Nicht wenige Menschen waren zur Kirche unterwegs. Adrian schloß sich ihnen an, ohne sich um die neugierigen Blicke zu kümmern, mit denen manche ihn musterten. Doch betrat er nicht mit ihnen das Gotteshaus, sondern lenkte seine Schritte zum Friedhof hinüber.

      Vor dem Grab der Eltern verharrte er.

      »Könnt ihr mir net sagen, was ich tun soll?« fragte er verzweifelt.

      Natürlich wußte er, daß er keine Antwort bekommen konnte. Doch immer, wenn er verzweifelt gewesen war, hatte er Zwiesprache mit den Toten gehalten, und manchmal war er dadurch gestärkt worden. Irgendeinen Trost mußte es also geben.

      Heute allerdings wollte er sich nicht einstellen. Adrian ging ratlos wie zuvor ins Hotel zurück.

      *

      Tina hatte sich für den Abend umgezogen. Sie trug die neue Bluse und eine helle Jeans dazu. Schmuck hatte sie nur wenig angelegt. Mehr brauchte es auch nicht; sie wußte, daß ohnehin alle Burschen die Köpfe nach ihr drehen würden…

      »Wer war denn der Mann heut’ mittag?« fragte ihr Vater beim Abendessen.

      »Welcher Mann?« gab sie sich ahnungslos, obwohl sie nur zu gut wußte, von wem denn die Rede war.

      »Hatten wir Besuch?« wollte ihre Mutter wissen. »Ich hab’ gar nix mitbekommen.«

      »Du hast auch geschlafen«, sagte Friedrich Reindl. »Aber du, Tina, mußt ihn doch gesehen haben. Es war, als du die Panne mit dem Rad hattest.«

      »Ach der«, winkte sie ab. »Bloß ein Tourist.«

      »Tatsächlich?«

      Ihr Vater schüttelte den Kopf.

      »Irgendwie kam er mir bekannt vor. Aber vielleicht täusch’ ich mich ja auch.«

      Ob sie sich täuschte, hatte sich Tina auch schon gefragt. Mit dem Namen, den der Mann genannt hatte, konnte sie nichts anfangen. Aber das Gesicht glaubte sie schon mal gesehen zu haben.

      Nur wo?

      Sie hatte sich schon seit Stunden den Kopf darüber zerbrochen, aber es wollte ihr nicht einfallen.

      Indes hoffte sie, ihn am Abend wiederzusehen.

      »Willst du schon los?« wunderte sich Hedwig Reindl, als Tina nach dem Abendessen in ihre Jacke schlüpfte. »Ich dachte, wir fahren zusammen.«

      »Wolfgang bringt mich. Ich treff’ mich mit Angela«, antwortete die Tochter. »Ihr braucht nachher auch net auf mich zu warten. Wenn’s spät werden sollte, fahr’ ich net mit euch zurück, sondern bleib’ bei Angela.«

      Ihre Mutter nickte, während Friedrich Reindl den Kopf schüttelte.

      »Sitten sind das«, schimpfte er, nachdem Tochter und Sohn das Haus verlassen hatten. »Früher ist die Familie gemeinsam auf das Tanzvergnügen gegangen. Heut’ macht jeder, was er will.«

      »Ach, laß man, Fritz«, meinte seine Frau und strich ihm begütigend über den Kopf. »Uns’re Kinder sind ja erwachsen, die brauchen net mehr am Rockzipfel zu hängen.«

      Die beiden Geschwister waren schon auf dem Weg ins Dorf hinunter. Wolfgang Reindl, ein Jahr älter als Tina und Hoferbe, sah seiner Schwester so ähnlich, daß sie schon so manches Mal für Zwillinge gehalten worden waren.

      »Mach’ net wieder die Burschen verrückt«, gab er ihr grinsend mit auf den Weg, als er Tina vor dem Haus aussteigen ließ, in dem Angela Weißner wohnte.

      »Und du laß die Madeln in Ruhe«, frotzelte sie. »Net, daß ich mir hinterher wieder die ganzen Klagen anhören muß, was für ein Hallodri du bist.«

      Wolfgang winkte ihr zu und gab Gas.

      Die Samstagabende waren die schönsten der ganzen Woche. Da wurde richtig auf die Pauke gehauen, und Flirten und Herzen brechen gehörten nun mal dazu. In dieser Hinsicht unterschied sich der Bauernsohn nicht von seinen Freunden.

      Angela öffnete und ließ die Freundin eintreten.

      »Steht dir gut«, sagte sie mit Blick auf die neue Bluse. »Da werden die Burschen Augen machen.«

      Tina schmunzelte. Ihr war es egal, wer Augen machte – Hauptsache, Andreas Winkler war heute abend im Löwen…

      »Du schaust aber auch fesch aus«, meinte sie und deutete auf den gewagten Rock, den Angela angezogen hatte. »Was sagt denn Florian dazu, wenn du so zum Tanzen gehst?«

      Angela zuckte die Schultern.

      »Er weiß es ja net…«

      Bis es an der Zeit war, zum Hotel zu gehen, plauderten sie ausgiebig, und es war Angela, die das Gespräch auf den Mann brachte, über den das ganze Dorf sprach, und der Tinas Herz so zum Klopfen brachte, daß es schier raste, wenn sie nur an ihn dachte.

      »Ich möcht’ wirklich wissen, was das für einer ist«, meinte die Freundin. »Jedenfalls scheint er reich zu sein. Er wohnt in der teuersten Hotelsuite, und das Auto, das er fährt, hat bestimmt auch ’ne hübsche Stange Geld gekostet.«

      »Und er ist sehr nett«, platzte Tina heraus.

      Angela riß die Augen auf.

      »Sag’ bloß, du kennst ihn näher?« rief sie. »Los, erzähl’!«

      »Näher kennen ist zuviel gesagt«, erwiderte Tina Reindl. »Ich hab’ nur ein paar Worte mit ihm gesprochen.«

      »Ja, und?«

      Die Freundin rang die Hände.

      »Mensch, jetzt laß dir doch net alles aus der Nase ziehen«, begehrte sie auf.

      Tina berichtete von der Begegnung am Nachmittag, ließ allerdings den Zusammenstoß in der Einkaufspassage aus.

      »Und das war schon alles?« fragte Angela enttäuscht.

      Offenbar hatte sie mehr erwartet.

      »Na schön«, meinte sie dann, »immerhin kennst du seinen Namen, und er weiß, wie du heißt. Glaubst du, er ist heut’ abend auf dem Saal?«

      »Keine Ahnung. Darüber haben wir net geredet. Ehrlich gesagt war ich für eine vernünftige Unterhaltung viel zu verwirrt, als er da plötzlich vor mir stand.«

      Angela blickte sie forschend an.

      »Du bist verliebt, stimmt’s?« fragte sie gerade heraus.

      Tina spürte, wie sie rot anlief.

      »Ach, verliebt…«, wich sie aus.

      »Komm, ich kenn dich doch«, hakte Angela nach. »Seit du mit Tobias auseinander bist, hast du keinen anderen Mann mehr angesehen. Irgendwann wird’s für jede Zeit, oder willst für den Rest deines Lebens ohne Mann auskommen?«

      Christina seufzte. Daß Angela sie ausgerechnet jetzt an Tobias Buchner erinnerte, gefiel ihr überhaupt nicht.

      Der Bursche war der Sohn eines Bauern aus Waldeck, sie hatten sich dort auf der Kirchweih kennengelernt und ineinander verliebt. Allerdings war Tobias zu stürmisch gewesen und hatte, kaum daß sie ein paar Wochen zusammen waren, schon von Heirat gesprochen. Das war Tina nun wirklich zu schnell gegangen. Zumal eine Ehe mit einem Bauern für sie eigentlich nicht in Frage kam.

      Was sie wollte, wußte sie zwar nicht ganz genau, jedoch auf keinen Fall Herrin auf einem Hof werden. Dafür hatte sie nicht ihre Lehre gemacht. Wenn das ihr Plan gewesen wäre, hätte sie eine landwirtschaftliche Ausbildung absolviert.

      »Natürlich will ich nicht ohne Mann bleiben«, antwortete sie auf die Frage. »Aber über’s Knie brechen