Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740960018
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holte tief Luft.

      »Also, erst mal, was geht’s dich eigentlich an, und wie könnt’ ich ihr diese Furcht nehmen? Indem ich auf mein Glück verzichte?«

      »Ist es denn wirklich so ein großes Glück, diese Liebe?« forschte sie nach. »Du kennst diese Frau doch überhaupt net. Da hat deine Mutter ja nun wirklich recht.«

      Sie schaute ihn ganz merkwürdig an.

      »Und was es mich angeht, fragst’? Hast es denn nie bemerkt, daß ich dich liebe, Wolfgang? Mit Haut und Haaren? Ich wär’ bereit, alles für dich zu tun, mein Leben würd’ ich für dich geben.«

      Ihre Hand hatte ihn noch fester gepackt. Wolfgang schüttelte sie ab.

      »Du bist ja verrückt!« stieß er hervor.

      »Ja«, nickte sie und griff erneut nach ihm. »Verrückt nach dir, Wolfgang, das bin ich. So verrückt, daß ich mir seit Jahren die Launen deiner Mutter gefallen laß, in der Hoffnung, daß es sich eines Tages gelohnt hat.«

      »Herr im Himmel«, rief er. »Bin ich hier denn im Irrenhaus?«

      Er war aufgesprungen, weil er das Gerede nicht mehr länger ertragen konnte. Aber Franzi war nicht bereit, so schnell aufzugeben. Sie stand ebenfalls auf und schlang ihre Arme um seinen Hals. Heiß preßten sich ihre Lippen auf seinen Mund.

      »Küß mich, Wolfgang«, stöhnte sie. »Ich seh’n mich doch schon so lang’ danach. Deine Mutter ist einverstanden, sie hat mich als Schwiegertochter akzeptiert, wenn du nur die Finger von dieser anderen Frau läßt.«

      *

      Wie rasend machte er sich los. So war das also – Mutter setzte alle Mittel ein, damit er von Regina abließ. Aber da hatten sie sich getäuscht!

      Daß die Magd in ihn verliebt war, wußte er ja schon lange. Aber er hatte immer angenommen, daß sie sich mit ihrer Schwärmerei begnügen würde. Jedenfalls hatte sie es noch nie so deutlich zum Ausdruck gebracht, wie sehr sie ihn begehrte.

      »Das habt ihr euch ja fein ausgedacht, ihr zwei«, schäumte er. »Aber daraus wird nix. Lieber verzichte ich auf den verdammten Hof, als mir von euch mein Leben kaputtmachen zu lassen.«

      Franzi brach in Tränen aus, und er bereute seine harten Worte.

      »Es tut mir leid«, sagte er. »Franzi, ich schätz’ dich wirklich, als Mensch und als Mitarbeiterin auf dem Hof. Aber für eine Liebe reicht das net. Versteh’ das doch bitte.«

      Daraufhin war sie stumm hinausgegangen und hatte ihn nachdenklich zurückgelassen.

      Er liebte Regina, das stand für ihn so fest, wie die Berge, in denen er lebte. Und wenn es sein mußte, dann würde er dieses Leben aufgeben und mit ihr zusammen fortgehen. Allerdings wollte er immer noch darauf hoffen, daß seine Mutter doch noch zur Vernunft kommen würde, und vielleicht war die Vorstellung, hier mit Regina zu leben, doch nicht ganz so abwegig.

      Aber da würde er sie erst noch fragen müssen, ob es ihr mit ihrer Liebe so ernst war, daß es für ein ganzes Leben reichte.

      Mit diesem Gedanken fuhr er am Abend nach St. Johann.

      »Himmel, ist das schön!« rief die Krankenschwester begeistert, als sie zum Seeufer spazierten.

      Die Berge lagen im Schein der untergehenden Sonne, deren glutroter Ball sich im Wasser spiegelte. Ein paar Boote waren noch draußen, und wenige Schwimmer vergnügten sich noch in den Fluten. Die vielen kleinen Läden, Cafés und Restaurants, rund um den See, hatten noch geöffnet, und von der Wiese, auf denen Zelte und Wohnmobile standen, drang der Geruch von Holzkohle und Grillfleisch zu ihnen herüber.

      Wolfgang hatte seinen Arm um sie gelegt, und so saßen sie verträumt auf dem Steg, an dem die Boote anlegten.

      »Erzähl’ mir noch mehr von dir«, bat Wolfgang. »Ich weiß ja noch so wenig.«

      Regina lächelte versonnen.

      »Alles mußt du auch net wissen«, antwortete sie. »Ein paar kleine Geheimnisse muß jede Frau für sich behalten.«

      »Geheimnisse«, fragte er stirnrunzelnd.

      »War nur ein Scherz«, sagte Regina, als sie sein ernstes Gesicht sah.

      Während sie erzählte, überlegte sie, ob sie ihm auch von der alten Geschichte berichten sollte, doch dann ließ sie es sein. Sie selbst wollte das alles ja vergessen, und wie konnte sie das, wenn sie ständig davon redete.

      »Jetzt bist du dran«, meinte sie.

      Über eine Stunde war vergangen, und der junge Bauer hatte sich als geduldiger und aufmerksamer Zuhörer erwiesen.

      »Ach, da gibt’s fast nix zu erzählen«, erwiderte er. »Unser Hof, den hat der Urgroßvater gegründet, solang’ ist er schon im Familienbesitz. Als vor sechs Jahren mein Vater starb, da war ich gerad’ mit der Landwirtschaftsschule fertig. Mutter hat seinen Tod bis heut’ net verwunden.

      Ja, geboren und aufgewachsen bin ich hier, im Wachnertal, und wenn ich ehrlich bin, dann hab’ ich noch net viel von der Welt gesehen. Es war ja nie Zeit für einen Urlaub. Früher sind meine Eltern manchmal für ein paar Tage fortgefahren, ich hab’ dann die Viecher versorgt, zusammen mit dem Knecht, der damals noch bei uns war.

      Ich bin hier zur Schule gegangen, später in der Kreisstadt, wo ich auch die landwirtschaftliche Prüfung abgelegt hab’. Und eines Tags wird der Hof mir gehören.

      Das ist so ziemlich alles, was es über mich zu berichten gibt.«

      Über alles andere, besonders den Ärger, den seine Mutter machte, und die Szene mit der Magd, behielt er für sich. Wolfgang wollte nicht, daß Regina sich deswegen Gedanken machte. Es war genug, daß er sich damit auseinandersetzen mußte.

      »Und jetzt hab’ ich Hunger«, verkündete er. »Da vorn’ ist die ›Fischerhütte‹, wo es ganz frischen Fisch, direkt aus dem See, gibt. Hast du Lust?«

      Die Krankenschwester nickte. Arm in Arm gingen sie zu dem Lokal, das über eine Außenterrasse verfügte. Sie bekamen dort einen Tisch und schlugen erwartungsvoll die Speisekarten auf.

      Gebratene Felchen »Müllerin« war eine Spezialität des Hauses. Sie entschieden sich beide dafür, und Wolfgang bestellte eine halbe Flasche Roséwein dazu.

      Angeregt unterhielten sie sich, während sie sich das Essen schmecken ließen, und wenn es nach ihnen gegangen wäre, dann bräuchte dieser Abend überhaupt nicht enden.

      Aber zum einen mußte Wolfgang am nächsten Morgen wieder früh aus den Federn, und bei Regina machten sich allmählich die Anstrengungen der Bergtour bemerkbar.

      »Danke für den wundervollen Abend«, sagte die Krankenschwester, als er sie eine Stunde später vor der Pension absetzte.

      Wolfgang war ausgestiegen und umarmte sie fest.

      »Ich liebe dich, Regina«, sagte er zärtlich. »Mehr, als ich je einen Menschen zuvor geliebt habe.«

      Freudentränen schimmerten in ihren Augen.

      »Ich liebe dich auch, Wolfgang«, antwortete sie. »Du machst mich zur glücklichsten Frau der Welt.«

      Er brachte sie noch bis zur Haustür.

      »Schlaf schön«, flüsterte er ihr zum Abschied ins Ohr.

      Sie wartete, bis er in sein Auto gestiegen war, und ging dann mit einem seligen Lächeln auf den Lippen hinein.

      *

      Franzi hatte den ganzen Tag überlegt, was sie unternehmen sollte. Sie hatte das Gefühl, daß ihr die Zeit unter den Fingern zerrann, je länger sie wartete. Deshalb ihr überraschender ›Überfall‹ während des Mittagessens.

      Wolfgangs deutliche Zurückweisung hatte sie tief gekränkt, und ihren Haß auf die unbekannte Frau noch verstärkt. Wenn sie nur wüßte, wer sie war. Aber außer ihrem Namen hatte sie keinen Anhaltspunkt. Indes konnte sie schlecht in allen Pensionen oder im Hotel