Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740960018
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der Altbäuerin stand ihr zur Verfügung, um damit Einkäufe und andere Besorgungen für den Hof zu erledigen. Franzi war sicher, daß Maria Burger nichts dagegen haben würde, wenn sie den Wagen jetzt benutzte, um etwas herauszufinden, das in ihrer beider Interesse lag. Sie hatte Wolfgang einen Vorsprung gelassen, auf der einsamen Bergstraße würde er schnell bemerken, wenn ihm jemand folgte. Erst auf der Straße ins Dorf hinein, erhöhte sie das Tempo und sah gerade noch, wie er in die Straße zur Pension Stubler einbog. Das alleine reichte ihr schon, um zu wissen, wo diese Regina wohnte. Sie fuhr geradeaus weiter, wendete bei der nächsten Gelegenheit und kehrte zum Hof zurück.

      Es würde bestimmt eine Weile dauern, bis Wolfgang nach Hause kam. Zeit genug also, die weiteren Schritte zu überlegen. Franzi dachte daran, am späten Abend zur Pension zu fahren und der Frau die Pistole auf die Brust zu setzen – bildlich gesprochen.

      Aber würde diese Regina ihr glauben, wenn die Magd behauptete, mit dem jungen Bauern seit langem liiert zu sein?

      Vielleicht käme es auf einen Versuch an. Immerhin wäre es ja nicht das erste Mal, daß Burschen aus dem Tal sich an alleinreisende Urlauberinnen heranmachten, um sich für ein paar Tage oder Wochen mit ihnen zu amüsieren. Man mußte der Frau nur plausibel erklären, daß es nicht mehr als ein Urlaubsflirt war.

      Je länger Franzi darüber nachdachte, desto reifer wurde ihr Plan. Ein offenes Gespräch, von Frau zu Frau, das mußte Regina doch verstehen. Und wenn sie daraus ihre Konsequenzen zog und vielleicht still und heimlich verschwand, dann würde Wolfgang über kurz oder lang einsehen, daß die Magd doch die bessere Wahl war.

      Franzi versuchte abzuschätzen, wieviel Zeit der junge Bauer mit seiner Geliebten wohl verbringen würde. Sie wollte rechtzeitig wieder im Dorf sein. Das Auto mußte versteckt werden, damit Wolfgang es nicht sah und erkannte, und sie selbst mußte sich auch einen verborgenen Platz suchen, von dem aus sie alles beobachten konnte.

      Der Bäuerin sagte sie nichts von ihren Absichten. Es reichte, wenn sie Maria den Erfolg melden konnte, wenn die Nebenbuhlerin abgereist war, und keine Gefahr mehr bestand. Lediglich, daß sie noch einmal fort müsse, teilte sie Wolfgangs Mutter mit.

      Die war erst wieder aufgestanden, als ihr Sohn fortgefahren war. Die Sache hatte sie doch mehr mitgenommen, als es den ersten Anschein hatte. Sie fühlte sich matt und kraftlos, und auch jetzt war ihr anzusehen, daß es ihr nicht gutging.

      »Verlaß dich auf mich«, tröstete Franzi sie. »Morgen ist der Spuk vorbei.«

      Sie stellte den Wagen zwei Straßen weiter ab und ging zur Pension. Inzwischen war es dunkel geworden, die beiden konnten also jeden Moment hier auftauchen. Franzi suchte sich ein Versteck zwischen zwei Häusern, auf der anderen Straßenseite, und wappnete sich mit Geduld.

      Indes brauchte sie die gar nicht, denn nach kurzer Zeit fuhr ein Auto in die Straße hinein und hielt vor der Pension. Es gab Franzi einen Stich ins Herz, als sie sah, wie liebevoll Wolfgang die Frau küßte. Sie standen unter einer Laterne, und die Magd konnte die Szene genau beobachten.

      Endlich fuhr Wolfgang los, die Frau ging ins Haus hinein. Franzi eilte über die Straße, hastete die Stufen zur Haustür hinauf und drückte auf die Klingel. Es war keine fünfzehn Sekunden vergangen.

      Regina Werneke runzelte die Stirn, als es klingelte.

      Einer der Gäste, der seinen Zimmerschlüssel, der gleichzeitig auch die Haustür öffnete, vergessen hatte?

      Schulterzuckend ging sie zurück, machte die Tür auf und sah in das Gesicht einer jungen Frau. In der Annahme daß sie zu den Gästen gehörte, die neu waren, ließ Regina sie herein.

      »Guten Abend«, grüßte sie. »Haben S’ den Schlüssel vergessen?«

      »Regina?« fragte die Frau zu ihrer Überraschung. »Sie sind doch Regina?«

      Automatisch nickte die Krankenschwester.

      »Und wer sind Sie?«

      »Wolfgangs Verlobte«, kam es tonlos über ihre Lippen. »Und bald die neue Herrin auf dem Burgerhof.«

      Regina merkte, wie sich alles um sie herum drehte. Sie faßte haltsuchend nach der Rezeption und stützte sich darauf.

      »Was… was sagen Sie da?« fragte sie ungläubig.

      Franzi Lechner genoß den Augenblick. Wie oft in den letzten Stunden hatte sie sich diese Szene ausgemalt!

      »Ich bin hergekommen, um Ihnen die Wahrheit zu sagen«, fuhr sie fort. »Ihnen die Augen zu öffnen.«

      Die beiden Frauen waren ganz allein im Flur. Im Haus herrschte vollkommene Ruhe, bis auf die gedämpfte Stimme, mit der die Magd sprach.

      »Schauen Sie, Regina«, sagte sie mit einem spöttischen Unterton, »es ist ja net ungewöhnlich, daß sich einer unserer Burschen in eine attraktive Touristin verguckt. Man hat ein bissel Spaß miteinander’, und wenn der Urlaub dann vorüber ist, dann ist das Techtelmechtel auch vorbei. Da ist ja auch nix dabei. Bloß beim Wolfgang, da ist’s was anderes. Früher hab’ ich hin und wieder ein Aug’ zugedrückt, aber jetzt ist’s seine Mutter, die das net mehr erträgt. Die Bäuerin ist herzkrank und muß jede Aufregung vermeiden. Und zur Zeit regt sie sich sehr auf, über ihren Sohn und natürlich über Sie. Wollen S’ wirklich daran schuld sein, wenn sie stirbt?«

      »Nein«, schüttelte Regina fassungslos den Kopf.

      »Dann lassen S’ ihn in Ruh’«, sagte die Magd und versuchte, das spöttische Lächeln zu vermeiden, das sich auf ihre Lippen stehlen wollte. »Am besten reisen S’ ab und lassen nix mehr von sich hören.«

      Franzi warf der Frau einen prüfenden Blick zu. Hatten ihre Worte genug Wirkung hervorgerufen oder mußte sie noch was draufsetzen?

      Regina schien verunsichert. Sie blickte sie mit flackernden Augen an, bemüht, die Tränen zu unterdrücken, die empordrängten.

      Franzi strich sich über den Bauch.

      »Es ist auch das Beste für unser Kind«, fügte sie hinzu und drehte sich um. »Verschwinden Sie!«

      *

      Wolfgang Burger war schon auf dem halben Wege aus dem Dorf, als er wieder umkehrte. Während der wunderschönen Stunden, die er mit Regina verbracht hatte, waren ihm all die Dinge nicht aus dem Kopf gegangen, die sich auf dem Hof abgespielt hatten. Er wußte, daß er damit nicht alleine fertig werden konnte. Jemand mußte ihm einen Rat geben, und das konnte niemand anderer sein, als Pfarrer Trenker. Schon im Unterricht hatte der Geistliche den ihm anvertrauten Buben und Madeln gesagt, daß sie jederzeit zu ihm kommen könnten, wenn sie ein Problem hätten. Damals hatte Wolfgang nicht geglaubt, daß er jemals von diesem Angebot Gebrauch machen würde. Doch heute änderte er seine Meinung. Er sah auf die Uhr, gerade zehn, Hochwürden war bestimmt noch auf.

      Im Pfarrhaus brannte tatsächlich noch Licht. Wolfgang läutete, und kurz darauf öffnete Sebastian Trenker.

      »Nanu«, wunderte sich der Geistliche. »So spät noch?«

      »Ja, Hochwürden«, nickte der Bauer. »Es gibt da was, worüber ich mit Ihnen reden möcht’. Darf ich hereinkommen?«

      »Freilich, komm nur«, lud Sebastian ihn ein.

      Er hatte schon eine Ahnung, worum es sich handelte. Der Bergpfarrer führte den Besucher in die Wohnstube. »Setz dich und erzähl’«, forderte er ihn auf.

      Ach, wie tat das gut, sich endlich alles von der Seele reden zu können! Wie ein Wasserfall sprudelte es aus ihm heraus. Sebastian saß Wolfgang gegenüber und hörte zu, ohne ihn zu unterbrechen.

      »Tja, da seh’ ich nur eine Möglichkeit«, sagte er schließlich, als der junge Bauer geendet hatte. »Ich werd’ ein ernstes Wort mit deiner Mutter reden müssen. Natürlich wird ihr das net gefallen, aber es geht net an, daß sie dir derartig droht.«

      »Dann sind S’ auch der Meinung, daß ich zu Regina halten muß?“

      »Selbstverständlich«, nickte der Seelsorger. »Denn, wenn du jetzt nachgibst, dann wird deine Mutter dich immer