Franz Ferdinand. Alma Hannig. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alma Hannig
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Философия
Год издания: 0
isbn: 9783902862792
Скачать книгу
Außi möcht i!«269 Obwohl also die »designierten Bräute in größerer Anzahl wimmelten und eine erschreckende Liebenswürdigkeit« entfalteten, zog er ihnen ein Gespräch mit verschiedenen Parteiführern aus dem Parlament vor. Zu seiner »großen Freude« stellte er dabei fest, dass es in England ebenfalls Nationalitätenprobleme und anarchistische Gefahren gab.270 Die österreichische Kolonie, die er in den nächsten Tagen ebenfalls besuchte, bezeichnete er als »ein scheußliches Konglomerat ungarischer Juden«.271

      Während ihm das englische Landleben mit seinen Landhäusern und Schlössern und den schönen Parkanlagen ausgesprochen gut gefiel, konnte er den »langweiligen« garden parties und einem Musikkonzert (ein »grausames Spiel«) nichts abgewinnen und ärgerte sich über seine Pelzuniform, die er beim Hofball in einer recht warmen Julinacht trug, sodass er nicht tanzen konnte.

      Noch aus London berichtete Aehrenthal in einem Privatbrief an die eigene Mutter, dass die dortige »Aufnahme eine sehr liebenswürdige, der Erzherzog guter Dinge und bemüht [war], so charmant als möglich zu sein«.272 Er sei auch ihm gegenüber »ungemein liebenswürdig« und natürlich gewesen. Insgesamt soll der Thronfolger von England »entzückt« gewesen sein.273 Die nächsten beiden offiziellen Reisen nach London, zum Thronjubiläum der Queen 1897 und zur Krönung Eduards VII. im Sommer 1902, verliefen problemlos. Im Vorfeld seiner zweiten offiziellen diplomatischen Reise nach Russland im gleichen Jahr gab es hingegen heftige innenpolitische Diskussionen. Diese hatte der Erzherzog durch seine Entscheidung ausgelöst, sich vom ungarischen oppositionellen Politiker János Zichy begleiten zu lassen. Es war stets üblich, bei offiziellen Reisen einen österreichischen, einen ungarischen und einen böhmischen Begleiter (zumeist Vertreter der regierenden Parteien) zu benennen. Budapest zeigte sich verärgert und die Intervention des ungarischen Ministerpräsidenten zwang Franz Ferdinand letztlich zum Verzicht auf Zichys Begleitung. Der Thronfolger nahm schließlich gar keinen Ungarn mit.274

      Dieses Mal war sein Aufenthalt in St. Petersburg relativ kurz (8. bis 12. Februar 1902). Es ging um eine Annäherung zwischen dem Zarenreich und der Donaumonarchie vor allem auf dem Gebiet der Balkanpolitik. Obwohl es am Ende keine konkreten Vereinbarungen gab und somit das Ziel der Reise nicht erreicht worden war, zeigte man sich in Wien zufrieden.275 Außenminister Gołuchowski war froh, dass der Erzherzog nach dem Dissens wegen Zichy überhaupt nach St. Petersburg gefahren war.276 Aehrenthal, der inzwischen Botschafter in Russland geworden war, konstatierte auch bei dieser Reise, dass der Thronfolger »durch seine große Liebenswürdigkeit die allgemeine Sympathie erobert« habe.277 Er selbst fühlte sich geschmeichelt, dass der Erzherzog mit ihm über sein privates Glück gesprochen und ein Foto der Tochter Sophie gezeigt habe. »Sehr gerührt war der Erzherzog von der Attention des Kaisers und der Kaiserin, die sich gleich nach der Fürstin Hohenberg erkundigten.«278

      In London und Berlin kamen ebenfalls nur positive Meldungen über den Besuch des Thronfolgers in St. Petersburg an. Botschafter Mensdorff erfuhr vom Prinzen von Wales, dass Nikolaus II. » ›liked the Archduke very much‹ «.279 In Berlin war man besorgt, dass der Besuch möglicherweise nur der erste Schritt zu einer Verständigung der beiden Kaiserreiche »hinter dem Rücken des Verbündeten«280 war.

      Diese Reise war der letzte Besuch des Thronfolgers im Zarenreich. Ein Jahr später trafen sich Kaiser Franz Joseph und Zar Nikolaus II. Anfang Oktober im Jagdschloss Mürzsteg, um eine gemeinsame Linie für die Balkanpolitik zu beschließen.281 Ob der Thronfolger, der ebenfalls anwesend war, in die politischen Gespräche einbezogen wurde, lässt sich nicht eindeutig feststellen. Aber es ist davon auszugehen, dass er lediglich an den Treibjagden, die zu Ehren des Zaren abgehalten wurden, teilnahm. Dabei missachtete er die ungeschriebene Regel, dass man bei einer Jagd den hochrangigen Gästen den Vortritt ließ. Franz Ferdinand erlegte fast doppelt so viele Tiere wie Kaiser und Zar zusammen.282

      In den nächsten Jahren absolvierte der Thronfolger noch zahlreiche weitere offizielle und repräsentative Termine, die ihn nach Dresden, Madrid, Bukarest und mehrmals nach Berlin und London führten. Die meisten Reisen legte er mit der Bahn oder mit dem Schiff zurück, wobei er mit planmäßigen Zügen in einer Suite und später in einem eigenen Salonwagen, der an den Zug angehängt wurde, unterwegs war. Kaiser Franz Joseph war mit den Auftritten des Thronfolgers im Ausland grundsätzlich zufrieden. Solange er ledig war, scheint Franz Ferdinand alle repräsentativen Aufgaben gern ausgeübt zu haben. Nach seiner Heirat stellten ihn allerdings das Zeremoniell bzw. die Unebenbürtigkeit seiner Frau vor gewisse Probleme, sodass er immer häufiger seinen Neffen Karl, den späteren Kaiser Karl I., für Repräsentationsaufgaben vorschlug.283

      Bei vielen Anlässen war es völlig ausgeschlossen, dass Sophie ihn begleitete. Der Thronfolger versuchte dennoch, Wege zu finden, wie sie sich am gleichen Ort inkognito aufhalten konnten, um nach seinen offiziellen Terminen gemeinsame Besichtigungen und Ausflüge unternehmen zu können. In einem Fall sorgte er mit einer solchen Entscheidung beinahe für einen Skandal: Als im Mai 1910 der britische König Eduard VII. verstarb, sollte Erzherzog Franz Ferdinand den Kaiser bei den Trauerfeierlichkeiten vertreten. Dieses Mal hatte der Thronfolger »die unglückliche Idee«284, Sophie inkognito anreisen zu lassen und sich selbst nach Ablauf der Feierlichkeiten ebenfalls inkognito in London aufzuhalten. Als König Georg davon erfuhr, ließ er in Wien anfragen, wie er damit umgehen solle. Denn die Anwesenheit der Herzogin könne er nicht ignorieren, andererseits sei der Besuch anderer ausländischer Prinzessinnen abgelehnt worden. Dass der Thronfolger ausgerechnet bei solch einem traurigen Anlass einen touristischen Aufenthalt mit seiner Frau plante, hinterließ einen bitteren Beigeschmack. Die Reisepläne Sophies mussten auf Anraten des Wiener Ballhausplatzes aufgegeben werden, was den Thronfolger »wütend« machte.285 Gesteigert wurde sein Ärger nur noch durch die gemeinsame Anreise mit dem bulgarischen Monarchen, von dem Franz Ferdinand nichts hielt und den er zunächst völlig ignorierte. Der österreichisch-ungarische Botschafter in London, Mensdorff, glaubte den Thronfolger in London besänftigt und davon überzeugt zu haben, dass König Georgs Anfrage wegen Sophie »höflich gemeint war«.286 Dies war jedoch keineswegs der Fall und Franz Ferdinand lehnte es deshalb ab, bei der Krönung Georgs V. im Juni 1911 die Habsburgermonarchie bzw. das Haus Habsburg zu repräsentieren, sodass schließlich Erzherzog Karl nach London reiste.287

      Erst nachdem der zweite Versuch einer Inkognito-Reise nach England 1912 gelungen und das Thronfolgerpaar sogar vom Königspaar äußerst freundlich empfangen worden war, legte sich sein Ärger über Georg V.288 Ein Jahr später wurden Franz Ferdinand und Sophie ganz offiziell zu einer Jagd eingeladen. Dieser Aufenthalt trug entscheidend dazu bei, dass sich das Englandbild des Thronfolgers wandelte und zunehmend positiv wurde.

      Die erste offizielle Reise, die Sophie überhaupt an seiner Seite absolvieren durfte, führte 1909 nach Rumänien, danach folgten Berlin und eben London. Dass diese Reisen einen gewissen Einfluss auf das Verhältnis des Thronfolgers zu den jeweiligen Monarchen hatte, ist unbestritten und soll noch an anderer Stelle genauer ausgeführt werden. Ironischerweise war der erste offizielle Auftritt des Paares innerhalb der Habsburgermonarchie die Reise nach Sarajevo 1914.

      Конец ознакомительного фрагмента.

      Текст предоставлен ООО «ЛитРес».

      Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.

      Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.

Скачать книгу