Von dem Leben und den Meinungen berühmter Philosophen. Diogenes Laertius. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Diogenes Laertius
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Философия
Год издания: 0
isbn: 9783843800181
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den Gott, des Dreifußes halber.

      So weit hiervon. Hermipp zieht in seinen Lebensbeschreibungen das, was einige von Sokrates sagen, auf Thales, er sagte nämlich: er sei dem Schicksal vorzüglich dreier Stücke wegen Dank schuldig, erstlich, dass er als Mensch und nicht als Tier geboren worden: zweitens, dass er ein Mann und kein Weib sei; drittens, dass er ein Grieche und kein Ungrieche sei.

      8. (34) Man erzählt auch, er sei mit einem alten Weibe aus dem Hause gegangen, um die Gestirne zu betrachten, und in einen Graben gefallen. Wie er nun laut gerufen, so habe das Weib gesagt: Du kannst nicht sehen, was vor deinen Füßen ist, Thales und willst erkennen, was sich am Himmel befindet? Auch Timon, der ihn als Himmelsbeobachter gekannt hat, lobt ihn in den Sillen, wo er sagt:

      So war Thales, einer der Sieben, ein Himmelserforscher. Was über Astronomie von ihm geschrieben ist, macht, wie der Argeer Lobon schreibt, an die 200 Verse aus. Auf sein Bildnis hatte man folgende Inschrift gesetzt:

      Diesen Thales gab Ioniens Insel Miletus,

       Seine Weisheit hob zum ersten aller Erkunder

       der Gesetze ihn, wonach die Sterne den Himmel durchwandeln.

      9. (35) Folgende Sprüche werden noch von ihm gerühmt:

      Viele Worte sind kein Beweis von vielem Verstande.

       Nur ein Weises erforsch’, ein Fürtreffliches wähl’,

       Viel geschwätzigen Zungen wirst du dann Fesseln anlegen.

      Es gehen auch noch folgende Sprüche von ihm herum:

      Gott ist unter allen Wesen das älteste, denn er ist ungezeugt. Die Welt ist das schönste, denn sie ist ein Werk Gottes. Der Raum ist das größte, denn er begreift alles in sich. Der Geist ist das schnellste, denn er durchläuft das All. Die Notwendigkeit ist das stärkste, denn sie überwältigt alles. Die Zeit ist das weiseste, denn sie erfindet alles. Tod und Leben sind nicht verschieden, sagte er. Nun warum stirbst du denn nicht? fragte ihn jemand. Weil es nicht verschieden ist, erwiderte er. (36) Als ihn einer fragte, was zuerst gewesen sei, Nacht oder Tag? sagte er: Eine Nacht war eher, als der Tag. Es fragte ihn jemand; ob er ohne Wissen der Götter wohl Böses tun könne? Nicht einmal denken kannst du’s, gab er zur Antwort. Als ihn ein Ehebrecher fragte, ob er einen Ehebruch wohl abschwören könne, sagte er: ein Ehebruch ist nicht schlimmer, als ein falscher Eid. Man fragte ihn: was sehr schwer sei? Sich selbst kennen, erwiderte er. Was leicht sei? Andere warnen. Was am süßesten sei? Die Erlangung des Wunsches. Was die Gottheit sei? Das Wesen ohne Anfang und ohne Ende. Was der widrigste Anblick sei? Ein alter Tyrann. Wie man Unglück am leichtesten tragen könne? Wenn man sieht, dass es seinen Feinden noch schlimmer geht. Wie man aufs beste und gerechteste leben könne? Wenn man das nicht selbst tut, was man am anderen tadelt. (37) Wer glücklich sei? Der gesund am Leibe, dabei wohlhabend und von gut ausgebildeter Seele ist. Man muss sich der gegenwärtigen und auch der abwesenden Freunde erinnern, sagte er. Nicht, sein Gesicht verschönern, sondern sich durch Kenntnisse auszeichnen, sei trefflich. Bereichere dich nicht auf schlechte Art, sagte er, und keine Reden gegen diejenigen, die dir auf Treu und Glauben ergeben sind, müssen dich wankend machen. Die Liebesdienste, die du deinen Eltern erwiesen hast, sagte er, die erwarte auch du wieder von deinen Kindern. Der Nil schwillt an, sagte er, wenn die Gewässer desselben durch die entgegenwehenden ästhetischen Winde zurückgetrieben werden.

      10. Apollodor schreibt in seiner Chronik, Thales sei im ersten Jahr der 35. Olympiade geboren. (38) Er starb in einem Alter von 78 Jahren, oder wie Sosikrat sagt, 90 Jahre alt, denn sein Tod fiel in die 58. Olympiade. Er lebte zu Krösus Zeiten, dem er versprach, ohne eine Brücke auf die andere Seite des Halys zu kommen und den Fluss ableitete.

      11. Es sind noch 5 andere Thales gewesen, wie der Magnesier Demetrius in seinem Buch von den Gleichnamigen sagt: nämlich der kalantianische, schlechte, nacheifernde Redekünstler, der geistreiche sikyonische Maler war der zweite, der dritte war ein sehr alter, zur Zeit Homers, Hesiods und Lykurgs. Des vierten erwähnt Duris in seiner Schrift von der Naturmalerei. Der fünfte ist ein unberühmter jüngerer, dessen Dionys in den Kretischen Büchern erwähnt.

      12. (39) Thales der Weise starb, wie er im hohen Alter gymnischen Wettkämpfen zusah, von Hitze, Durst und Schwachheit entkräftet, und auf seinem Grabmal steht diese Inschrift:

      Klein ist dieses Grab des himmelanreichenden Thales,

       Dessen Weisheit der Ruhm allen Landen erzählt.

      Wir haben auch in unserem 1. Buche der Inschriften, oder im Pammetron, folgende Inschrift auf ihn:

      Aus der Bahn entriss den Weisen der große Kronide,

       Da er den gymnischen Kampf der Hellenen ansah,

       Ihn den Sternen zu nähern, die sein hochstrebendes Auge

       Von der Erde nicht mehr sah am hohen Olymp.

      13. (40) Sein ist auch der Spruch: Kenne dich selbst! von welchem Antisthenes in den Folgen sagte, er sei von Phemonoe, und dass ihn auch Chilon sich zu eigen gemacht habe.

      14. Von den sieben Weisen (denn sie verdienen hier einmal im Ganzen erwähnt zu werden) hat man auch noch folgende Sagen: Der Kyrenäer Damon, der über die Philosophen geschrieben hat, zählt alle auf und vorzüglich die Sieben. Anaximenes sagt, dass sich alle auf die Dichtkunst gelegt haben. Dikäarch sagt, sie wären weder Sophen noch Philosophen gewesen, sondern verständige Männer und Gesetzgeber. Der Syrakuser Archetim hat von ihrer Zusammenkunft bei Kypselus geschrieben, wobei er selbst mit zugegen gewesen. Eusor sagt, dass sie alle, außer dem Thales, bei Krösus gewesen sind. Einige sagen auch, dass sie im Panionium zu Korinth, und zu Delphi zusammengekommen. (41) Es werden auch ihre Sprüche verschiedentlich gerühmt, und jedem ein anderer beigelegt, wie zum Beispiel dieser:

      Chilon, der Lakonische Weise hat dieses gelehrt:

       Nie zu viel; die Zeit gibt nur jeglichem Wert!

      Man ist auch uneinig über ihre Zahl, denn Leandrius nennt statt Kleobuls und Mysons, den Leophant Grosias Sohn, einen Lebedier oder Ephesier und den Kreter Epimenides. Platon nennt im Protagoras statt Perianders den Myson. Euphor nennt statt Mysons den Anacharsis, und einige rechnen auch den Pythagoras zu denselben. Diekäarch gibt uns vier einstimmig anerkannte an, den Thales, Bias, Pittakus und Solon, und außer diesen nennt er noch sechs andere, wovon er drei auswählt, den Aristodem Pamfil, Chilon und den Lakedämonier Kleobul, Anacharsis und Periander. Einige setzen noch den Akusilaus, den Argeer Kabras oder Skaloas hinzu. (42) Hermipp in seinem Buche von den Weisen nennt 17, unter welchen die Sieben auf verschiedene Art gezählt werden, und diese sind: Solon, Thales, Pittakus, Bias, Chilon, Kleobul, Periander, Anacharsis, Akusilaus, Epimenides, Leophant, Pherekydes, Aristodem, Pythagoras, Lasus, ein Sohn des Charmantides, oder Sisymbrius, oder Chabrius, nach Aristoxen, Hermioneus und Anaxagoras. Hippobot im Philosophenverzeichnis nennt Orpheus, Linus, Solon, Periander, Anacharsis, Kleobul, Myson, Thales, Bias, Pittakus, Epicharm, Pythagoras.

      15. Von Thales gehen folgende Briefe herum:

      Thales an Pherekydes.

      (43) Ich erfahre, dass du zuerst unter den Ioniern vorhast, öffentliche Vorträge über göttliche Dinge in Griechenland zu halten; aber du würdest vielleicht richtiger denken, wenn du deinen Aufsatz nur unter Freunden niederlegtest, als wenn du ihn jedermann ohne Unterschied hingibst, welche Sache von keinem Nutzen ist. Ist es dir angenehm, so möchte ich wohl eine Kenntnis davon haben, was du schreibst, und ich bin bereit, zu gelegener Zeit auf dein Verlangen zu dir zu kommen. Denn wir sind nicht so unsinnige Toren, ich und der Athener Solon, dass wir keine Seereise zu dir machen sollten, da wir, um Forschungen anzustellen, nach Kreta gefahren und auch nach Ägypten gesegelt sind, um mit den dortigen Priestern und Astronomen Umgang zu pflegen. Auch Solon wird kommen, wenn du es erlaubst. (44) Denn du hängst zu sehr an deinem Land, und kommst wenig nach Ionien, du hast auch kein Verlangen nach Fremden, sondern beschäftigst dich, wie ich hoffe, bloß allein mit Schreiben. Wir hingegen schreiben nichts, sondern durchreisen Griechenland und Asien.

      16.