Ein Fall für Gräfin Leonie Staffel 1. Bettina von Weerth. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Bettina von Weerth
Издательство: Bookwire
Серия: Ein Fall für Gräfin Leonie Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740940898
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zu bedeuten? War das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen? Leonie versuchte in ihren Gesichtern zu lesen.

      Tante Klara, ihr Röschen, sah sehr zufrieden aus.

      Gräfin Regina wirkte ein wenig derangiert. Ihr war anzusehen, dass sie geweint hatte, dass sie auch jetzt noch nahe am Wasser gebaut hatte.

      Graf Anton, sonst cool und souverän, stand auch ein wenig neben sich.

      Und Sandra?

      Der war anzusehen, dass sie noch nicht so ganz wusste, was da gerade mit ihr geschah.

      Nur die kleine Antonia war unbefangen und fröhlich. Ein Kind halt. Sie war noch in einem Alter, in dem man die Welt mit ganz eigenen Augen betrachtet.

      Sie war glücklich, ihren Papi zu sehen.

      Florian, ebenfalls ziemlich verwirrt, hatte die Kleine auf den Arm genommen.

      Antonia schmiegte sich vertrauensvoll an ihn und plauderte munter ohne Punkt und Komma.

      »Papi, warum hast du mir denn nicht gesagt, dass ich eine so liebe Oma und einen so lieben Opa habe. Der Opa kauft mir ein Pferd, weil er meint, dass ich unbedingt reiten lernen muss, weil du das, als du so alt warst wie ich, schon konntest … Und, Papi, das hier ist ja ein richtiges Schloss …, das gibt es ja wirklich …, nicht nur im Märchen.«

      Bekam Florian eigentlich mit, was seine Tochter da so munter daherredete?

      Wohl eher nicht.

      Er strich ihr zwar behutsam über das braune lockige Haar.

      Das allerdings wohl eher unbewusst.

      Er starrte auf seine Eltern, auf Klara.

      Sein Blick blieb an der Frau hängen, die er über alles liebte.

      Er schien zu sagen – bitte hilf mir. Verrate mir, was das alles zu bedeuten hat.

      Sandra konnte ihm diese Fragen nicht beantworten. Sie stand selbst vollkommen neben sich, weil sie niemals, nicht in ihren kühnsten Träumen, mit einer solchen Entwicklung gerechnet hatte.

      Sie hatte sich auf ein Leben eingestellt, in dem es meist nur sie und Antonia gab und sie den Mann, den sie über alles liebte, nur hier und da sehen konnte.

      Und nun war sie hier. Auf Schloss Ahnfeld. Dieser äußere, feudale Rahmen beeindruckte sie nicht. So etwas war für sie nicht wichtig. Und dass Florian ein Graf war, der künftige Schlossherr, war eher hinderlich. Es wäre ihr lieber gewesen, er wäre ein schlichter Mister X oder Y. Dann wäre ihr Leben nicht so kompliziert verlaufen.

      Der Graf hatte ihr während des langen, langen Gesprächs zwar zu verstehen gegeben, dass er ihrem Glück nicht mehr im Wege stehen wollte.

      Nur Sandra wusste noch immer nicht, was sie davon halten sollte.

      Sie wäre so gern, wie Antonia es wie selbstverständlich getan hatte, in seine Arme geflogen. Aber sie traute sich nicht.

      Und auch Florian schien Hemmungen zu haben. Er starrte nur ungläubig zu ihr hin und schien sich zu fragen, warum Sandra und Antonia hier waren.

      Was war geschehen? Was bedeutete es letztlich?

      Es war Tante Klara, ihr Röschen, die die Situation rettete. »Florian, wenn du und deine Freundin …, wenn ihr euch seht, starrt ihr euch dann immer erst Ewigkeiten stumm an, ehe ihr euch begrüßt? Das glaube ich nicht, und deswegen, beweg dich endlich. Nimm sie in die Arme, sage ihr, wie sehr du dich freust, sie zu sehen …«

      Er war dazu noch immer nicht fähig. Er, ein mehr als nur intelligenter Mann, begriff gar nichts.

      Es war Sandra, die die Initiative ergriff. Frauen waren in solchen Situationen wohl schneller, auch mutiger.

      Sie rannte auf Florian los, schmiss sich in seine Arme. Mit dem einem Arm hielt er Antonia fest, mit dem anderen sie.

      Es war ein zu Herzen gehendes Bild, und es war kein Wunder, dass Gräfin Regina und Klara zu schluchzen begannen. Auch der Graf war gerührt, und Leonie wischte sich heimlich ebenfalls ein Tränchen weg.

      »Alles wird gut, mein Liebster«, flüsterte Sandra Florian zu, »du glaubst überhaupt nicht, was geschehen ist …, es wird noch eine ganze Weile dauern, ehe ich das wirklich begriffen habe. Eines allerdings habe ich sofort kapiert …, warum auch immer …, deine Eltern sind auf unserer Seite, und ich …«

      Überwältigt vor Glück beugte Florian sich zu ihr herunter und küsste sie. Dabei war es ihm so etwas von egal, dass er dabei Zuschauer hatte …

      Was letztlich den Ausschlag gegeben hatte, Graf Anton und Gräfin Regina zu veranlassen, ihre Meinung von jetzt auf gleich und so radikal zu ändern, würde man vermutlich nicht erfahren.

      Es war auch nicht nötig, das zu wissen.

      Richtig und wichtig war, dass sie dem Glück ihres einzigen Sohnes nicht mehr im Wege stehen wollten, dass sie Sandra als künftige Schwiegertochter akzeptieren, und dass sie Antonia, die ihrem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten war, vergötterten. Gräfin Klara und Leonie hatten beschlossen, ihren Aufenthalt auf Schloss Ahndorf zu verkürzen und abzureisen.

      Graf Anton, Gräfin Regina hatten genug damit zu tun, sich ihrer Schwiegertochter anzunähern. Sie verbrachten die meiste Zeit mit Antonia, von der sie nicht genug bekommen konnten.

      Und Florian? Der ging wie auf Wolken, konnte sein Glück nicht fassen. Er war am Ziel seiner Wünsche. Für ihn wurde ein Traum wahr.

      Natürlich hatten sie sich alle bei Leonie bedankt, denn der hatten sie schließlich alles zu verdanken.

      Sie hatte die Kopie entdeckt, was sonst niemandem aufgefallen wäre.

      Sie hatte beim Anblick von Sandra und Antonia blitzschnell die Wahrheit erkannt.

      Und Leonie hatte sich nicht aufhalten lassen. Sie hatte es Klara erzählt, wohl wissend, dass sie es weitergeben würde.

      Leonie hatte ihre Freundschaft aufs Spiel gesetzt, weil sie von Anfang an gewusst hatte, das Richtige zu tun.

      Heute gab es noch ein letztes gemeinsames Abendessen.

      Und wenn man auf Schloss Ahndorf immer Wert auf einen gut gedeckten Tisch legte, heute war der Tisch besonders prachtvoll eingedeckt, mit dem besten Porzellan, mit dem edelsten Kristall, mit herrlichen Silberleuchtern, und natürlich gab es auch ein mehrgängiges Festmahl, an dem sie alle teilnahmen, bis auf Antonia. Die hatte den ganzen Tag über herumgetobt, mit ihrem Papi, ihrem Opi, und schlief nun tief und fest.

      Florian und Sandra saßen glückstrahlend nebeneinander.

      Graf Anton und Gräfin Regina betrachteten es voller Wohlgefallen.

      Gräfin Klara klopfte ihrer Nichte wohlwollend auf die Schulter, nickte ihr zu. Sie wollte damit sagen – gut gemacht, mein Kind. Dir haben sie das alles hier zu verdanken.

      Das sah Leonie nicht so. Sie freute sich. Sie freute sich, wenn sie das glückliche Paar sah, sie freute sich, wenn sie die glücklichen Großeltern und das liebreizende Kind sah, und noch mehr freute sie sich darüber, dass sie mit ihrem neuen Kriminalroman so richtig gut vorankam. Alles war gut, in jeder Hinsicht.

      Leonie war ganz erstaunt, als Graf Anton sein Glas hob, um etwas zu sagen. »Leonie, wir haben uns alle schon bei dir bedankt, aber gewiss nicht genug. Wir werden auf ewig in deiner Schuld sein …, ich habe mir etwas überlegt. Ich möchte dir die Flusslandschaft, selbstredend das Original, schenken. Ohne dich, deine Aufmerksamkeit, deinen kriminalistischen Spürsinn, wäre das Gemälde für immer verloren gewesen, und wir hätten es nicht einmal bemerkt …, also nimm das Geschenk an. Es kommt von Herzen.«

      Leonie hätte mit allem gerechnet, damit nicht. Und so sehr sie diese noble Geste auch berührte. Sie wusste, dass sie dieses Geschenk nicht annehmen würde.

      »Danke, Onkel Anton …, ich bin gerührt, berührt. Aber das Bild muss hierbleiben. An dem Platz, an dem es seit Jahrhunderten hängt. Nur hier kommt es zur Geltung. Ich hätte daheim nicht einmal eine entsprechende Wand, um es wirkungsvoll