Die Hohkönigsburg. Julius Wolff. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Julius Wolff
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 4064066111274
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wessen Bote kommst Du denn mit dem Prachtstück? – Ja, das muß ich wissen, wenn ich mich damit beladen soll,« fuhr er fort, als der Andere die Frage nicht auf der Stelle beantwortete.

      »Nun denn, unser junger Graf Egenolf schickt es der Gräfin – wie heißt sie doch gleich?«

      »Leontine.«

      »Also der Gräfin Leontine; er mag ihr wohl versprochen haben, einen Wolf zu schießen; vielleicht haben sie gar darum gewettet.«

      »Und Gräfin Leontine hätte die Wette gewonnen; natürlich! Die gewinnt immer, wenn sie wettet und wagt,« lachte Isinger. »Nun, das geht mich nichts an; Dir zu Liebe nehme ich es auf mich, ihr das Geschenk zu übermitteln, und ich weiß auch schon, wie ich das anfange. Ich werde es der Dimot, ihrer schmucken Gürtelmagd, geben, der ich auch schon Manches zu Gefallen gethan habe; die mag dann zusehen, wie sie es ihrer jungen Herrin heimlich zusteckt oder es ihr ins Schlafzimmer legt.«

      »Gut! sage dem schmucken Ehrenwadel, wenn sie das geschickt fertig brächte, wäre sie hiermit zum Pfeifertag nach Rappoltsweiler von mir eingeladen, da könnte sie einmal tüchtig tanzen. Und Du kommst auch, Ottfried, und bist dort mein Gast.«

      »Für unser tanzlustiges Hofkätzchen will ich allenfalls zusagen,« erwiederte Isinger, »aber ich selbst werde hier schwerlich abkommen können. Denn wenn die Herrschaften alle, wie ich schon gehört habe, zu eurem Feste gehen, so ruht allein auf meinen Schultern die Obhut der ganzen Burg mit voller Verantwortung im Großen und im Kleinen,« fügte er wichtigthuend hinzu. Dann nahm er das Wolfsfell, um es wieder in das Tuch zu wickeln.

      Aber Loder fiel ihm in den Arm. »Halt! nur Geduld!« und in die Tasche greifend holte er Egenolfs Brief hervor mit den Worten: »Hier habe ich auch noch ein Brieflein an die Gräfin Leontine, das müssen wir dem Wolf in den Rachen stecken.«

      »Was? einen Brief? und noch dazu mit rothem Wachs versiegelt?«

      »Ja! den Grafen von Rappoltstein ist vom Kaiser das Recht verliehen, mit rothem Wachs siegeln zu dürfen.«

      »Ei, ei! da seid ihr ja sehr vornehme Leute,« sprach Isinger und machte große Augen.

      »Sind wir auch,« sagte Loder.

      »Beim heiligen Eligius, meinem Schutzpatron! das hätt' ich nicht gedacht.«

      »Und die Streifjagd im ganzen Wasigen haben wir auch.«

      »Und das Pfeiferkönigthum!«

      »Und vor Allem das Pfeiferkönigthum!«

      Sie lachten beide herzlich, und die Becher klangen fröhlich an einander. Dann steckten sie Egenolfs Brief so zwischen die Wolfszähne, daß er nicht herausfallen konnte, legten das Fell behutsam zusammen und hüllten es in das Linnen. Isinger schenkte, den Rest des Weines ehrlich vertheilend, noch einmal ein, und nachdem sie ausgetrunken, brach Loder auf.

      »Also ich hoffe auf Wiedersehen in Rappoltsweiler, Ottfried!« sprach er.

      »Wenn's sein kann, gern,« erwiederte Isinger. »Gottbefohlen, Hans! wirst mir alle Zeit willkommen sein auf der Hohkönigsburg.«

      »Soweit wäre die Sache ja nun in die richtige Bahn gelenkt; jetzt kommt es nur noch auf die Schlauheit des Ehrenwadels an,« sagte Loder zu sich selber, als er den Berg hinabschritt. »Was wohl am letzten Ende aus der Geschichte werden wird? eine Hochzeit? – gäbe ein herrliches Paar, die Beiden; na, Glück zu, Kinder! meinen Segen habt ihr.« –

      Als spät Abends Gräfin Leontine sich zur Ruhe begeben wollte und mit Dimot, die ihr leuchtete, ihr Schlafgemach betrat, sah sie vor ihrem Bett an Stelle des bisherigen, hie und da schon etwas abgenützten Luchsbalges ein großes Wolfsfell ausgebreitet liegen. »Was ist das?« fragte sie verwundert, »wie kommt das dahin?«

      Der sonst nicht so leicht um eine Antwort verlegenen Zofe klopfte schuldbewußt das Herz, und nach einigem Zögern sprach sie schüchtern und kleinlaut: »Da hingelegt hab' ich es, gnädige Gräfin.«

      »Das kann ich mir denken, aber woher hast Du es?«

      »Der Herr Marschalk hat mir's gegeben.«

      »Marschalk! – Stallmeister ist er, nicht Marschalk,« verbesserte Leontine sie unwillig. »Wie kommt Isinger dazu?«

      »Er hat es vom Pfeiferkönig, sagt er.«

      Leontine blickte die Zitternde forschend an; ihr schien eine Ahnung aufzudämmern. »Vom Pfeiferkönig? ist das nicht ein König von Rappoltstein'schen Gnaden?«

      »Ich glaube, ja,« lächelte Dimot, obwohl ihr bei dem Verhör nicht ganz wohl zu Muthe war. »Fühlt es nur einmal an, gnädige Gräfin! es ist so schön dick und weich,« kam es schon etwas dreister von ihr heraus.

      Leontine beugte sich nieder und strich mit der Hand über das dichte, graue Haar. »Du hast Recht, ein prächtiger Pelz! ein Wolf ist es, Dimot!« Dann ging sie, es beschauend, ganz um das Fell herum. »Was hat er denn da im Rachen?« fragte sie.

      »Wo, meint Ihr? im Rachen?«

      »Thu nur nicht so, als ob Du nichts davon wüßtest! Gieb mal her den Zettel!« befahl Leontine ungeduldig, »oder fürchtest Du, daß Dich der Wolf mit seinen großen, weißen Zähnen noch beißen könnte?«

      »Ach nein, gnädige Gräfin!« erwiederte die immer lächelnde Zofe, bückte sich und reichte ihrer Herrin Egenolfs Brieflein, das Leontine hastig nahm, sofort erbrach und zu lesen begann.

      Gott sei Dank! dachte Dimot, jetzt ist's überstanden und Alles in Rück und Schick; was nachkommt, habe ich nicht zu verantworten. Sie sah, wie Leontinens Hand, die den Brief hielt, leise bebte und ihre Brust sich rascher hob und senkte.

      »Dimot,« fragte Leontine nach dem Lesen, »weiß sonst noch Jemand davon?«

      »Keine Menschenseele, gnädige Gräfin!«

      »Gut! so schweigst Du auch, wenn auch kein groß Geheimniß dabei ist,« sprach Leontine. »Graf Egenolf von Rappoltstein schickt mir das Fell, weil ich's ihm neulich nicht glauben wollte, daß er einen Wolf geschossen hätte; nun liefert er mir hier den Beweis. Das ist Alles, was in dem Briefe drin steht.«

      Die schlaue Zofe lächelte ganz spitzbübisch jetzt und sagte dann mit fast flüsterndem Tone, als hätten die Wände hier Ohren: »Falls sich gnädige Gräfin etwa bei dem Herrn Grafen für das schöne Geschenk bedanken wollten, – der Weg, auf dem der Wolf hierher gekommen ist, wäre auch für den Dank ganz heimlich und sicher.«

      »Wirklich? meinst Du?« lachte Leontine, »nun, den Dank wollen wir uns erst noch überlegen, Dimot. Was für ein Botenbrot hat Dir denn die Schmuggelei eingebracht, wenn Du mir's gestehen willst?«

      »Daß ich am Pfeiferfest in Rappoltsweiler tanzen kann, wenn gnädige Gräfin mir Urlaub geben.«

      »Den sollst Du haben, Mädchen! ich gehe selber hin und werde Dich mitnehmen,« erwiederte Leontine, »aber –« sie legte den Finger auf den Mund ohne noch ein Wort hinzuzusetzen.

      »O gnädigste Gräfin!« lächelte Dimot verschmitzt, »ich ließe mir ja eher –«

      »Schon gut! schon gut! jetzt geh und laß mich allein!«

      Die Zofe wünschte der Herrin eine geruhsame Nacht und angenehme Träume und verschwand aus dem Gemach.

      Leontine las Egenolfs Brief noch einmal und las ihn auch zum dritten Male. Er lautete:

      Ein zu jedem Ritter- oder Knechtsdienst bereitwilliger, treu ergebener Waidmann legt der holdseligen Waldfee seine Jagdbeute ehrerbietigst unter die Füße und bittet, ihm in Zukunft Alles aufs Wort zu glauben, was immer auch er früher oder später ihr einmal zu sagen haben möge.

      Danach saß sie noch ein Weilchen gedankenvoll auf dem Bett, streichelte, liebkoste förmlich den zottigen, weichen Pelz mit ihren bloßen Füßen, vergrub sie ganz darin. Den Brief aber legte sie unter ihr Kopfkissen. Dann vergegenwärtigte sie sich im Liegen ihre Begegnung mit Egenolf im Walde bis auf alle Einzelnheiten, und mit einem glücklichen Lächeln auf den Lippen versank sie allmählich