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Während der Großen Strafrechtsreform der 1950er und 1960er Jahre wurde die Einführung der Verbandsstrafe im Hinblick auf die soziale Machtstellung der Verbände erneut sehr lebhaft diskutiert. Bereits im September 1953 hatte sich der 40. Deutsche Juristentag eingehend damit befasst, ob es sich empfiehlt, die Strafbarkeit der juristischen Person einzuführen. Das Gutachten, die Referate und die Mehrheit der Teilnehmer lehnten dies ab.[23] Die zeitgenössische, lebhafte Diskussion zeichnete Rudolf Schmitt in seiner 1958 erschienenen Habilitationsschrift „Strafrechtliche Maßnahmen gegen Verbände“ nach.[24] Die Große Strafrechtskommission[25] sprach sich in ihrer 50. Sitzung (5. Dezember 1956) nach einer kontroversen Debatte ebenfalls mehrheitlich gegen eine Verbandsstrafe aus; bei der Endabstimmung votierte dann jedoch die Mehrheit dafür, in den AT zumindest eine Bestimmung aufzunehmen, wonach bei bestimmten Delikten des BT eine „Geldsanktion“ gegen juristische Personen zulässig sein sollte, um ihnen zugeflossene Gewinne und sonstige Vorteile abzunehmen und etwaige, der Allgemeinheit erwachsene Schäden auszugleichen. Später befasste sich der Sonderausschuß des Deutschen Bundestages für die Strafrechtsreform[26]
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In den 1970er Jahren befasste sich die vom Bundesjustizministerium der damaligen sozialliberalen Koalition (SPD/FDP; Brandt) berufene „Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität – Reform des Wirtschaftsstrafrechts“ u.a. mit der Frage der Unternehmenskriminalität. Die Kommission beauftragte Bernd Schünemann mit der Ausarbeitung eines Gutachtens, das 1979 publiziert wurde. Hierin prägte Schünemann zum einen den Begriff der „kriminellen Verbandsattitüde“ als zusammenfassende Bezeichnung für die kriminogenen Einflüsse, die einen einzelnen Mitarbeiter in einer Organisation zur Begehung einer Straftat bringen können.[27] Zum anderen prägte er auch den Begriff der „organisierten Unverantwortlichkeit“, um die drohende Beweisnot des Staates zu charakterisieren, wenn die zur Tatzeit bestehende Verantwortungsverteilung rekonstruiert werden soll.[28] In ihrem Schlussbericht hielt die Kommission an der Sanktionierung von Verbänden und Unternehmen mit Geldbußen (§ 30 OWiG) fest und empfahl lediglich den Ausbau des geltenden Rechts der Sanktionen.[29]
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In den 1980er und 1990er Jahren bekam die Diskussion um die Einführung einer „echten“ Verbandsstrafe neue Nahrung. Der Großbrand bei der Sandoz AG in Schweizerhalle, die Havarie der Exxon Valdez vor Alaska und Embargoverstöße deutscher Firmen während und nach dem Zweiten Golfkrieg stießen auf große öffentliche Aufmerksamkeit und ließen Defizite sichtbar werden.[30] Anfang der 1990er Jahre erachteten mehrere Untersuchungen die Verbandsgeldbuße des § 30 OWiG nicht mehr als ausreichend und gingen überwiegend davon aus, ein Verbandsstrafrecht sei mit dem Schuldgrundsatz vereinbar.[31] Auch auf der Tagung der deutschsprachigen Strafrechtslehrer in Basel Ende Mai 1993 wurde die Unternehmensstrafbarkeit diskutiert.[32] Mitte der 1990er Jahre erarbeitete eine Expertengruppe um Bernd Schünemann im Rahmen des von der Thyssen-Stiftung finanzierten Programms „Deutsche Wiedervereinigung“ den „Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Unternehmenskriminalität“,[33] der als Maßregel eine sog. Unternehmenskuratel vorsah.
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Im Juli 1997 stellte das Land Hessen, geführt von einer rot-grünen Landesregierung (SPD/Grüne; Hans Eichel), einen Diskussionsentwurf[34] vor, der die Aufnahme eines Achten Titels in den AT (Verbandsstrafe und Maßregeln, §§ 76b–76h StGB) vorschlug. Als Sanktion war insb. die Verbandsgeldstrafe vorgesehen, als Maßregeln sollten Weisungen und die treuhänderische Zwangsaufsicht möglich sein. Rund ein Jahr später stellte die 69. Justizministerkonferenz in Rostock-Warnemünde (17./18. Juni 1998) fest, im Hinblick auf die Unternehmenskriminalität und im Einklang mit der Entwicklung im Ausland und bei internationalen Rechtsinstrumenten bestehe die Notwendigkeit, die Sanktionsmöglichkeiten zu verbessern.[35] Bereits am 9. Juli 1998 präsentierte das Land Hessen einen Entschließungsantrag „zur Einführung strafrechtlicher Verantwortlichkeit für juristische Personen und Personenvereinigungen“ (BR-Drs. 690/98), der rund 11 Monate später, am 8. Juni 1999, durch die neue schwarz-gelbe Landesregierung (CDU/FDP; Roland Koch) zurückgenommen wurde (BR-Drs. 385/99).
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Im Januar 1998 setzte der damalige, einer schwarz-gelben Koalition (CDU/CSU/FDP; Helmut Kohl) angehörende Bundesjustizminister Schmidt-Jortzig (FDP) eine Kommission zur Reform des strafrechtlichen Sanktionensystems ein, die aus Vertretern der Wissenschaft und Praxis, des Bundesjustizministeriums und der Justizverwaltungen der Länder bestand. Vorausgegangen war u.a. eine Große Anfrage der SPD-Fraktion zur „Besonderen Verantwortlichkeit von Unternehmen“ (BT-Drs. 13/9682). Bereits die vorbereitende Arbeitsgruppe[36] stand der Einführung der Verbandsstrafe skeptisch gegenüber und bezeichnete sie als „Weg in ein anderes Strafrecht“, das „vielschichtige Probleme in verfassungsrechtlicher, strafrechtlicher und strafverfahrensrechtlicher Hinsicht“ aufwerfe. Auf ihrer Sitzung am 29./30. November 1999[37] sprach sich die Kommission dann mit großer Mehrheit gegen
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In den 2010er Jahren ist die Diskussion neu entbrannt. Verantwortlich hierfür dürfte nicht nur sein, dass mittlerweile fast alle EU-Staaten ein Verbands- bzw. Unternehmensstrafrecht eingeführt haben (Rn. 130), sondern auch, dass Großverfahren die Grenzen des bisherigen Systems aufzeigten und insb. die strafrechtliche Aufarbeitung der schweren Finanzkrise der Jahre 2008/09 als unbefriedigend angesehen wurde.[38] Im November 2011 befasste sich das 4. ECLE-Symposium[39] mit dem „Unternehmensstrafrecht“. Auf der Herbstkonferenz der Justizministerinnen und Justizminister am 15. November 2012[40] wurde erörtert, ob die Verhängung von Geldbußen „noch ausreicht“ und „noch zeitgemäß“ ist. Im April 2013 stellte die SPD-Fraktion im Bundestag den Antrag „Wirtschaftskriminalität