6.2.3 Standardisierungskooperationen
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Vereinbarungen über Normen oder Standardisierungen sind weit verbreitet und werden oft unterhalb des „Radars“ der Rechtsabteilung geschlossen, da sie sich allein auf die technische Zusammenarbeit beziehen und von den beteiligten Unternehmen stets nur unter dem Stichwort der positiven und effizienzfördernden Zusammenarbeit gesehen werden. Sie spielen insbesondere auf Verbandsebene eine besondere Rolle.
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Auch die Kartellbehörden erkennen die positiven Wirkungen solcher Kooperationen grundsätzlich an.185 Unter Compliance-Gesichtspunkten sind diese Vereinbarungen jedoch schon deshalb im Auge zu behalten, weil stets sichergestellt sein muss, dass die handelnden Mitarbeiter die Grenzen des zulässigen Informationsaustausches kennen.
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Darüber hinaus hält die Kommission in den Horizontal-Leitlinien fest, dass eine wettbewerbsbeschränkende Wirkung eines Normungs- oder Standardisierungsprozesses nur dann ausgeschlossen werden kann, wenn die Möglichkeit der uneingeschränkten Mitwirkung am Prozess gegeben, der Prozess transparent gestaltet und der effektive Zugang zur Norm/dem Standard unter fairen, zumutbaren und diskriminierungsfreien Bedingungen gewährleistet wird.186
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In diesem Zusammenhang ist insbesondere darauf zu achten, ob der Prozess nur ein „Deckmantel“ ist, um sich gegen unliebsame Wettbewerber abzusetzen. Eine weitere Gefahr besteht in sog. Patentfallen. Hier wird die Technologie eines Unternehmens zum Standard erhoben, ohne dass dieses seine IP-Rechte zuvor offengelegt hat. Eine klare Kommunikation existierender Schutzrechte sowie die Abgabe einer sog. FRAND-Erklärung187 können kartellrechtswidrige Bedenken beseitigen.
127 Siehe dazu bei Rechtsfolgen unter Rn. B 69ff. 128 Siehe z.B. BKartA, Informationsbroschüre „Erfolgreiche Kartellverfolgung“, abrufbar unter www.bundeskartellamt.de. 129 Siehe dazu unter Rn. B 153ff. 130 Das GWB geht – anders als das europäische Kartellrecht – von einem relativen Begriff des kleinen und mittleren Unternehmens (KMU) aus, der sich weniger an den Konzernumsätzen als vielmehr an der Größe der Wettbewerber und sonstigen Marktteilnehmer orientiert. Ein KMU liegt zumindest dann vor, wenn ein Unternehmen weniger als EUR 25 Mio. Gesamtumsatz (einschließlich Konzernunternehmen) erzielt, Bechtold/Bosch, GWB, 9. Aufl. 2018, § 20 Rn. 9f., § 3 Rn. 11. 131 Siehe Merkblatt des Bundeskartellamtes über Kooperationsmöglichkeiten für kleine und mittlere Unternehmen, März 2007, abrufbar unter www.bundeskartellamt.de. 132 Weiterführend Ellger/Fuchs, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, Bd. 2/GWB, 6. Aufl. 2020, § 3 Rn. 35ff. 133 Siehe dazu Rn. B 34. 134 Horizontal-Leitlinien, Rn. 61, mit Verweis auf EuGH, Rs. C-7/95, Rn. 87 (John Deere). 135 So in dem von der Kommission geahndeten Logistik-Kartell (2012). 136 So das von der Kommission geahndete Kartell im Bereich Bildröhren (2012). 137 So das vom Bundeskartellamt geahndete Kartell gegen Kaffeeröster (2009). 138 So die vom Bundeskartellamt geahndete Schlossrunde im Bereich Luxuskosmetika (2008). 139 So das vom Bundeskartellamt geahndete Schienen-Kartell (2012). 140 So das von der Kommission 2019 geahndete Kartell gegen Großbanken betreffend den Devisenhandel. 141 Siehe z.B. die vom Bundeskartellamt geahndeten Kartelle gegen Kaffeeröster (2009), Hersteller von Drogerieartikeln (2009 und 2013), Hersteller von Brillengläsern (2010), Stahl (2018) oder die von der Kommission geahndeten Kartelle gegen Hersteller von Badezimmerausstattungen (2010), Waschmitteln (2011), Fensterbeschläge (2012). 142 Komm., Pressemitteilung v. 5.12.2012, IP/12/1317. 143 BKartA, Pressemitteilung v. 13.1.2020. 144 Komm., Pressemitteilung v. 23.1.2013, IP/13/39. Die 116 Seiten lange Entscheidung ist auf der Webseite der Kommission veröffentlicht (AT. 39839). 145 Die Kommission muss das Bußgeld nach der Entscheidung des EuGH v. 13.12.2017 in Rs. C-487/16 P jedoch neu bestimmen. 146 Ausführlicher zum Informationsaustausch z.B. Dreher/Hoffmann, WuW 2011, 1181ff.; Auf’mkolk, WuW 2011, 699ff., Ewald, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts, 4. Aufl. 2020, § 7 Rn. 97. 147 Horizontal-Leitlinien, Rn. 62. 148 Horizontal-Leitlinien, Rn. 62. 149 Horizontal-Leitlinien, Rn. 62. 150 EuGH, Urt. v. 4.6.2009, Rs. C-8/08, Slg. 2009, I-4529 (T-Mobile Netherlands BV). 151 Autoriteit Consument en Markt, Pressemitteilung v. 27.9.2004. 152 EuGH, Urt. v. 4.6.2009, Rs. C-8/08, Slg. 2009, I-4529, Rn. 61, 62 (T-Mobile Netherlands BV). 153 Komm., Pressemitteilung v. 16.5.2019, IP 19/2568. 154 Siehe dazu bereits das Beispiel oben unter Rn. B 125. 155 Z.B. Bußgeld gegen Fernsehstudiobetreiber in Höhe von EUR 3,1 Mio., Pressemitteilung v. 27.7.2016; Bußgelder gegen Hersteller von Wärmeabschirmblechen in Höhe von insges. EUR 9,6 Mio., Fallbericht v. 18.8.2017, Az. B 12 16/13; Bußgeld gegen Nestlé Deutschland in Höhe von EUR 20 Mio., Pressemitteilung v. 27.3.2013; Bußgelder gegen sechs Hersteller von Marken-Drogerieartikeln in Höhe von EUR 39 Mio., Pressemitteilung v. 18.3.2013; Bußgelder gegen elf Markenhersteller von Süßwaren in Höhe von EUR 60,8 Mio. für Preisabsprachen und unzulässigen Informationsaustausch, Pressemitteilung v. 31.1.2013. 156 Horizontal-Leitlinien, Rn. 86. 157 Horizontal-Leitlinien, Rn. 93. 158 Horizontal-Leitlinien, Rn. 89–93. 159 Siehe z.B. die Verpflichtungszusage der Lufthansa gegenüber dem Bundeskartellamt wegen unzulässiger Rabatte für Firmenkunden, die der Lufthansa zur Umsatzrückvergütung ihrer Gesamtumsätze mit einer bestimmten Kreditkarte abgewickelte Flüge, einschließlich der Flüge mit Lufthansa-Konkurrenten, offenlegen mussten, BKartA, Pressemitteilung v. 1.12.2012.