Compliance-Handbuch
Kartellrecht
Herausgegeben von
Dr. Jörg-Martin Schultze, LL.M. (SMU Dallas)
Rechtsanwalt, Frankfurt am Main
Bearbeitet von
Josefa Billinger, LL.B./LL.M. (Glasgow);
Dr. Johanna Kübler;
Isabel Oest, LL.M. (UNSW Sydney);
Dr. Stephanie Pautke, LL.M. (Stellenbosch);
Dr. Jörg-Martin Schultze, LL.M. (SMU Dallas);
Dr. Dominique S. Wagener, LL.M. (NYU);
Christoph Weinert, LL.M. (Wellington)
2., umfassend überarbeitete und aktualisierte Auflage 2021
Fachmedien Recht und Wirtschaft | dfv Mediengruppe | Frankfurt am Main
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN: 978-3-8005-1749-7
© 2021 Deutscher Fachverlag GmbH, Fachmedien Recht und Wirtschaft, Frankfurt am Main
www.ruw.de
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Druckvorstufe: Lichtsatz Michael Glaese GmbH, 69502 Hemsbach
Druck und Verarbeitung: Beltz Bad Langensalza GmbH, 99947 Bad Langensalza
Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier, hergestellt aus chlorfrei gebleichtem Zellstoff (TCF-Norm)
Printed in Germany
Vorwort
Seit Erscheinen des Compliance-Handbuchs Kartellrecht Ende 2013 hat sich viel getan, Kartellrechts-Compliance ist erwachsen geworden und wird im allgemeinen Sprachgebrauch bis zum Buchtitel hin schon häufig sinnentstellend zu „Kartell Compliance“ verkürzt.
Die vorliegende 2. Auflage bringt das Handbuch auf den aktuellen Rechtsstand nach der 10. GWB-Novelle, setzt aber trotz einer Vielzahl interessanter Rechtsentwicklungen den Fokus nach wie vor auf vorbeugende praktische Compliance-Tätigkeit. Genau aus diesem Grund wird das Handbuch jetzt mit Ausführungen zur Compliance-Defense eröffnet, durch die insbesondere angemessene und wirksame Vorbeugemaßnahmen entlastend berücksichtigt werden müssen, wenn es dennoch zu einem Kartellrechts-Verstoß gekommen ist. Anschließend werden konzise alle kartellrechtlich relevanten Sachverhalte zusammengefasst, die es im Rahmen der Compliance zu verhindern gilt, bevor detailliert die Compliance-Umsetzung und das Krisenmanagement beschrieben werden.
Mein Dank geht an die Mit-Autoren des Handbuchs, das sind unverändert Dominique Wagener, Stephanie Pautke, Johanna Kübler, Isabel Oest, Christoph Weinert und Josefa Billinger (in der Vorauflage noch Peter), die alle in der ausschließlich auf das Kartellrecht spezialisierten Kanzlei COMMEO tätig sind.
Frankfurt am Main, im Juli 2021
Der Herausgeber
Einleitung
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Kartellrecht ist ein Rechtsgebiet, das schon seit Jahren einen Spitzenplatz bei den Compliance-Bemühungen von Unternehmen einnimmt. Grund dafür sind vor allem die spektakulär hohen Bußgelder, die national wie international für Kartellrechtsverstöße quer durch alle Branchen verhängt werden. Zudem haben Schadensersatzforderungen vonseiten der Kunden oder Wettbewerber gegen Unternehmen, die in kartellrechtswidrige Praktiken involviert waren, immense Bedeutung erlangt.
2
Neben den hohen finanziellen Belastungen droht Unternehmen, die gegen Kartellrechtsregeln verstoßen, ein erheblicher Reputationsverlust, der sich insbesondere bei börsennotierten Unternehmen unmittelbar im Unternehmenswert niederschlägt. Hinzu kommen nichtige Vertragsbestimmungen, langwierige Behörden- oder Gerichtsverfahren und nicht zuletzt arbeitsrechtliche Konsequenzen für die handelnden Mitarbeiter. Aus Unternehmenssicht lassen sich diese Gefahren auf einen einfachen Nenner bringen: Die Einhaltung kartellrechtlicher Regeln darf nicht dem Zufall überlassen werden. Oder, um es mit dem prägnanten Satz zu sagen, der gerade im Hinblick auf die Einhaltung kartellrechtlicher Regeln nicht treffender formuliert sein könnte:
„You think compliance is expensive – try non-compliance.“
3
Was bedeutet „Compliance“ eigentlich genau? Die juristische Auslegung beginnt mit dem Wortsinn, sodass zunächst einmal auf die wörtliche Übersetzung abzustellen ist. Compliance bedeutet im hier gebrauchten Zusammenhang „Befolgung“, „Einhaltung“, „Erfüllung“ und „Ordnungsmäßigkeit“ von oder im Sinne von gesetzlichen Regelungen.1 Mit Compliance ist die Einhaltung von Rechtsvorschriften gemeint. Wenn wir von Kartellrechts-Compliance sprechen, meinen wir also in einem ersten Schritt die Einhaltung der kartellrechtlichen Vorschriften.
4
Wenn die Einhaltung von kartellrechtlichen Vorschriften jedoch alles wäre, dann würde Compliance nur den allgemeinen Legalitätsgrundsatz beschreiben2 und dann hätten diejenigen Recht, die Compliance nur als modernes Wort für etwas sehen, was es schon immer gab.3 Compliance muss also im Zusammenhang mit der Führung und Organisation von Unternehmen mehr bedeuten als nur den Hinweis auf die Befolgung von Rechtsvorschriften.
5
Warum sprechen wir, wenn wir die Einhaltung der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften meinen, nicht von „Straßenverkehrsrechts-Compliance“? Warum sprechen wir nicht von „Arbeitsrechts-Compliance“, warum nicht von „Steuerrechts-Compliance“, sondern nutzen für den letzteren Bereich immer noch den altertümlichen Begriff von der „Steuerehrlichkeit“? Möglicherweise liegt dies einfach daran, dass es hinsichtlich des Straßenverkehrsrechts, des Arbeitsrechts und des Steuerrechts für jeden selbstverständlich ist, dass es – wie alle Rechtsvorschriften – befolgt werden muss und Verstöße nachteilige Konsequenzen nach sich ziehen. Und es gibt weitere Unterschiede:
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So müssen wir, bevor wir uns mit einem Kraftfahrzeug im Straßenverkehr bewegen dürfen, einen Führerschein erwerben. Diesen bekommen wir nur nach praktischer und theoretischer Ausbildung. Die Theorie ist geprägt von einer Vermittlung der Rechtsregeln für den Straßenverkehr. Wer am Straßenverkehr teilnimmt, hat sich also (mindestens) einmal im Leben grundlegend mit dessen Regeln und Rechtsvorschriften vertraut gemacht und kann dann auch guten Gewissens für Verstöße in Anspruch genommen werden.4 Mit der Kartellrechts-Compliance ist das völlig anders: Wer am Geschäftsverkehr teilnehmen will, muss dafür keinen Führerschein erwerben und er muss sich auch nicht durch Theorie-Stunden quälen. Trotzdem wird erwartet, dass er sich an die für den Geschäftsverkehr geltenden Regeln hält. Und wenn er sich nicht daran hält, gibt es Bußgelder – wie im Straßenverkehr, nur höher.
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Im Arbeitsrecht geht es um die Regelung des Verhältnisses des Unternehmens zu seinen Mitarbeitern. Die Einhaltung der entsprechenden Vorschriften kann durch spezialisierte Mitarbeiter sichergestellt werden. Der einzelne ist vom Arbeitsrecht grundsätzlich nur für sich selbst betroffen. Und wenn alles gut läuft, nimmt er es nur geräuschlos im Hintergrund wahr.
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