Anders ist dies bei Sachverhalten zu sehen, die außerhalb der Erfüllung oder der Mängelhaftung liegen. Auch eine Anfechtung wegen Irrtums über die Abnahmereife {Abnahmereife} kann nicht durchgehen, wenn der Auftraggeber die Abnahme erklärt, obgleich eine abnahmereife Leistung nicht vorliegt.
Hinweis | |
Rechtsprechung: Lediglich in Einzelfällen ist eine Anfechtung der rechtsgeschäftlichen Abnahme {Abnahme, rechtsgeschäftliche} möglich. So hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 04.11.1982, Az. VII ZR 11/82, entschieden, dass eine Abnahme, die unter einer widerrechtlichen Drohung erklärt wurde, grundsätzlich angefochten werden kann. Im zitierten Fall hat der BGH die Anfechtung allerdings im Endeffekt doch nicht durchgreifen lassen. Folgender Fall lag zugrunde: Der Bauherr hat ein Abnahmeprotokoll unterzeichnet, in dem das Gebäude als „bezugsfertig“ bezeichnet wurde und Mängel nicht enthalten waren. Zuvor hatte der Auftragnehmer dem Auftraggeber den Einzug verweigert, weil die Abnahme nicht erklärt wurde. Der Bundesgerichtshof hat die Anfechtung für unwirksam erklärt, da die vom Geschäftsführer der Beklagten mit der Drohung bezweckte Abnahme des Hauses durch den Kläger keinen Verstoß gegen die Rechtsordnung darstelle. Weder sei das dabei verwendete Nötigungsmittel – die Verweigerung des Einzugs in das Haus – rechtswidrig, noch sei das Nötigungsmittel im Verhältnis zum erstrebten Zweck unangemessen gewesen. |
{Anordnungsrecht}
Auch nach Abschluss des Bauvertrags hat der Auftraggeber die Möglichkeit, den Auftragsumfang sowie den Bauablauf zu beeinflussen. Die VOB/B sieht ein Anordnungsrecht des Auftraggebers bereits seit geraumer Zeit vor. Im BGB ist dies erst mit dem neuen Bauvertragsrechts zum 01.01.2018 eingeführt worden. Davor galt im BGB-Bauvertrag „pacta sunt servanda“.
VOB/B-Vertrag
Gemäß § 1 Abs. 3 und 4 VOB/B hat der Auftraggeber das Recht, geänderte und zusätzliche Leistungen anzuordnen. Er kann diese Anordnung einseitig vornehmen und durchsetzen. Ein solches Anordnungsrecht {Anordnungsrecht} war dem BGB vor dem 01.01.2018 nicht bekannt. Seit dem 01.01.2018 ist ein solches Anordnungsrecht in § 650b BGB geregelt.
Gemäß § 2 Abs. 5 und 6 VOB/B sind die vereinbarten Preise aufgrund geänderter und zusätzlicher Leistungen anzupassen. Der Auftragnehmer muss mithin eine geänderte oder zusätzliche Leistung selbstverständlich nicht vergütungsfrei erbringen. Er kann hierfür eine zusätzliche Vergütung verlangen. Er muss hier einen entsprechenden Preis aus der Urkalkulation – der Kalkulation, die er seinen Vertragspreisen zugrunde gelegt hat – entwickeln.
Wichtig ist die Unterscheidung zwischen geänderten und zusätzlichen Leistungen {Leistung, zusätzliche} deshalb, weil der Auftragnehmer seinen Anspruch auf Mehrvergütung {Mehrvergütung, Anspruch auf} im Falle der Anordnung einer zusätzlichen Leistung durch den Auftraggeber vor Leistungserbringung zwingend ankündigen muss. Anders ist es lediglich bei Anordnungen, die keine zusätzlichen Leistungen sind oder den Bauentwurf nicht ändert. Keiner Ankündigung des Anspruchs auf Mehrvergütung bedarf es bei der Anordnung von Baueinstellung und Arbeitsunterbrechung durch den Auftraggeber, da hier lediglich Rahmenbedingungen geändert werden, die nicht im Risikobereich des Auftragnehmers liegen. Eine solche Änderung liegt auch dann vor, wenn der im Vertrag vorgesehene Aufzug nicht für den Materialtransport verwendet werden kann und deshalb vom Auftraggeber angeordnet wird, das Material anders zu transportieren, etwa über die Treppe. Hier bedarf es keiner ausdrücklichen Ankündigung der Mehrvergütung. Gegebenenfalls ist Behinderung anzumelden. Auch eine Vergütung für die Mehrung der vertraglich vereinbarten Leistungspositionen ist anzukündigen – vor Ausführung der zusätzlichen Leistungen –, wenn der Auftraggeber eine Mehrung der vertraglich vereinbarten Leistungspositionen verlangt. Der Auftraggeber verlangt in diesem Fall mehr als ursprünglich vereinbart, also eine zusätzliche Leistung. Das Anordnungsrecht betrifft mithin Änderungen des Bauentwurfs, nicht die Änderung der Bauumstände.
Der Auftraggeber darf geänderte oder zusätzliche Leistungen {Leistung, geänderte} anordnen. Das Anordnungsrecht bezieht sich nicht auf andere als die vertraglich vereinbarten oder sogar neue selbstständige Leistungen. Derartige Anordnungen braucht der Auftragnehmer nicht auszuführen.
Liegt keine zusätzliche Leistung vor, so soll ein neuer Preis vor Ausführung der Arbeiten vereinbart werden. Die vorherige Vereinbarung ist mithin nicht Voraussetzung für die spätere Geltendmachung der Vergütung. Anders ist dies bei zusätzlichen Leistungen. Eine Ausnahme besteht dann, wenn ein Notfall die unverzügliche Ausführung der Arbeiten notwendig macht. Grundsätzlich – und dies ist bei dem Auftragnehmer auch anzuraten – sollte vor Ausführung der Arbeiten über die zusätzliche Vergütung eine Einigung erzielt werden. Dies hilft, Streitigkeiten zu vermeiden.
Dem Auftragnehmer ist anzuraten, seine Mehrvergütungsansprüche {Mehrvergütung, Ankündigung} grundsätzlich anzukündigen – und zwar vor Ausführung der Arbeiten –, insbesondere dann, wenn nicht eindeutig ist, ob es sich um eine geänderte oder zusätzliche Leistung handelt. Der Auftragnehmer ist dann stets auf der sicheren Seite. Er sollte dies auch schriftlich tun, um spätere Beweisprobleme zu vermeiden.
BGB-Vertrag
Seit dem 01.01.2018 ist auch im BGB-Werkvertrag ein Anordnungsrecht {Anordnungsrecht} des Auftraggebers enthalten. Hiernach kann der Auftraggeber eine Änderung des Werkerfolgs anordnen oder eine Anordnung treffen, die zur Erreichung des Werkerfolgs erforderlich ist.
Die Parteien sollen hier – vor Ausführung der Arbeiten – Einvernehmen über die Mehr- oder Mindervergütung erzielen, wobei der Auftragnehmer verpflichtet ist, ein Angebot über die Leistung nebst Mehr- oder Mindervergütung zu erstellen. Dies gilt – selbstverständlich – nicht, wenn ihm die Änderung der Werkleistung (§ 650b Abs. 1 Ziff. 1 BGB (2018)) unzumutbar ist.
Ist der Auftraggeber für die Planung verantwortlich, muss er dem Auftragnehmer die entsprechenden Planungen zur Verfügung stellen. Ansonsten ist der Auftragnehmer nicht verpflichtet, ein entsprechendes Angebot vorzulegen. Macht der Auftragnehmer betriebsinterne Gründe für die Unzumutbarkeit der Vertragsänderung verantwortlich, muss er diese auch nachweisen.
Führen die Vertragsparteien Verhandlungen, so gilt die Einigung als nicht erzielt, wenn spätestens 30 Tage nach Zugang des Angebots keine abschließende Einigung vorliegt. In diesem Fall kann der Auftraggeber die Ausführung der Leistung anordnen (§ 650b Abs. 3 BGB (2018)).
Die aus der Anordnung resultierende Vergütungsanpassung {Vergütungsanpassung} ist in § 650c BGB (2018) geregelt. Demnach kann der Auftragnehmer die tatsächlich entstehenden Kosten nebst Zuschlägen für allgemeine Geschäftskosten, Wagnis und Gewinn verlangen. Er kann hierbei auf seine Urkalkulation oder auf die vereinbarungsgemäß hinterlegte Urkalkulation zurückgreifen, wobei vermutet wird, dass die auf Basis der Urkalkulation fortgeschriebene Vergütung der auf Grundlage der tatsächlichen Kosten ermittelten Vergütung entspricht.
Arbeiten an Bauwerken und anderen Werken als Bauwerken
{Arbeiten an Bauwerken}
Vor Inkrafttreten der VOB/B 2006 fand eine Unterscheidung zwischen Arbeiten an einem Bauwerk und Arbeiten an einem Grundstück statt. Diese Unterscheidung ist seit Inkrafttreten der VOB/B 2006 weggefallen. Die Verjährungsfrist {Verjährungsfrist} für Arbeiten an Bauwerken ist in § 13 Abs. 4 Nr. 1 VOB/B geregelt. Sie beträgt vier Jahre, gerechnet ab dem Zeitpunkt der