Die Versicherungsaufsicht nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) dient einerseits dem Schutz der Versicherungsnehmer und von der Versicherung Begünstigten und andererseits zumindest herkömmlich dem Schutz der sog. Wirtschaftsfunktion der Versicherung.652 Nach hergebrachtem Verständnis soll die Versicherungsaufsicht im Sinne einer Fürsorge für ein möglichst gutes Funktionieren des Versicherungswesens sorgen (Strukturtheorie). Dem ist als modernerer Ansatz das Bedürfnis gegenübergestellt worden, dort einzugreifen, wo ein freier Wettbewerb nicht notwendig zur optimalen Versorgung mit Versicherungsschutz führt (allokationstheoretische Begründung).653 Beide Ansätze dürften sich allerdings insofern überschneiden, als auch die Fürsorge für ein gutes Versicherungswesen ein Aufsichtshandeln gerade dort zu rechtfertigen vermag, wo der Wettbewerb einen nach Maßgabe des Gesetzgebers optimalen Versicherungsschutz nicht sicherstellen kann. Als weitere, wenngleich nachrangige Ziele der heutigen Versicherungsaufsicht werden die Wahrung der Integrität des Finanzsystems und die Vermeidung prozyklischer Effekte genannt.654 Hinzu treten die nach dem EU-Recht auch für die Mitgliedstaaten maßgebenden Ziele wie z.B. der Schutz des Binnenmarkts und ein allgemeines Diskriminierungsverbot sowie Ziele der Verbraucherpolitik.655
Kaum über das EU-Recht hinausgehende Schutzgüter finden sich hingegen im Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB), das die zentralen Vorschriften der deutschen Fondsregulierung enthält. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll das Gesetz die Vorgaben des EU-Rechts zur Umsetzung der G 20-Beschlüsse im deutschen Recht umsetzen, zur Verwirklichung des europäischen Binnenmarktes im Investmentfondsbereich beitragen und einen hohen Schutzstandard für Anleger sicherstellen.656 Ergänzende Funktionen für den Bank-, Versicherungs- und Fondsvertrieb hat schließlich das Gewerbeordnungsrecht, das im Anlegerinteresse die Zuverlässigkeit von Anlagenvermittlern u.ä. gewährleisten soll.657
Das Börsengesetz als zentraler Regelungsrahmen für den Börsenbetrieb ist lange im Wesentlichen unverändert geblieben, insbesondere ab 2002 aber zunehmend häufig geändert worden.658 Als Hauptziel wird die staatliche Aufgabe gesehen, den Marktteilnehmern gut organisierte (= funktionsfähige) Handelsplattformen anzubieten. Dabei geht es insbesondere darum, den Marktteilnehmern eine Möglichkeit zu geben, auf dem Handelsplatz ihre Kapital- bzw. Transaktionskosten möglichst niedrig zu halten.659 Weitergehend wird angenommen, dass die Börsenregulierung auch dem (kollektiven) Anlegerschutz zugute kommen soll, d.h. dem Vertrauen der Anleger in die Fairness, Integrität und Ordnungsmäßigkeit des Börsenhandels.660 In jedem Falle geht es zwar um die Regelung der Organisation der Markteinrichtung und nicht um ausschließlich vertriebs- bzw. kapitalmarktbezogene Fragen.661 Allerdings ist nicht zu verkennen, dass der Schutz der Funktionsfähigkeit des Börsenhandels auch der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes als solcher und den darüber hinausgehenden Schutzzielen (z.B. Anlegerschutz) zugute kommt und beides schwerlich zu trennen ist.662
In Bezug auf Zentralverwahrstellen (Verwahrer) enthält das Depotgesetz die maßgeblichen Regelungen über die Verwahrung von Wertpapieren und die Übertragung von Miteigentum an verwahrten Sammelbeständen.663 Das Gesetz ergänzt die Verordnung 909/2014 und hat zum Ziel, Bankkunden, die gesetzlich erfasste Wertpapiergeschäfte betreiben, die Möglichkeit zu geben, durch Einschaltung eines Verwahrers insbesondere Verwahrrisiken auszuschließen.664
Die Notwendigkeit einer aufsichtsrechtlichen Gefahrenabwehr leuchtet bei Marktplatzbetreibern (z.B. Börsen) und anderen zentralen Infrastrukturen (z.B. Zentralverwahrstellen) unmittelbar ein. Denn die Stabilität und Funktionsfähigkeit solcher Infrastrukturen muss auch für den Fall turbulenter Marktentwicklungen gewährleistet werden. Dennoch gibt es im nationalen Recht erst seit Kurzem eine besondere Regulierung zu Zentralen Gegenparteien und Transaktionsregistern.
c) Marktbezogene Aufsicht
Zu den zuvor genannten Aufsichtsbereichen, welche die Stabilität und Funktionsfähigkeit von Finanzintermediären und bestimmten Finanzmarktinfrastrukturen gewährleisten sollen, tritt aufgrund der europäischen Regulierung zunehmend eine Aufsicht, die sich auf den Schutz der Finanzmärkte und damit zusammenhängende Aspekte des Anlegerschutzes bezieht.665
Bei diesen Regelungen ist insgesamt, wie schon gesagt, häufig weniger eindeutig, ob und inwiefern es sich um Ordnungsrecht handelt oder nicht teilweise eher um ein besonderes Privatrecht, das Vorschriften an erster Stelle für die Marktteilnehmer selbst enthält. Das trifft insbesondere für die Regelungen zum Wertpapier- und Kapitalmarkthandel zu. Dennoch dienen diese Regelungen nicht nur der Durchsetzung individueller Schutzinteressen, sondern haben darüber hinausgehend auch eine gewisse ordnungsrechtliche Schutzfunktion. So soll etwa das deutsche Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) die Kapitalmarktordnung in markt- und vertriebsbezogener Hinsicht schützen, damit hierdurch das Anlegervertrauen in die Marktintegrität gestärkt, der Internationalisierung des Börsengeschäfts Rechnung getragen und die Attraktivität des deutschen Finanzplatzes erhöht wird.666
Eine Reihe weiterer Gesetze und Verordnungen dient einem ergänzenden Schutz. Hervorzuheben ist im vorliegenden Zusammenhang insbesondere das Wertpapierprospektgesetz (WpPG), das den Anlegerschutz durch ausführlichere Informationsmöglichkeiten verbessern soll.667 Außerdem ist auf das Wertpapierübernahmegesetz (WpÜG) zu verweisen, durch das Anleger vor Informationsdefiziten bei öffentlichen Erwerbsangeboten geschützt werden sollen.668
590 Der Umfang dieser Selbstbindung der Gipfelbeteiligten bleibt allerdings fraglich; vgl. Krajewski, Wirtschaftsvölkerrecht, 4. Auf. 2017, Rz. 90, 790f., 794. 591 Siehe Thiele (Fn. 570), S. 534ff., 552ff. zur Rolle der G 20 bzw. zur Kooperation nationaler Aufsichtsbehörden bei der Standardsetzung im Basler Ausschuss, IOSCO, IAIS, CPSS und IASB. 592 Die Erklärungen sind abrufbar unter: https://www.g20.org/en/g20/previous-summits und https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/EN/Standardartikel/Topics/Featured/G20/G20-Finance-Track-Documents.html (allerdings teilweise nicht völlig deckungsgleich). 593 G 20, Declaration at the Summit on financial markets and the world economy, 15. November 2008; abrufbar: https://www.g20.org/profiles/g20/modules/custom/g20_beverly/img/timeline/Washington/G20-declaration-washington-2008-en.pdf, Tz. 2: „market principles, open trade and investment regimes, and effectively regulated financial markets foster the dynamism, innovation, and entrepreneurship that are essential for economic growth, employment, and poverty reduction““ (eigene Übersetzung des englischsprachigen Originaltextes). 594 G 20, Declaration at the Summit on financial markets and the world economy, 15. November 2008 (Fn. 593), Tz. 3: „[M]arket participants sought higher yields without an adequate appreciation of the risks and failed to exercise proper due diligence. At the same time, weak underwriting standards, unsound risk management practices, increasingly complex and opaque financial products, and consequent excessive leverage combined to create vulnerabilities in the system. Policy-makers, regulators and supervisors, in some advanced countries, did not adequately appreciate and address the risks building up in financial markets, keep pace with financial innovation,