Himmel (jetzt reicht's aber). Andrea Ross. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Andrea Ross
Издательство: Автор
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Год издания: 0
isbn: 9783967525328
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viel genauer, als Sie denken – und zweitens arbeite ich bereits selbst mit Hochdruck an meiner Rettung. Womit ich jetzt auch gerne gleich weitermachen würde. Also, tschüs dann – vielleicht sehen wir uns eines Tages in Prag!« Nach diesem Satz schloss Stephen die Tür direkt vor Silvias und Marias Nasen und ging kopfschüttelnd zurück ins Haus. Was wussten die schon!

      Draußen vor dem Tor hielten die beiden Frauen die nächste Lagebesprechung. »Siehst du?« Maria lächelte milde, strich Silvia über das Haar. »Ich habe es dir ja gesagt. An reiche Leute kommt man so gut wie gar nicht heran. Die wollen einfach so weiterleben, als könnten sie sich mit ihrem ganzen irdischen Reichtum selbst vom jüngsten Gericht freikaufen.«

      Doch Silvia war gar nicht enttäuscht. »Nein, Maria, das glaube ich nicht! Hast du nicht in seine Augen gesehen? Dieser Junge weiß etwas, glaubt an etwas. Was meinte er eigentlich mit »wir sehen uns vielleicht in Prag«?«

      Die Ältere wurde ungeduldig. Manchmal gingen ihr die Unbekümmertheit und der traumtänzerische Leichtsinn der jüngeren Mitglieder ziemlich auf die Nerven. Vielleicht beneidete sie diese aber auch nur um ihren noch ungetrübten Enthusiasmus.

      »Silvia, du brauchst nichts hineininterpretieren, um deine Enttäuschung zu verbergen. Wir können hier nichts ausrichten, das musst du akzeptieren lernen! Man soll eben keine Perlen vor die Säue werfen«, schalte sie. »Komm, wir gehen weiter, andere sind hoffentlich empfänglicher für unsere Botschaft.«

      Silvia warf über ihre Schulter einen letzten verstohlenen Blick zurück auf die Villa. Und sie hatte DOCH richtig gesehen, da war sie sich ganz sicher! Der Junge wusste etwas … und überdies gefiel er ihr ausnehmend gut.

      * * *

      »Ach, Annika – klar helfe ich dir! Du kannst dich auf mich verlassen, ich gehe jetzt gleich hinein zu ihm. Man kann ja wirklich einmal etwas vergessen, ist doch kein Beinbruch! Unser neuer Chef ist halt nervös und reagiert ein bisschen über zurzeit! Nimm dir das bitte nicht so zu Herzen. Wir sind doch ein Team, oder?« Annika schluckte die nun überflüssig gewordenen KrokodilsTränen hinunter. »Ja, danke, aber du darfst Mühlenstein unter keinen Umständen verraten, dass du die Info von MIR hast, versprochen? Das ist ganz wichtig, schwöre es mir!«

      Elisabeth Maier kam der Aufforderung aufgeregt nach; dass ausgerechnet SIE die Vertraute der Chefsekretärin werden sollte, das war schon was! Bisher hatte Annika Hugler sie nicht einmal wahrgenommen, nicht einmal dann, wenn sie deren Arbeit erledigte. Ohne vom Computerbildschirm aufzusehen, murmelte sie in solchen Fällen ein unwirsches »danke«, wenn sie ihr die fertigen Schriftstücke sorgsam auf den Tisch legte. Vermutlich gab sie die Arbeit danach regelmäßig als ihre eigene aus und schmückte sich mit fremden Federn.

      Und nun das – vielleicht hatte sie Annika die ganze Zeit Unrecht getan, am Ende war sie doch nicht ganz so übel, wie Elisabeth geglaubt hatte.

      Während die Maier zielstrebig zu Mühlensteins Thronsaal eilte, um ihr Versprechen auf der Stelle einzulösen, trat Annika Hugler ans Fenster neben ihrem Schreibtisch, sah hinunter auf die Straße. Ha, nun würde es nicht mehr lange dauern, und sie wäre rehabilitiert. Der Zweck heiligte die Mittel, und Bauernopfer waren durchaus üblich auf dieser Welt; ein legales Mittel, um seine Ziele zu erreichen.

      Annika verzog ihren schönen Mund zu einem hämischen Grinsen, während sich ihre Augen zu geradezu dämonischen Schlitzen verengten. Hurra – es ging los! Mühlenstein wurde dort drin bereits laut.

      Wenige Augenblicke später flog die Tür zum Chefbüro auf und Volker K. Mühlenstein stürmte heraus, gefolgt von einer todunglücklichen, kreidebleichen Elisabeth Maier, welche Annika hilfesuchend mit einem eindringlichen Blick fixierte, weil sie immer noch der törichten Hoffnung unterlag, dass diese das Missverständnis doch nun aufklären müsse, um Elisabeth nicht ans Messer zu liefern. Aber zu Ihrem blanken Entsetzen las sie in deren Miene nur abgrundtiefe Verachtung; sie hatte ihr kältestes Lächeln aufgesetzt, als sie Mühlensteins Entschuldigung huldvoll entgegennahm.

      »Aber ja, Herr Mühlenstein, selbstverständlich!«, flötete die Hugler. »Ich hatte diese Maier schon länger im Verdacht, dass sie der Firma schaden will. Wenn Sie wüssten, wie oft ich in der Vergangenheit ihre Fehler ausmerzen musste! Letzten Freitag habe ich sie noch ausdrücklich gefragt, nach dem Code oder ob sie eventuell jemanden wüsste, der ihn kennt. Voll ins Gesicht gelogen hat die mir! Sie wollte sich bei Ihnen heute nur lieb Kind machen, aber das kennt man ja. Das wäre nicht die Erste, die auf meinen Posten scharf ist. Womöglich spioniert sie sogar für die Konkurrenz? Spaziert heute einfach ohne vorherige Anmeldung bei mir hinein zu Ihnen und erzählt, dass Stephen McLaman den Code kennt. Eine Frechheit ist das! Nein, die müssen wir schnellstens loswerden, meinen Sie nicht auch?«

      Sie zog mit gespielter Entrüstung die Augenbrauen in ihre höchstmögliche Position und setzte noch einen drauf. »Wer weiß, warum sie das mit dem Code überhaupt mitbekommen hat – am Ende lief gar ein Verhältnis zwischen ihr und Thomas?«, schien sie mit angeekeltem Seitenblick auf Elisabeth laut nachzudenken.

      Im Anschluss an dieses Gespräch, sofort nachdem Elisabeth Maier nach ein paar vergeblich gestammelten Erklärungsversuchen wie ein geprügelter Hund aus dem Zimmer getrottet war, um weisungsgemäß schleunigst ihren Schreibtisch auszuräumen, wurde Annika Hugler ungewohnt fleißig. Sie tippte mit Hochdruck fröhlich deren Kündigung.

      Jetzt konnte sie nur hoffen, dass Stephen McLaman nicht geblufft hatte; und, noch wichtiger: er durfte Mühlenstein keinesfalls stecken, dass er in Wirklichkeit IHR verraten hatte, im Besitz der Kombination zu sein. Sonst würde es doch noch eng für sie werden.

      * * *

      Stephen hatte es geschafft, hinter die ersten Fragen seiner Liste einen Haken zu setzen. Beruhigt stellte er auf der Bank fest, dass sein Konto dank des Programmierjobs bei der I-COMP GmbH momentan recht gut bestückt war; die jüngste Gehaltszahlung wurde erst vor zwei Wochen verbucht, daher musste er logischerweise wohl noch dort beschäftigt sein. Es wäre wirklich etwas zu viel verlangt gewesen, wenn er sich noch an den genauen Tag des Projektendes hätte erinnern sollen.

      »Wenigstens keine Geldsorgen, das ist prima! Ein Guthaben von 11.659,17 Euro sollte eine Zeit lang ausreichen.« Feierlich setzte er jeweils ein Häkchen hinter die Frage nach dem Kontostand und der Frage nach seinem Arbeitsverhältnis.

      Stephen schwang behände sein rechtes Bein über die Sitzbank der Harley. Wie leicht diese Bewegung mit 24 Jahren doch wieder fiel! Im Jahr 2029 war sein Körper wohl schon etwas eingerostet gewesen, das war ihm jedoch gar nicht bewusst aufgefallen. Nun ja, er hatte kurz vor seinem Tod einen Mercedes Benz besessen. Ein Motorrad konnte er sich aus Prestigegründen damals nicht mehr erlauben, seit er zusammen mit seinem Vater die LAMANTEC AG geleitet hatte.

      Er als Big Boss im Designeranzug! Stephen verachtete sich mittlerweile selbst für diese Entgleisung bei der Kleiderwahl, da er die Angelegenheit nun aus dem jugendlichen Blickwinkel von 2004 betrachtete.

      »Jetzt erst mal zu Schwesterchen Belinda, das Handy abgeben. Dieser Salon voller ätzender Weiber muss gleich hier um die Ecke sein!« Grinsend wiederholte Stephen in Gedanken die Formulierungen Belindas, welche diese zur wenig schmeichelhaften Beschreibung ihres Arbeitsplatzes verwendet hatte.

      Kurz darauf sprangen ihm ihre Gründe dafür förmlich ins Auge. Zumindest einer davon. In aufdringlichem Neon-Pink prangte ein schrecklich geschmackloses Schild über der Eingangstüre, welches verriet, dass hier der Salon »Beauty Queen« residierte. Übersehen konnte man den Laden auf gar keinen Fall, so viel war sicher. Herrje, arme Belinda … sie musste ja schon jeden Morgen beim Arbeitsantritt Augenkrebs bekommen!

      Jene »arme Belinda« im rosa Berufskittel stieß einen schrillen Freudenjauchzer aus, als sie Stephen hereinkommen sah. Im nächsten Moment ließ sie ihre vollschlanke Kundin einfach mit Watte-Pads auf den Augen liegen und hing ihm um den Hals. »Du bist ein Schatz, bringst mir bestimmt mein Handy zurück, oder?«

      »Aha, das scheint dir wohl öfters zu passieren, nicht wahr? Aber woher wusstest du, dass es im Café lag und ich es mitgenommen habe?«, fragte Stephen scherzhaft.

      Erwischt. Belinda schlug dekorativ die Augen nieder