Vampirjagd. Heike Möller. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Heike Möller
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738005189
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fühlte.

      Er zahlte, half ihr in den Mantel und sie gingen hinaus. Sie atmete die kalte, nasse Luft des Februars ein.

      „Kommen Sie, ich fahre Sie in die Firma Ihres Onkels.“ Jannik ergriff Helenas Arm, wollte sie wieder zum Parkhaus führen.

      „Nein, Jan. Ich … nehme ein Taxi.“

      Verwirrt sah Jannik die junge Frau an. „Ich habe Ihren Onkel aber versprochen, dass ….“

      „Ich werde ihm sagen, dass Sie einen dringenden Anruf aus dem Büro bekommen haben und umgehend zurückkehren mussten. Ich denke, es ist besser, wenn wir uns hier verabschieden.“

      Jannik sah in die dunklen Augen und für einen Moment, für einen winzigen Moment, wollte er die Frau in die Arme nehmen und festhalten. Das verwirrte ihn noch mehr.

      „Es tut mir aufrichtig Leid, dass ich Ihre Gefühle verletzt habe, Jan. Bitte verzeihen Sie mir.“ Helena reichte Jannik die Hand und er ergriff sie, hielt sie fest. Er zog die Hand an seine Lippen, deutete diesmal den Handkuss nicht an, sondern vollendete ihn.

      „Es tut mir Leid, dass ich mich zu den harten Worten habe hinreißen lassen, Helena.“

      Sie lächelte, entzog ihm ihre Hand und drehte sich um. Ein leeres Taxi fuhr genau in diesem Moment vorbei und Helena winkte ihm zu.

      „Helena!“

      Sie drehte sich noch einmal zu Jannik Cerný um, der sie sehr ernst ansah.

      „Wir werden uns doch wieder sehen, nicht wahr?“

      Helena lächelte wieder. „Ja. Das werden wir.“

      Sie stieg in den Wagen, schloss die Tür, nannte dem Fahrer die Adresse und schnallte sich an. Als der Wagen losfuhr, blickte sie noch einmal zurück und sah, dass Jannik ihr nachsah.

      Helena Kapodistrias warf ihre Handschuhe auf die Kommode und den Kaschmirmantel über den Kleiderständer. Wütend über sich selbst schleuderte sie ihre Schuhe von den Füssen. Sie landeten weit voneinander entfernt in den Ecken ihres Büros. Sie goss sich etwas Wasser in ein Glas und setzte sich in ihren Bürostuhl, zog die Beine an.

      Die Tür ging auf und Dimítrios trat in ihr Büro. Er runzelte die Stirn, als er Helenas Gemütszustand sah. „Du bist zurück!“

      „Offensichtlich“, knurrte Helena und schloss die Augen, lehnte ihren Kopf zurück.

      „Ist etwas passiert?“

      Helena sah in die dunklen, kalten Augen ihres Onkels. „Nein.“

      „Warum bist du dann so merkwürdig?“

      „Weil ich Cerný provoziert, und ihn damit verletzt habe. Und es tut mir Leid.“

      Überrascht sah Dimítrios Kapodistrias seine Nichte an. „Es tut dir Leid?“, fragte er entsetzt.

      „Er ist nicht das, was du denkst.“ Helena trank ihr Wasser und stellte das Glas lauter als gewöhnlich auf ihren Schreibtisch ab.

      „Woher willst du das wissen?“, fragte Dimítrios lauernd.

      „Erstens hat er kein Fleisch sondern Gemüse gegessen.“ Sie zählte die Punkte an ihren Fingern ab. „Zweitens haben sich seine Augen nicht einmal verändert und drittens habe ich es einfach im Gefühl, Onkel Dim.“

      „Ach, du hast es im Gefühl?“ Hohn tropfte aus der Stimme und ließ Helena aufhorchen.

      „Ich habe dir gesagt, dass ich aus der Sache raus bin. Ich spiele nicht mehr deinen Lockvogel. Bei Cerný liegst du falsch. Er ist kein Dämon!“

      Die Augen des Griechen glühten. „Hast du dich in den Tschechen verliebt?“

      Verblüfft runzelte Helena erneut die Augenbrauen. „Gott, nein! Aber er ist kein Kandidat für dein Kellervergnügen!“

      Mit zwei Schritten war Dimítrios Kapodistrias bei seiner Nichte, holte aus und ohrfeigte sie. Der Schlag war so heftig, dass sie von dem Bürostuhl fiel und mit einem kleinen Aufschrei zu Boden stürzte. Es überraschte Helena mehr als das es sie schmerzte und sie sah ihren Onkel entsetzt an. Der schüttelte sich plötzlich, krampfte seine Hände zusammen.

      „Glaubst du etwa, dass es mir Spaß macht, diese Ausgeburten der Hölle zu jagen und sie ihrer Erlösung zu übergeben?“ Seine Stimme war leise, schneidend. Er beugte sich zu Helena runter, nahm ihre Hand in seine. „Du hast doch gesehen, wozu diese Kreaturen fähig sind. Du hast gesehen, was deinen Eltern geschehen ist.“

      Dimítrios zog Helena hoch, streichelte über ihre gerötete Wange. „Wenn Cerný ein normaler Mensch ist, hat er nichts zu befürchten. Ich verspreche dir, dass ich gründlicher als sonst recherchiere. Aber verstehe bitte, dass ich nicht aufhören kann, nur weil dein Gefühl es dir sagt.“ Er umklammerte ihren Kiefer, drückte unsanft zu. „Wenn du nicht mitmachen willst, steh´ mir nicht im Weg. Aber überlege es dir noch einmal. Denn wenn du nicht mein Vermächtnis fortführen willst, wird dein Bruder eingeweiht werden!“

      Tränen schossen in Helenas Augen. Es war das erste Mal in ihrem Leben, das Dimítrios seiner Nichte körperlich wehtat. „Lass bitte Táwo aus dem Spiel“, flüsterte sie gequetscht.

      „Das liegt nicht an mir, Lena.“

      Dimítrios Kapodistrias ließ das Gesicht seiner Nichte los, drehte sich um und verließ das Büro, ohne noch ein einziges Wort zu sagen.

      Helena war plötzlich speiübel. Keuchend stützte sie sich auf dem Schreibtisch ab, schwitzte.

      >Hoffentlich habe ich Recht. Hoffentlich ist Jan keine von diesen Kreaturen!<

       Kapitel 4: Geschwisterbande

      Helena Kapodistrias betrat das sonnendurchflutete Atelier ihres Bruders Stavros. Er hatte sich im Dachgeschoss der Villa die Südecke umbauen lassen. Große Fenster, vom Dachfirst bis zum Fußboden und über die ganze Länge der Wand gaben dem Raum mehr Größe und Tiefe. Einige Bilder und Stauen, die Stavros fertig gestellte hatte, standen an der Wand oder in den Ecken des Raumes. Die meisten Werke waren Studien der Körperproportionen, Akte oder Landschafts­aufnahmen aus dem Fenster heraus gesehen.

      Aber einige Gemälde und eine Skulptur spiegelten die Alpträume des jungen Mannes wieder. Eine gesichtslose Gestalt, gebeugt, mit einer Axt in der Hand und einem vor Blut triefenden Mund.

      Die Staffelei stand in der Nähe des Fensters, das Tageslicht fiel direkt auf die Leinwand. Stavros saß auf seinem hohen Hocker, hatte die Palette in einer Hand und zwei Pinsel in der anderen. Im Mund hatte er einen Pinsel und hinter seinem rechten Ohr steckte ebenfalls einer.

      Lächelnd betrachtete Helena ihren Bruder, wie er losgelöst von seiner Umwelt die Leinwand bearbeitete und mit jedem Pinselstrich, jedem Farbtupfer ein neues Gemälde schuf. Sie konnte Stavros stundenlang zusehen, es wurde nie langweilig. Im Gegenteil, es beruhigte sie regelrecht.

      Nach dem gestrigen Tag, der damit endete, dass ihr Onkel sie geohrfeigt hatte, brauchte sie die ruhige Ausstrahlung, die Stavros ihr bot. Leise setzte sie sich auf das alte, zerschlissene Sofa, schlug die Beine unter und sah sich um.

      Das einzige Bild, das Stavros richtig aufgehängt hatte, war ein Portrait von ihr. Das Bild hatte er vor vier Jahren gemalt, als seine Leidenschaft und Begabung für die Malerei offensichtlich wurde. Helena machte auf dem Bild einen sehr nachdenklichen Eindruck, aber auch sinnlich und verführerisch.

      ´So sehe ich dich, Leni! `, hatte Stavros gesagt.

      Innerlich immer noch aufgewühlt, blickte Helena auf ihre Hände, die nun nicht mehr zitterten. >Er darf nie erfahren, was Onkel Dim und ich heimlich tun!<, dachte sie und schluckte hart. >Ich muss ihn schützen.<

      „Was beschäftigt dich, Schwesterchen?“ Stavros hatte den Pinsel aus dem Mund genommen und benutzte ihn gerade. Er hatte eine angenehme warme Stimme, ein sanftes Lächeln umspielte ständig seinen schönen Mund. Die hellblauen Augen stachen aus dem