Vampirjagd. Heike Möller. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Heike Möller
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738005189
Скачать книгу
will auf deiner Hochzeit eine glückliche Braut sehen, Leni. Du sollst den Mann bekommen, den du liebst, den du verdienst.“ Stavros hielt Helenas Hand fest. „Was verheimlichst du mir?“

      Helena sah traurig in die Augen ihres geliebten Bruders. „Frage bitte nicht, Táwo. Ich will dich nicht anlügen müssen.“

      Ihre Stimme war leise und ängstlich. Stavros stand auf, gestützt auf seiner Gehhilfe. Ernst sah er in ihre dunklen Augen, umfasste sanft ihr Gesicht.

      „Schwester. Du bist alles, was mir wichtig ist. Ich habe gelernt, meine Behinderung zu akzeptieren und mit ihr zu leben. Ich könnte mit wenig Geld auskommen, wenn ich von heute auf morgen bettelarm wäre. Wenn Onkel Dim eines Tages stirbt, werde ich traurig sein, aber das Leben geht weiter.“ Stavros presste seine Stirn an Helenas, was nicht ganz einfach war, da sie fünf Zentimeter größer war als er.

      „Aber wenn du unglücklich bist, bin ich das auch. Wenn dir etwas geschehen sollte, dann …. Ich weiß nicht, wie ich ohne dich weiterleben könnte.“

      Erschrocken sah Helena in die vertrauten Augen, sah Tränen. Rasch umarmte sie ihren Bruder. „Du bist für mich ebenfalls der wichtigste Mensch in meinem Leben, Táwo! Niemand kennt mich so gut wie du. Aber nach dieser schrecklichen Nacht damals habe ich geschworen, dich für den Rest meines Lebens zu beschützen. Und nicht nur vor Dämonen!“

      Ein verzweifeltes Lächeln umspielte Stavros Lippen, als er kopfschüttelnd seine Schwester ansah. „Es gibt keine Dämonen. Der Mörder unserer Eltern war ein realer Einbrecher, kein über­natürliches Wesen.“

      Helena hätte ihm gern gesagt, dass sie und Onkel Dim seit einigen Jahren auf Dämonenjagd waren und seitdem drei Vampire zur Strecke gebracht hatten.

      Aber sie schwieg.

      Aus Scham!

       Kapitel 5: Wer ist der Feind?

      Jannik Cerný stellte gerade vier Gläser auf der Theke seiner Küche bereit, als es klingelte. Mit ein paar langen Schritten war er an der Wohnungstür seines Lofts und sah auf den kleinen Monitor, der an der Gegensprechanlage neben der Tür hing. Eine kleine Frau mit langen Haaren sah direkt in die Kamera und grinste breit.

      „Sie weiß einfach, wie man auftritt!“, murmelte Jannik bewundernd und drückte auf den Knopf um die Haustür zu öffnen. Fünf Sekunden später öffnete er die Wohnungstür und prallte zurück. „Gott!“

      Die Frau musste die Treppen wahrlich hochgeflogen sein, denn knappe Einmetersechzig grinsten ihn von unten sehr breit an. „Es reicht, wenn du mich Rona nennst, Jan.“ Eine Stimme so klar wie eine Gebirgsquelle tropfte ihm entgegen und der Duft von wildem Thymian stieg ihm in die Nase.

      „Bescheidenheit lag dir noch nie, Rowena Mc Dougall!“, stellte Jan fest und nahm die kleine Frau in seine Arme. Sie lachte ein helles Lachen und küsste ihn lange auf die Lippen und er erwiderte den Kuss ebenso innig.

      „Wie lange ist es her?“, fragte Rowena, nachdem Jannik sie auf den Boden gestellt hatte.

      Jannik überlegte kurz. „Etwa fünfzig Jahre. Damals trafen wir uns in Florenz. Eine Ewigkeit ist das her.“

      Rowena lächelte verschmitzt. „Für dich mag es ewig her sein. Für mich war es gestern.“

      „Angeberin!“ Seine Beleidigung klang zärtlich.

      Rowena Mc Dougall war eine zarte Erscheinung. Ihre geringe Körpergröße und der zarte Körperbau erweckten in jedem Mann, der ihr begegnete den Wunsch, sie zu beschützen. Sie hatte ein rundliches, eher blasses Gesicht, umrahmt von honigblondem Haar. Einen kleinen, immer roten Kussmund und wie alle ihrer Art wunderschöne, perfekt geformte und strahlend-weiße Zähne. Aber das Schönste und zugleich Auffälligste an ihr waren die Augen. Sie waren von einer tiefvioletten Färbung, wie sie es nur ganz selten auf der Welt gibt.

      „Ich muss schon sagen, Jan. Du hast Geschmack. Und zwar in jeder Epoche!“ Anerkennend inspizierte Rowena das Loft ihres alten Freundes.

      „Danke. Aus deinem Mund ist das wirklich ein Kompliment, Rona.“

      Überall lag helles Parkett, hier und da durch eine Teppichbrücke aus edler Faser unterbrochen. Moderne Möbel, teils rot lackiert, teils schwarz abgesetzt. Alles aufeinander abgestimmt. Die Sitzelemente waren ebenfalls modern, entsprachen aber den Anforderungen für ein gesundes Sitzen inklusive Bequemlichkeit. Weiches rotes Leder mit schwarzen Applikationen luden zum Sitzen und einiges mehr ein.

      „Wie ich dich kenne wirst du hier schon den einen oder anderen One-Night-Stand gehabt haben.“

      Jannik lachte auf. „Auch wenn du mir nicht glaubst, die Putzfrau war bisher die einzige Dame, die diese Räume betreten hat, seitdem ich hier wohne.“

      Überrascht sah die Frau Jan an. „Bist du abstinent oder hast du endlich die Richtige gefunden?“

      Jannik führte Rowena auf die Dachterrasse. Es war kalt und im Westen ging die Sonne gerade in einem herrlichen Abendrot unter. Die beiden Vampire spürten die Kälte aber nicht. Sie konnten Temperaturschwankungen von Minus 20° Celsius bis Plus 60° Celsius mühelos überstehen.

      „Weder noch.“ Er dachte kurz an eine dunkelhaarige, griechischstämmige Frau, die er gestern kennen gelernt hatte. Dann schüttelte er den Kopf. „Ich möchte nur meine … Eroberungen nicht hierher bringen, dass ist alles.“

      Schalkhaft sah sie ihn von unten her an. „Ich bin doch hier“, sagte sie mit einem Unterton, der ihm deutlich machte, dass Rowena durchaus für ihn zu haben war.

      Jannik zog amüsiert eine Augenbraue hoch. „Rona, du kannst mich gerne für einen Schuft halten. Aber deine Freundschaft ist mir viel wichtiger als eine heiße Affäre mit dir. Und die hatten wir. Mehrfach sogar.“

      Theatralisch fasste sich die schöne Frau an den wohlgeformten Busen, in etwa da, wo ihr Herz schlug. „Autsch! Das war ein mordsmäßiger Pfeil.“

      >Mir bedeutet unsere Freundschaft auch sehr viel, Jan. Du bist mir wichtig.<

      Die Wärme, die Rona ihm mit ihren Gedanken schickte, ließ ihn zutiefst glücklich lächeln. Jannik umarmte die kleine Frau und presste seine Lippen auf ihr duftendes Haar.

      „Für ´ne alte Frau riechst du verdammt gut!“, neckte er sie. Zur Strafe boxte sie ihm in die Rippen und eine der Rippen knackte tatsächlich verdächtig. Schmerz durchzuckte Jans Körper und er zog zischend die Luft ein. „Okay okay! Das habe ich verdient!“, quetschte er hervor und ließ Rowena los, rieb sich die Rippe, die schon wieder im Begriff war zu heilen.

      „Niemals solltest du eine Frau auf ihr Alter ansprechen, Jannik Cerný!“, ermahnte Rowena ihn mit einem Lachen in den Augen. „Auch wenn die Frau älter ist als deine Religion!“

      Rowena Mc Dougall, wie sie sich seit ein paar Jahrhunderten nannte, wurde im Jahre 63 vor Christi Geburt im heutigen Schottland geboren. Sie war eine Piktin, eine Bemalte vom alten Stamm. Und sie war eine Schamanin!

      Eine der mächtigsten Vampire auf der ganzen Erde.

      „Wen erwartest du noch?“

      Jannik atmete tief durch, rieb sich dabei weiter seine Rippe. „Tristan Kadian und Tobias Kerner, beide sehr gute Freunde von mir und absolut zuverlässig.“

      Rowena nickte. „Tris kenne ich. Sogar länger als ich dich kenne, mein Herz.“ Sie grinste ihn wieder anzüglich an.

      Jannik konnte der Frau nicht lange böse sein und grinste zurück. Er war froh, dass Verletzungen dieser Art praktisch sofort wieder heilten.

      „Aber Tobias Kerner kenne ich nicht.“

      „Du wirst ihn mögen, glaube mir.“

      In dem Moment klingelte es wieder und Jannik ging erneut zur Eingangstür. Im Monitor sah er, dass die beiden Männer, auf die er gewartet hatte, zusammen ankamen. Die beiden gingen die drei Stockwerke in einem normalen Tempo hinauf und Jannik sah Rowena, die