Vampirjagd. Heike Möller. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Heike Möller
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738005189
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nicht frech, Tscheche! Sonst wende ich ein klein bisschen meiner Schamanenkunst an dich an.“ Dabei machte sie mit ihrem Zeigefinger eine langsame Abwärtsbewegung und sah deutlich auf Janniks Genitalbereich.

      Jannik nickte. „Ja. Das traue ich dir durchaus zu.“

      Tobias Kerner betrat als erster das Loft und streckte Jan seine erhobene rechte Hand hin. Jannik ergriff sie mit einem lauten Klatscher, die Männer umarmten sich, wie Männer es eben tun und klopften sich kurz auf den Rücken.

      Der zweite Mann, der das Loft betrat, hätte der Zwillingsbruder von Tobias sein können. Schlank, schmale Hüfte, langes, dunkelblondes Haar mit hohem Haaransatz und grünbraune Augen. Die Nase etwas länger als die von Tobias, aber ebenso schmal und gerade. Die Lippen für einen Mann ungewöhnlich voll und sinnlich. Nur war Tristan Kadian gut zwanzig Zentimeter größer und die Bewegungen und die Körperhaltung erinnerten weniger an einen Tänzer als an einen Schwertkämpfer.

      Beim zweiten Hinsehen sah man die Unterschiede im Gesicht. Die Augen von Tobias lagen etwas weiter auseinander. Der Ausdruck war eher melancholisch. Bei Tristan lag eine gewisse Kälte in den Augen, ein grausamer Zug umspielte seinen Mund. Er lachte selten.

      Er war einst ein Krieger.

      Und war es noch heute.

      Auch Jannik und Tristan begrüßten sich auf die gleiche Art und Weise wie zuvor Jan und Tobi.

      „Tobi, du kennst Rowena Mc Dougall wahrscheinlich noch nicht. Rona, das ist mein Freund Tobi.“

      Tobi hatte sich, bevor er das Wohnzimmer betrat in einer fließenden Bewegung die Schuhe ausgezogen und ging lächelnd auf die Frau zu.

      „Ich habe schon sehr viel von Ihnen gehört, Miss Mc Dougall.“ Er ergriff ihre Hand und verbeugte sich kurz, sah ihr dabei aber direkt in die violetten Augen.

      Rowenas Augen flackerten kurz hell auf, sie lächelte herzlich zurück. „Es freut mich ebenfalls. Aber ich denke, wir sollten uns duzen.“

      Tobias grinste breit und seine Augen wurden einige Nuancen heller. Er roch das Interesse der Frau an seine Person, verschloss aber instinktiv seine Gedanken vor ihr. Was dann kam, überraschte ihn allerdings sehr.

      Tristan schubste Tobias sanft zur Seite, beugte sich über die Frau und nahm sie einfach hoch, in dem er seine Hände unter ihren Po schob und sich dann aufrichtete. Dann drückte der große Vampir seine Lippen auf Rowenas, tauchte seine Zunge in ihren Mund. Rowena war zuerst überrascht, doch dann erwiderte sie den Kuss und genoss den Geschmack des Mannes, den sie seit etwa einhundert Jahren nicht mehr gesehen hatte.

      „Ähm, ich kann euch beiden gerne das Gästezimmer nachher anbieten, Freunde!“, ließ Jannik sich vernehmen. Er hatte seine Arme gekreuzt und betrachtete das Schauspiel, das sich ihm gerade bot, höchst amüsiert. Zumal der Anblick von Tobias, der mit offenem Mund daneben stand und Tristan und Rowena regelrecht anglotzte, ein Bild für Götter war.

      „Wir sollten erst einmal über den Grund unseres Treffens reden, Leute!“, versuchte es Jannik erneut, als Rowena und Tristan sich immer noch nicht lösten.

      >Hey!< Jannik hatte genug, schickte einen energischen Impuls an Tristan.

      Langsam lösten sich Tristans Lippen von den Lippen der Frau. Rowenas Gesicht glühte und die Augen leuchteten hellviolett. „Das nenne ich mal eine Begrüßung“, keuchte sie atemlos und leckte sich über die Lippen.

      „Wir haben uns fast hundert Jahre nicht gesehen, Ro.“ Die Bassstimme des Franzosen mit dem entzückenden Akzent erfüllte den Raum und bewirkte, dass Rowenas Augen auf Halbmast gingen.

      Jannik hatte genug. Er steckte zwei Finger in den Mund und pfiff. Indigniert drehte sich Tristan langsam um, hatte die Frau immer noch im Arm. Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen, als er registrierte, dass Tobias ihn in höchstem Maße erstaunt und Jannik ihn äußerst genervt ansah.

      „Probleme?“, fragte er leichthin und setzt Rowena wieder auf das Sofa ab, ganz sanft.

      „Tris, ich glaube ich weiß noch verdammt wenig von dir“, bemerkte Tobi und kratzte sich am Hinterkopf.

      Tristan schenkte seinem Freund ein breites Lächeln, zeigte dabei seine scharfen Zähne. „Selbstverständlich.“

      „Möchte jemand etwas trinken oder etwas Spezielles haben?“, fragte Jannik und ging zur Bar.

      „Hast du zufällig AB Negativ hier?“, fragte Rowena.

      Jannik lächelte. Er wusste, dass diese seltene Blutgruppe nicht nur Rowenas Lieblingsblut war. Es war das einzige Konservenblut, das sie sättigte, ohne noch zusätzlich lebende Menschen beißen zu müssen. Offensichtlich ging bei einer Blutspende in einen Blutbeutel bei den Blutgruppen 0, A und B ein Enzym oder Eiweiß verloren, dass Rowena dringend brauchte, um bei perfekter Gesundheit zu bleiben. Bei der Blutgruppe AB passierte das nicht und Negativ hatte einfach einen edleren Geschmack als Positiv.

      Zu dumm nur, dass AB eine relativ seltene Blutgruppe war, wobei der Rhesusfaktor positiv dabei häufiger vorkam als negativ.

      „Na klar, Rona. Habe ich extra für dich besorgt.“

      „Du bist ein Schatz, Jan.“

      „Ich hätte gern einen Beaujolais“, sagte Tristan.

      „Ich auch, Jan“, schloss sich Tobias an und setzte sich auf einen der Sessel, da Tristan sich neben Rowena gesetzt hatte und den Arm um sie legte.

      Jannik goss den Wein in zwei Gläser, holte zwei Blutbeutel aus dem anderen Kühlschrank unterhalb des Tresens, der nur mit einer bestimmten Zahlenkombination wie bei einem Tresor zu öffnen war und goss den Inhalt vorsichtig ebenfalls in zwei Gläser. Dann brachte er das kleine Tablett geschickt zum Couchtisch, verteilte die Getränke, nahm sich sein Glas mit der Blutgruppe B und setzte sich in den zweiten Sessel. Schmunzelnd sah er zu Tristan und Rowena.

      „Ich bin wirklich überrascht, Tris. Aber angenehm überrascht. Warum hast du nie etwas gesagt?“

      Tristan kräuselte süffisant die Lippen. „Ein Kavalier schweigt, Jan.“

      Jannik wurde fast so rot wie das Blut in seinem Glas. Rasch trank er einen kräftigen Schluck, leckte sich über die Lippen.

      „In Berlin geht ein Vampirjäger um“, begann er und stellte das Glas auf den Tisch. „In den vergangenen Epochen gab es immer wieder Sterbliche, die von unserer Existenz erfuhren. Oft wurden wir gejagt. Aber in letzter Zeit hatte sich die Lage für uns weltweit weitestgehend entspannt.“

      „Ja, das ausgehende 20. und beginnende 21. Jahrhundert hat einen wahren Vampir-Boom erfahren. Ausgelöst durch Literatur und Filme.“ Rowena kuschelte sich an Tristan, als ob keine einhundert Jahre zwischen der letzten Begegnung und dieser lagen. Dabei nippte sie an ihrem Blut. „Der Spender ist ein ausgezeichneter Jahrgang und sehr gesund!“, bemerkte sie anerkennend.

      „Tobi hatte einen Traum. Besser gesagt er hatte diese Art Traum schon dreimal. Erzähl ihnen, was du mir gezeigt hast.“ Jannik sah seinen Freund auffordernd an.

      Tobias überlegte kurz, dann schüttelte er den Kopf. „Gebt mir eure Hände. Dann zeige ich es euch. Du auch, Jan.“

      Rowena runzelte die Stirn, aber Neugierde breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Sie stellte ihr Glas auf den Tisch und reichte Tobias ihre Hand. Tristan und Jannik taten es ihr nach. Sie bildeten einen Ring. Tobias Kerner schloss die Augen, holte tief Luft und ließ die Erinnerungen an den Träumen ihren Lauf.

      Schmerz.

      Demütigung.

      Qual.

      Folter.

      Blut.

      Wunden, die sich nicht schlossen.

      Endgültiger Tod.

      Mit einem würgenden Laut riss sich Tristan los, zog sich zitternd in seine Ecke des Sofas zurück. Seine Augen, sonst eher schmal, waren weit aufgerissen und leuchteten obsidianschwarz.