»Nich gut das.«
»Ja und nun?«
»Du müssen Farbe von Kuh machen.«
»Was müssen wir machen?«, riefen beide Kinder wie aus einem Mund.
»Komme alle mit.«
Alle vier gingen hinunter in den Stall. Der Geselle nahm eine Kelle mit frischem Kuhdung und verrührte diesen mit etwas Wasser in einem Eimer zu einer stinkenden Brühe.
»So, nun du tust etwas von die Kalkfarbe dazu und wir streiche erst über die Flecke.«
»Iii, stinkt das«, rümpfte Lena die Nase, »das will ich in meiner Schlafkammer nicht haben.«
»No, das du brauchst nicht, das komme nur über die schwarze Ruß. Außerdem, rieche einmal, mit die Kalk - Kuhmist stinke nich mehr«, belehrte sie der Italiener.
Skeptisch roch Lena daran und nickte Salvatore zustimmend zu. Nachdem dieser Isolieranstrich erst trocknen musste, rührten sie die Farbe für die Stube an und begannen dort weiterzuarbeiten.
Bis zum Abend leuchteten schon einige Räume in gelben und grünen Farben.
»Allora, so nun trockne bis morgen und dann du alles noch einmal auftrage. Und übermorgen wieder. Immer schön dünn streichen, dann wird gut.«
»Aber das ist doch blöd, wenn wir die Farbe etwas dicker anrühren, dann deckt sie doch gleich, und wir brauchen nicht so oft darüber zu pinseln«, meinte Lena, die schon keine Lust mehr hatte.
»No, no, Signorina, immer ganz dünn. Dann wird gut, sonst blättert Farbe wieder ab. Also ciao.«
Damit wollte sich Salvatore verabschieden.
»Nein, hiergeblieben, erst einmal essen wir gemeinsam zu Abend«, bestimmte Anna Maria.
Nach einer Woche waren alle Anstriche aufgebracht und das feuchte, etwas windige Wetter ließ alles sehr gleichmäßig trocknen.
Was für herrliche Farben, die Küche strahlte in einem kräftigen Blau. Für die Stube hatten sie zum Grün einen Schuss Blau hinzugefügt, damit erhielten sie ein schönes Türkisgrün. Beide Räume bekamen rundherum einen schwarzen Trennstrich zwischen der Wandfarbe und dem Weiß der Decken.
Die Kammern wurden dann in verschieden kräftigen Gelbtönen und manchmal mit einem blauen oder einem grünen Abschlussstrich versehen.
»So eine schöne Küche. Da koche ich ja gleich noch mal so gerne. Vielen Dank«, mit diesen Worten fiel Anna Maria Christoph um den Hals und küsste ihn.
»Und was ist mit uns? Wir haben auch geholfen«, beschwerte sich Lena.
Die Mutter nahm ihre beiden Kinder in die Arme und alle betrachteten hocherfreut ihre neu ausgemalten Zimmer.
Auch in Windsheim hatte man von der Unsitte, einen Blauen Montag zu machen nicht gelassen.
»Warum heißt der Montag überhaupt blauer Montag?«, wollte Lena von ihrem neuen Vater wissen.
»Frag nicht so blöd. Der heißt so, weil die Gesellen fast immer blau sind«, fuhr sie ihr Bruder an.
»Rede nicht so einen Quatsch! Die sind besoffen oder blau, wie man sagt, weil sie zu viel freie Zeit zum Saufen haben. Der unnütze Tag gehört schon lange abgeschafft«, meinte Anna Maria energisch.
»Nun sag doch du auch mal was!«, gab sie die Frage an Christoph weiter.
»Na ja, der heißt blauer oder guter Montag, weil hier früher, vor einigen Hundert Jahren, in der alten katholischen Zeit während der Fastenzeit immer montags arbeitsfrei war. Die Kirchen und Altäre wurden dann immer mit einem blauen Tuch geschmückt. Allmählich hat sich dann der Brauch auch auf die anderen Montage im Jahr ausgebreitet. Bereits vor über 200 Jahren verboten der Kaiser und die Fürsten diese Sitte. Daraufhin streikten viele Gesellen im ganzen Römischen Reich. Die kleinen Handwerker und ihre Gesellen ließen sich nicht davon abbringen.
Besonders in den freien Reichsstädten hielt sich dieser Brauch. Auch nach der Einführung des evangelischen Glaubens in weiten Teilen des Landes konnte diese Sitte nicht abgeschafft werden. Das neue Verbot vom letzten Jahr zeigt keine Wirkung. Ich finde es gut. Gönnt doch den Leuten einen zusätzlichen freien Tag.
Das ist zu mindestens eine Erklärung, eine andere besagt, dass der Blaue Montag von den Färbergesellen kommt, die hatten …«, wollte ihnen Christoph weiter erklären.
»Jetzt reichst! Schluss damit! Wir heiraten jedenfalls an einem blauen Montag«, damit setzte Anna Maria einen Schlusspunkt.
»Dass du für das Freimachen bist, sagst du doch nur, weil du bisher noch kein Meister warst«, ereiferte sich seine Zukünftige weiter. Christoph wollte noch etwas erwidern, aber Gott sei Dank klingelte es an der Ladentür.
So entschlossen sich die beiden zukünftigen Eheleute am Montag nach der Sommersonnenwende, dem 23. Juni 1727, zu heiraten.
Mit einem neuen schwarzen Rock und blauschwarzen, mit dunkelroten Rosen besticktem, Mieder, einer Schnürbrust nach der neuesten Mode, wie die feinen Leute in der Stadt, und einem ebenso farbigen bunten Tuch, hatte er seine Frau ausgestattet.
Er selbst hatte sich ein paar neumodische Kniebundhosen geschneidert. Dazu trug er ein weißes Leinenhemd mit Rüschen und eine schwarze Weste darüber.
Ein schönes Paar fanden die wenigen Freunde und Nachbarn, die sie begleiteten. Mit stolzgeschwellter Brust führte er seine hübsche Frau zum Altar.
Von der Verwandtschaft aus Lenkersheim ließ sich niemand herab, daran teilzunehmen.
Die Hochzeitspredigt an einem heißen Junitag, in der Sankt Kilianskirche hielt der Hilfspfarrer Stinzendorfer. Hatte der Dekan und Pfarrer doch noch ein schlechtes Gewissen?
Nach der bescheidenen Hochzeit zog die kleine Gesellschaft zum Zunftwirtshaus.
Hier gab es noch ein zweites Fest.
Feierlich wurde der neue Schneider- und Zeugmachermeister in die Zunft aufgenommen. Nach einem Gebet setzten sich alle Meister, viele nach der neuesten Mode mit Perücke auf dem Kopf, beim Bier im Gasthaus Schwarzen Adler zusammen und besiegelten den Bürger- und Zunftvertrag mit einem »zünftigen« Umtrunk. Christoph schwor feierlich den Eid auf die Zunftordnung.
Seine frisch angetraute Frau hatte ihm zur Feier des Tages extra einen schönen versilberten Siegelring aus Messing mit seinen Initialen »ACB« geschenkt. Unter den Buchstaben war noch die Abbildung eines Schneiders mit einer Schere eingraviert. Heimlich hatte sie den Ring von ihrem ersten Mann zum Gold- und Silberschmied Samuel Großmann in die Judengasse gebracht und ihn umarbeiten lassen. Für einen neuen Ring reichte das Geld nicht.
»Danke, vielen Dank, so ein kostbarer Ring«, voller Begeisterung nahm Christoph seine Ehefrau in den Arm und küsste sie. Anna Maria lief vor Verlegenheit ganz rot an.
Ein paar ältere Meister rümpften die Nase über dieses ungebührliche Verhalten in der Öffentlichkeit. Aber Christoph bemerkte es nicht und zeigte Allen voller Stolz seinen Siegelring. Es war schon etwas Besonderes, einen eigenen Ring zum Siegeln zu haben. Nur wenige reiche Meister und Bürger konnten sich dies leisten.
In der Stadt gab es schon immer zwei Zeugmeister, die für die Wachen zuständig waren. Bartel würde vor allem für die Uniformen zuständig sein. Der Kollege, ein Waffenschmied und Gürtler, für den Rest der Ausrüstung.
Die Ersparnisse des Meisters Bartel, wie er sich von nun an nennen durfte, hatten fast die gesamten Schulden gedeckt. Den Rest und auch einige Einkäufe für die Werkstatt konnten sie beim Zunftmeister binnen Jahresfrist abbezahlen.
Die Zünfte waren klein und so hatten sich hier alle Meister aus den verschiedensten Berufen zum Großen Handwerk vereinigt. Neben Bartel gab es nur noch drei Schneider, einen für die Herren und