Sichelland. Christine Boy. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Christine Boy
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844242553
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gut... Yos. Ich bin... Sara.“

      „Dacht ich mir.“

      „Yos, was ist nun mit diesen Barken?“

      „Nix is damit.“ Er sprang von der Brüstung und deutete auf das Ruderboot. „Das is das einzige, wasde kriegen kannst. Die Dinger, von denen du redest, gehören der Shaj und den Cas. Die kriegste nich'.“

      „Warum sind sie diesmal mit Pferden geritten?“

      „Weiß ich doch nich'! Ich denk mal, weil Winter is'. Da is' mit'm Meer nicht zu spaßen. Außerdem hätte das ja wer sehen können. Dann hätten die Hantua ja gleich gewusst, dass sie bei den Ruinen ankommen. Ne, die woll'n nich' geseh'n werden, schätz ich.“

      „Aber für mich wäre das doch kein Problem, oder? Ich bin ja keine Gefahr für die Hantua.“

      „Mädel, du kapierst das nich', ne? Du kriegst keine Barke, für kein Geld der Welt. Und mit so 'nem Boot wie dem hier... ne, da haste keine Chance. Hat ja nich' mal 'n Segel. Kannst doch nich' allein um das ganze Sichelland rudern.“

      „Ich kenne die Barken nicht. Haben die denn Segel?“

      „Klar ham sie das. Aber nich' so große wie die Schiffe. Und zwei Paar Ruder. Aber man kann sie auch allein steuern, dauert halt länger. Trotzdem, schlag dir das ma' aus'm Kopf. Kaufen kannste se nich' und klauen... da biste gleich 'nen Kopf kürzer.“

      „Aber man kann doch an ein anderes Boot Segel befestigen. Yos, es muss einfach eine Möglichkeit geben! Du ahnst nicht, wie wichtig das für mich ist!“

      „Mensch, du gehst mir auf die Nerven. Klar kann man ein anderes Boot nehmen. Aber das wär'n teurer Spaß. Und außerdem findeste keinen, der mitkommt. Muss rudern können und sich mit Booten und dem Meer auskennen. Gibt da 'n paar heikle Stellen an der Küste. Aber man darf auch nich' zu weit davon weg, wenn man kein Schiff hat.“

      „Du kennst dich aus, nicht wahr?“

      Yos zog ungläubig die Brauen hoch.

      „Nee nee, das vergiss ma' ganz schnell wieder. Bin doch nich' verrückt und schipper mit 'nem fremdländischen Mädel ins Mittelland. Nee, da musste dir 'nen anderen Dummen suchen.“

      „Ich bezahle dich. Egal, wie hoch der Preis ist!“

      „Du bist doch nur 'ne Dienerin. Woher willste denn so viel Silber nehmen? Mein Onkel, der hätte das vielleicht gemacht, der war schon immer nich' ganz normal. Aber der kann das nimmer, is' zu alt und kann sich kaum noch bewegen.“

      „Ich könnte ihm vielleicht helfen. Ich bin Heilerin.“

      Yos schlug sich gegen die Stirn.

      „Wie dumm biste eigentlich? Den kannste net heilen, der is' halt alt. Der beißt bald ins Gras, wenn de mich fragst. Und dann muss ich schauen, wie ich klar komm. Kann mir so 'nen Unfug nich' leisten.“

      „Bring mich zu deinem Onkel und ich verspreche dir, ich werde ihm helfen. Zumindest so, dass er keine Schmerzen mehr hat und sich besser fühlt. Ich weiß, dass ihr im Sichelland keine guten Heiler habt. Und die wenigen, die etwas davon verstehen, kann kaum jemand bezahlen. Ich behandle deinen Onkel und dafür bringst du mich zur Grenze.“

      Zuerst wollte Yos sie auslachen, dann vehement widersprechen. Er tat beides nicht. Er mochte seinen Onkel sehr und es tat ihm leid, dass es dem alten Mann sogar eine Qual war, morgens aufzustehen und ein paar Schritte zu gehen. Und auch wenn es ihm widerstrebte, so musste er Sara doch rechtgeben. Im Sichelland war es mit der Heilkunst nicht weit her und wirksame Arzneien waren den Reichen vorbehalten.

      „Ne, das geht nich. Wer soll sich denn hier um alles kümmern in der Zeit?“ sagte er schließlich, wenn auch nicht so überzeugt wie kurz zuvor.

      „Dein Onkel, wenn es ihm wieder besser geht.“

      „Der wirft mich raus, wenn ich ihm das erzähle!“

      „Dann lass es darauf ankommen! Oder willst du, dass er stirbt? Geh zu ihm und erzähle ihm von meinem Vorschlag. Wenn er sich nicht von mir behandeln lassen will, dann nimmt er dir die Entscheidung ohnehin ab. Geh zu ihm. Ich warte hier.“

      „Du bist echt verrückt. Das glaubt mir keiner!“

      „Mir wäre es auch lieber, wenn du keinem davon erzählst.“

      „Du willst mich doch veralbern, ne? Aber gut, warte hier. Ich sag dir, mein Onkel wird kommen und dir die Ohren lang ziehen! Und ich auch! Und wehe, du bist nich' mehr da, wenn ich zurückkomme! Dann setzt es was!“

      Es gefiel Yos gar nicht, dass er Saras Vorschlag annehmen musste. Aber andererseits war dies vielleicht wirklich die einzige Möglichkeit, seinem Onkel zu helfen. Auch wenn er nicht daran glaubte, so musste er dem alten Herrn doch wenigstens davon erzählen.

      Sara wusste nicht so recht, was sie von dem jungen Fährburschen halten sollte. Er erschien ihr ehrlich, aber auch etwas großspurig. Wahrscheinlich würde er nie wiederkommen. Oder noch schlimmer, mit einer Horde Säbelwächter im Schlepptau. Und die würden sie schneller nach Vas-Zarac zurückbringen, als sie sich vorstellen konnte. Ihr Wagemut und ihre Zuversicht, die sie beim Anblick Zarycs noch empfunden hatte, verflogen immer rascher. Vielleicht war es doch eine dumme Idee gewesen.

      Sie setzte sich auf den Rand des Stegs und ließ die Beine baumeln. Ihre Stiefelsohlen berührten gerade so die Wasseroberfläche. Sie betrachtete ihr Spiegelbild. Aus ihren zusammengesteckten Haaren hatten sich einzelne Strähnen gelöst und tanzten jetzt wild im Wind. Heute war es nicht besonders kalt. Der Tag erinnerte sie eher an den vergangenen Herbst als an die schneereichen Winter, von denen ihr so viel erzählt worden war. In diesem Jahr waren die Mächte wohl gnädiger gestimmt.

      Sie dachte wieder an die Nachricht, die sie Zaryc ans Bein gebunden hatte. Wie Wandan und Mondor wohl darauf reagierten? Ob sie ihrer Bitte nachkamen? Die Stadtgrenze war nicht weit von hier und zumindest Wandan war immer noch recht gut zu Fuß. Wenn er sich gleich auf den Weg gemacht hatte, könnte er...

      „Für meinen Geschmack hattest du in Vas-Zarac besseren Umgang als hier.“

      Erschrocken rappelte Sara sich auf. Sie hatte Wandan nicht kommen hören. Doch nun stand er unverkennbar vor ihr, lächelnd und die Ruhe selbst. Er war allein.

      „Wenn Mondor plötzlich in den Ländereien spazierengeht, hätte das zu viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen.“ erklärte der alte Cas, noch bevor Sara fragen konnte. „Obwohl er natürlich neugierig ist. Wie ich auch. Ich muss schon sagen, eine Nachricht durch einen Silberraben überbringen zu lassen, ist zwar ein ungewöhnlicher Weg, aber er gefällt mir. Umso mehr hat mich aber der Inhalt beunruhigt.“ Er zog den Zettel hervor.

      „Bevor ich vielleicht einen Fehler mache, möchte ich gern mit euch, Mondor und Wandan, sprechen. Ich warte in den Morgenstunden am Fährsteg am Fluss. Sara.“

      „Ich bin froh, dass du gekommen bist. Ich dachte mir schon, dass Mondor in der Burg bleibt.“ nickte Sara.

      „Bevor wir weiterreden, habe ich aber ein paar Fragen an dich.“ sagte Wandan nun sehr viel ernster. „Zum einen möchte ich wissen, wie es dir geht. Du kannst dir denken, dass wir sehr gut darüber informiert sind, wo du dich derzeit aufhältst. Aber das erklärt nicht, warum du überhaupt weggelaufen bist. Das wäre meine zweite Frage. Und zum dritten... Was um alles in der Welt hattest du mit diesem Fährjungen zu reden? Ich sagte es bereits, er ist nicht unbedingt ein guter Umgang für dich. Er redet viel, versteht nur die Hälfte und spuckt große Töne.“

      Saras Lippen wurden schmal. Sie wollte sich nicht mit Wandan streiten, aber in ihr hatte sich in den letzten Tagen zu viel angestaut, als dass sie seine Worte einfach so hinnehmen konnte.

      „Zum ersten: Es geht mir hervorragend. Zum zweiten: Ich bin nicht weggelaufen, aber der Grund, warum ich gegangen bin, geht nur mich etwas an. Und zum dritten: Dasselbe gilt auch in Bezug auf die Menschen, mit denen ich mich unterhalte. Ich muss das niemandem erklären.“

      Überrascht zuckte Wandan zusammen.

      „So