Von Jerusalem bis Rom. Martin Renold. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Martin Renold
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847699521
Скачать книгу
Nabatäer, die zum Glauben an Jesus Christus kamen.

      Der König Aretas war der Schwiegervater von Herodes Antipas. Doch als dieser sich von seiner Frau getrennt hatte, um die Frau seines Bruders zu heiraten, fiel Aretas in Judäa ein, um seine Tochter zu rächen. Doch die Römer schlugen ihn zurück.

      Durch diesen Krieg entstand viel Hass und Zwist zwischen den Nabatäern und den Juden. Und als dem König hinterbracht wurde, dass Saul nicht nur die Juden, sondern auch die Nabatäer zum Glauben an Christus bekehre, wurde er zornig und verbot Saul, weiter seine, wie er sagte, Irrlehre zu verkünden und das Volk gegen die hoch verehrten Götter aufzuhetzen, so dass wir das Land verlassen mussten.

      Deshalb kehrten wir nach zwei Jahren nach Damaskus zurück. Wir wohnten wieder im Haus des Judas, der uns freudig aufnahm.

      Auch von Ananias und der Gemeinde wurden wir herzlich aufgenommen. Saul predigte jeden Tag, und die Gemeinde wuchs zusehends. Das gefiel aber vielen Juden nicht. Doch auch die Nabatäer begehrten auf, von denen viele in Damaskus lebten. Unter ihnen waren viele Gottesfürchtige, die zu uns in die Gemeinde kamen und offen für den Glauben an Jesus Christus waren. So zettelten nicht nur die Juden, sondern auch die Nabatäer immer wieder Streit an, und es entstand eine große Unruhe in der Stadt, so dass verschiedene Gemeindeglieder gefangen und vorübergehend ins Gefängnis gebracht wurden. Als die Nabatäer sahen, dass Saul nicht unter den Gefangenen war, versuchten sie, ihn auf andere Art zu beseitigen. Sie ließen den Konsul, den König Aretas zur Vertretung der Nabatäer im Ausland nach Damaskus geschickt hatte, wissen, dass Saul derjenige sei, der Unruhe nach Damaskus gebracht habe.

      Der Konsul wusste offenbar, dass Aretas ein Verbot gegen Saul ausgesprochen hatte. Da aber Damaskus unter römischer Herrschaft stand, mussten sie einen geheimen Plan schmieden, von dem die Römer nichts erfahren durften. Dafür erfuhr unser Freund und Bruder Ananias davon.

      Eines Abends saßen wir mit Judas nach dem Nachtmahl noch lange zusammen und redeten, als jemand leise, aber doch eindringlich an die Tür klopfte. Draußen stand Ananias. Das erinnerte uns an jenen Tag, als er gekommen war, um mit Saul zu reden und ihm das Augenlicht wiederzugeben.

      »Saul, du bist in großer Gefahr«, begann Ananias ohne Umschweife. »Die Nabatäer wollen dich töten. In der Stadt können sie das aber nicht tun. Das wäre zu gefährlich für sie. Deshalb haben sie uns absichtlich wissen lassen, dass sie dich suchen. Nun hoffen sie, dass du aus der Stadt fliehst. Sie lauern vor allen Toren der Stadt, damit sie dich draußen töten können. Wenn du aber in der Stadt bleibst, werden sie dich suchen und nicht aufgeben, bis sie dich eines Nachts in eine Falle locken können.«

      »Du bist nicht mehr sicher in der Stadt«, sagte auch Judas. Doch zu Ananias gewandt: »Was sollen wir tun, um Saul zu schützen?«

      »Wir haben einen Plan«, sagte Ananias.

      Und zu Saul gewandt: »Du musst sofort mit mir kommen. Pack zusammen, was du brauchst! Wir werden dir zur Flucht über die Mauer helfen.«

      »Und Jonas?«, fragte Saul. »Ich möchte nicht ohne ihn gehen.«

      »Für Jonas besteht keine Gefahr«, erklärte Ananias. »Wenn du geflohen bist, und wir werden dafür sorgen, dass die Nabatäer und ihr Konsul das erfahren, werden sie nicht mehr vor den Toren lauern. Dann kann Jonas dir folgen.«

      »Wohin wirst du gehen?«, fragte ich Saul.

      »Ich werde nach Jerusalem gehen und Petrus aufsuchen«, antwortete er.

      »Ich werde dich auf dem Weg dorthin einholen. Ich bringe dir dein Pferd mit.«

      Judas hatte Bedenken.

      «Nein Jonas«, sagte er, »das könnte Misstrauen erwecken, wenn du mit zwei Pferden aus der Stadt reitest. Sicher haben die Nabatäer dich mit Saul zusammen gesehen und könnten dir folgen. Ich gebe dir Geld für Sauls Pferd. Wenn du ihn eingeholt hast, kannst du dafür ein neues Pferd für ihn kaufen.«

      »Wir werden aber zwei oder drei Tage warten müssen«, überlegte Ananias, «bis wir das Gerücht verbreiten, dass du geflohen bist, obwohl ich hoffe, dass sie dich in Ruhe lassen, wenn du aus der Stadt heraus bist. Denn welchen Grund sollten sie dann noch haben, dich umzubringen? Aber sicher ist sicher. Erst wenn du weit genug von Damaskus entfernt bist, werden wir es tun. Wenn Jonas dich getroffen hat, werdet ihr mit den Pferden rasch weiterkommen.«

      Judas und ich wollten Saul nicht allein mit Ananias gehen lassen.

      Nachdem Saul seine wenigen Sachen, die er mitnehmen wollte, vor allem einige Schriften, zusammengepackt hatte, und nachdem ihn Judas mit Wasser und Brot für den ersten Tag und mit Geld versorgt hatte, brachen wir auf. Wir nahmen kein Licht mit.

      Die Straßen waren dunkel und leer. Leise schlichen wir durch kleine Gassen. Ananias führte uns zur Mauer. Dort fanden wir einige Gemeindeglieder. Als sie uns sahen, zogen sie eine lange Leiter unter einem Gebüsch hervor, das an der Stadtmauer wucherte.

      Wir alle verabschiedeten uns von Saul und wünschten ihm Gottes Schutz und Segen.

      Ein Mann gab Saul einen großen Korb in die Hand. Der war an einem langen, starken Seil befestigt. Damit stieg Saul die Leiter hinauf. Droben schob er den Korb durch eine Luke in der Mauer, zwängte sich durch die enge Öffnung und stieg auf der andern Seite der Mauer in den Korb. Einige kräftige Männer hielten das Seil auf unserer Seite fest. Es straffte sich, als Saul in den Korb gestiegen war. Auf ein leises Husten, das bedeutete, dass er sicher in dem Korb saß, begannen die Männer, langsam das Seil durch ihre Hände gleiten zu lassen, bis es locker wurde und wir wussten, dass Saul auf der andern Seite den Boden erreicht hatte.

      Judas und ich verabschiedeten uns nun von Ananias und von den Männern, die die Leiter wieder in ihr Versteck gelegt hatten, und gingen den gleichen Weg zurück.

      Zu Hause beteten wir noch einmal, dass Sauls Flucht auch weiterhin gelingen möge.

      Vorsichtshalber gab mir Judas schon am ersten Tag etwas Geld, damit ich in eine Herberge in der Nähe umziehen konnte. Er wollte mich nicht der Gefahr aussetzen, dass die Nabatäer mich mitnähmen, wenn sie nachts in sein Haus einbrechen würden, um nach Saul zu suchen.

      Ich erfuhr, dass die Nabatäer die ganze Nacht und am Morgen nach der Flucht Saul aufgelauert hatten. Da er sich an diesem Tag nirgends in der Stadt zeigte, glaubten sie, er halte sich irgendwo versteckt. Entweder wussten sie nicht, dass Saul im Haus des Judas wohnte oder sie getrauten sich nicht, ihn hier herauszuholen. Was sie vorhatten, war ja illegal und musste vor dem römischen Präfekten und seinen Soldaten geheim gehalten werden.

      Judas suchte mich am nächsten und übernächsten Tag in der Herberge auf und berichtete, dass sich auffallend viele Nabatäer ohne ersichtlichen Grund vor den Toren der Stadt aufhalten würden.

      Ich wartete nun in der Herberge, bis einige Tage später Judas zu mir kam und mir erzählte: »Unser Plan ist aufgegangen. Ein Nabatäer hat heute Morgen an der Mauer eine angestellte Leiter und einen Papyrus gefunden, auf dem geschrieben stand: ›Liebe Brüder, ich gehe nach Tarsus zu meinen Verwandten, um dort das Evangelium von Christus zu verbreiten.‹ Damit ist er zum Konsul gegangen und hat ihm berichtet, der Unruhestifter sei geflohen.«

      Falls jemand die Verfolgung Sauls aufgenommen hätte, wären sie in die falsche Richtung gegangen. Er, Judas, glaube aber nicht, dass der Konsul noch weiter an Saul interessiert, sondern froh sei, dass er sich nicht mehr in der Stadt aufhalte.

      Judas hatte mein Pferd gleich mitgebracht und gab mir das Geld für ein zweites und eine Tasche mit Brot und Früchten und einen Krug Wasser.

      So ritt ich noch zur selben Stunde zum Tor hinaus. Die Torwächter ließen mich passieren, nachdem ich ihnen ein Schreiben von Judas gezeigt hatte, das an einen seiner Freunde in Jericho gerichtet war.

      Vor dem Tor waren keine Nabatäer mehr zu sehen.

      Ich ritt auf dem gleichen Weg, auf dem wir vor bald drei Jahren aus Jerusalem in unguter Absicht gekommen waren. Wir hatten vereinbart, dass wir uns irgendwo auf diesem Weg treffen würden.

      Da ich nun nicht noch ein zweites Pferd mitführen musste, konnte ich rasch voranreiten. Gegen