Von Jerusalem bis Rom. Martin Renold. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Martin Renold
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847699521
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persönlich fühlte ich mich zudem gedemütigt, denn ich war für die Sicherheit verantwortlich gewesen. Natürlich fürchtete ich auch, wenn nicht gerade um meinen Kopf, so doch um meine Stellung.

      Ich ahnte nichts Gutes, als jener Saul mich aufsuchte. Ich spürte seinen Zorn. Doch er beherrschte sich, wenigstens vorläufig noch, denn er wollte von mir genau wissen, wie dies geschehen konnte.

      Selbstverständlich glaubte er mir nicht, sondern hielt es für eine billige Ausrede. Ich konnte es ja selber kaum glauben. Er sah jedoch ein, dass es nicht meine Schuld war.

      »Das kann aber noch Folgen für dich haben«, sagte er zum Schluss und ging davon.

      Als die Priester und die Pharisäer die aus dem Gefängnis Entflohenen im Tempel sahen, entbrannte ihr Zorn von neuem. Sie riefen den Hohen Rat zusammen. Ich wurde mit den Gerichtsdienern und einigen Soldaten geschickt, sie vor den Hohen Rat zu führen. Doch die hohen Herren wusste nicht, was sie mit ihnen machen sollten. Denn sie fürchteten, das Volk würde aufbegehren, wenn man sie töten würde. Darum ließ man sie wieder laufen.

      Als ich sie aus dem Saal entlassen hatte, kam gerade Saul herzu. Gleichzeitig trat auch Gamaliel heraus. Er war ein Gesetzeslehrer, und er war es gewesen, der den Rat gegeben hatte, sie freizulassen

      Saul aber war ein Schüler von Gamaliel gewesen.

      »Meister«, sagte Saul zu ihm, »warum habt ihr diese Sektierer nicht töten lassen?«

      Saul hätte diese Irrlehrer am liebsten umgebracht oder zumindest im tiefsten Verlies in Ketten gelegt, so dass sie nicht mehr fliehen könnten. Sie hatten so viel Unruhe in die Stadt und in den Tempel gebracht. Das konnte doch nicht sein, dass der Hohenpriester, die Pharisäer, zu denen auch er gehörte, und der Hohe Rat so machtlos waren.

      »Wollt ihr euch denn von ihnen noch länger auf der Nase herumtanzen lassen?«, fragte er. Und Gamaliel sah den Zorn rot in seinem Gesicht aufsteigen.

      »Saul, mäßige dich!«, antwortete er ihm. »Ich hatte gute Gründe. Es gab schon zweimal Männer, zu einer Zeit als du noch bei deinen Eltern in Tarsus wohntest, die Hunderte von Anhängern hatten. Sie wurden getötet, und ihre Mitläufer zerstreuten sich, und es verlief alles im Sand. Warum sollten wir uns die Hände schmutzig machen mit diesen Leuten und das Volk gegen uns aufreizen, wenn wir sie töten oder einkerkern? Du wirst sehen, auch dieser Aufruhr legt sich wieder, und es wird nichts geschehen.«

      Saul war anderer Meinung. Er achtete das Gesetz und die Ordnung. Man hätte mit aller Härte vorgehen sollen. Diese Irrlehrer hatten schon zu viele auf ihre Seite gebracht, und nachdem sie sich bisher nie an das Verbot des Hohen Rates gehalten hatten, würden sie sicher auch in Zukunft sich nicht an das Gesetz halten und nicht schweigen, sondern weiterhin das Volk verführen und die reine jüdische Lehre verfälschen. Seinem Lehrer und Meister Gamaliel versprach er, alles zu tun, um diese Irrlehre auszurotten, wenn dieser Petrus, der doch nur ein Fischer gewesen sei, und dieser junge Johannes, der auch nichts anderes als ein einfacher Fischer sei, und all ihre Anhänger nicht Ruhe gäben. Er, Gamaliel, und der Hohe Rat sollten sich an seine Worte erinnern, wenn es so weit wäre. Er stände jederzeit zur Verfügung.

      Saul, Sohn von jüdischen Eltern, hatte seine Jugendzeit in der Hafenstadt Tarsus verlebt. Dort hatte er das Handwerk eines Zeltmachers erlernt. Da er schon dort in der Synagoge großes Interesse an den Schriften und den jüdischen Gesetzen gezeigt hatte, schickten ihn die Rabbiner zur religiösen Weiterbildung nach Jerusalem, wo er ein Schüler des weisen Gamaliel wurde. Doch von dessen zu Mäßigung und Vermittlung neigendem Sinn, hatte Saul kaum etwas gelernt.

      Gamaliel achtete Saul. Keiner seiner Schüler hatte so eifrig wie er die Schriften studiert. Er war ein kluger Kopf, doch oft brauste er auf, vor allem, wenn es um die Anhänger dieses Jesus ging. Saul wütete nicht blindlings gegen diese Leute. Er hatte sich sagen lassen, was Jesus gelehrt und an Wundern getan hatte. Es waren schöne Worte, die dieser gepredigt hatte: Liebe, Barmherzigkeit, Sündenvergebung. Aber es waren auch gefährliche Worte. Vor allem jene von der Sündenvergebung. Jesus selbst hatte Sünden vergeben, was doch nur Gott zustand. Und dass er der Christus, der Gesalbte, der Messias sei, war Blasphemie, gleichgültig, ob er es selber so gesagt hatte oder ob seine Jünger dies behaupteten. Und nun wollten sie dies noch damit beweisen, dass sie überall erzählten, dieser Jesus sei von den Toten auferstanden. Das war unmöglich. Ja, Elia war auch von der Erde entrückt worden. Aber er war nicht gestorben und dann wieder lebendig geworden. So etwas hatte es noch nie gegeben. Und darum war es eine Lüge, was diese Apostel, wie sie sich nannten, verbreiteten. Das musste mit allen Mitteln unterbunden werden.

      Saul trat nun auf mich zu, als er sich von Gamaliel verabschiedet hatte, und sagte: »Du hast gehört, was ich zu Gamaliel gesagt habe. Auch dir sind diese Leute auf der Nase herumgetrampelt. Du musst doch eine große Wut auf sie haben. Ich habe gehört, dass du bei den Oberen in Ungnade gefallen bist und dass man dich von deinem Posten absetzen will. Aber ich werde ein gutes Wort für dich einlegen. Denn ich brauche solche Männer wie dich. Dir mag es vielleicht gleich sein, welche Lehren diese sogenannten Apostel verbreiten. Aber ich weiß, dass du diese Schmach, die sie dir angetan haben, nicht auf dir sitzen lassen kannst. Wir müssen diese Leute vernichten. Diese Irrlehre muss ausgerottet werden. Ich kann dir nicht versprechen, dass du deine Stellung als Hauptmann behalten wirst, aber ich werde dafür sorgen, dass du mir bei der Verfolgung dieser Sektierer helfen kannst.«

      Saul hatte recht, diese Männer waren schuld am Ende meiner Laufbahn als Hauptmann. Warum also sollte ich Saul nicht helfen bei seinem Vorhaben, wenn er sich dafür einsetzen würde, dass ich mit einem blauen Auge davonkäme?

      2. Kapitel

      Maria, die Mutter von Jesus, Maria Magdalena und die andern Frauen buken jeden Tag Brot und kochten warme Speisen für die Armen. Viele Bedürftige kamen, aber unter ihnen waren auch viele, die ihr Hab und Gut verkauft hatten und sich hatten taufen lassen.

      Die Apostel trugen die Speisen aber auch zu jenen hinaus, die nicht kamen, jenen, die alt waren und nicht gut zu Fuß, oder die krank, lahm oder blind waren und deshalb nicht zu dem Haus der Apostel kommen konnten.

      Eines Tages sagte Johannes zu Petrus: »Es ist schon richtig, dass die Armen gespeist werden, aber es nimmt so viel Zeit in Anspruch, dass wir unsere Aufgabe, die Botschaft Jesu zu verkündigen, vernachlässigen. Wir müssen etwas unternehmen, damit wir unsern Auftrag, den uns der Herr übertragen hat, besser erfüllen können.«

      Petrus war einverstanden, es musste etwas geschehen. Als einer nach dem andern zurückkam, nachdem sie die Speisen ausgetragen hatten, wurde ihnen gesagt, sie alle sollten am Abend zu einer bestimmten Stunde zusammenkommen.

      Als es so weit war, berieten sie sich und kamen zum Schluss, dass sie sich Helfer aus dem Kreis jener wählen sollten, die jeden Tag zu ihnen zur Speisung kamen. So rief man denn auch diese zusammen. Unter ihnen waren viele griechischsprachige Juden. Die beklagten sich, denn sie meinten, die Apostel würden fast nur zu den aramäischsprachigen Witwen und Kranken gehen und die andern vernachlässigen.

      Petrus bestätigte dies mit großem Bedauern. Darum hätte man sie ja zusammengerufen, damit sie nun diese Aufgabe übernehmen sollten. Denn sie selber hätten keine Zeit, die stark anwachsende Gemeinde mit leiblicher und geistiger Nahrung zu versorgen.

      So wählten sie sieben von jenen Hellenisten. Wenn sie aber die Speisen zu den Alten und Kranken bringen, sollten sie nicht vergessen, ihnen das Wort Gottes zu verkünden.

      Die sieben Männer nahmen ihre neue Aufgabe dankbar an. Sie gingen von einem Apostel zum andern und dankten ihnen. Jeder der Apostel legte ihnen die Hand aufs Haupt, damit sie den Heiligen Geist empfingen.

      Unter den sieben war einer mit Namen Stephanus. Er war wie die andern sechs Grieche, hatte sich zum Judentum bekannt, war beschnitten und hatte der Synagoge der hellenistischen Juden angehört, bevor er sich hatte taufen lassen.

      Da er sehr fromm war, ging er seiner Aufgabe, die Speisen auszutragen, gerne und gewissenhaft nach. Doch er besuchte nicht nur seine Glaubensbrüder und -schwestern, sondern versuchte mit großem Eifer auch in der Synagoge, wo die griechischen