Wie ich endlich den richtigen Mann gefunden habe. Brigitte Körner. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Brigitte Körner
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847636311
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ich mich intensiver um meine Arbeit, las viel, ging in Ausstellungen und verabredete mich mit Freundinnen.

      „Du siehst gut aus“, sagten sie anerkennend, „glücklich und vor allem jünger.“

      „Genau so fühle ich mich.“

      „Wollt ihr irgendwann mal zusammen ziehen?“

      „Keine Ahnung. Früher war mein Leben mit Erik geplant und organisiert. Leider blieb das Glück dabei auf der Strecke. Jetzt lebe ich nach einem anderen Motto.“

      „Und das wäre?“

      „SEI WIE DU FÜHLST“

      „Und das funktioniert?“

      „Bei mir tut es das. Das habe ich Ricardo zu verdanken. Erst seitdem ich ihn getroffen habe, ist es für mich das Richtige.“

      „Und wie soll es weitergehen?“, eine Freundin stellte die Frage, die sie mit Sicherheit alle beschäftigte und die sie garantiert längst hinter meinem Rücken erörtert hatten.

      „Was meinst du damit?“, entgegnete ich.

      „Na in Zukunft. Wollt ihr zusammen ziehen oder was habt ihr für Pläne?“

      „Pläne? Was soll ich mit Plänen? Wir reden nicht über Zukunftspläne, wir sind frei davon. Wir leben die Gegenwart und genießen sie.“ Ich sah meinen Freundinnen einer nach der anderen direkt in die Augen.

      „Und der Altersunterschied?“

      „Den gab es zu Erik auch, allerdings in die althergebrachte Richtung. Das hat uns aber nicht getrennt, es waren andere Gründe. Macht euch um mich keine Gedanken. Ich weiß, was ich tue. Vor allem fühle ich, dass es das Richtige ist und ich bin wild entschlossen es so lang wie möglich auszukosten.“ Den letzten Gedanken behielt ich für mich. Es kam mir bei meinen Freundinnen genau so sinnlos vor wie bei Erik ihn auszusprechen.

      Als die Treffen mit Ricardo sich im Laufe des Jahres mehr und mehr zu seltenen Glücksmomenten und sparsam dosierten Kostbarkeiten entwickelten, habe ich es nicht herausposaunt. Wenn er mir nur nicht so verdammt gefehlt hätte! Verreist sind wir sowieso nicht zusammen, obwohl ich die Kosten für uns beide übernommen hätte. Nicht mal ein verlängertes Wochenende war drin. Er hatte immer etwas Wichtiges vor. Dabei wäre ich schon über ein oder zwei Dates im Monat glücklich gewesen. Ricardo machte nicht mit mir Schluss, er ließ es auslaufen und kam nicht mehr. Telefonisch habe ich ihn nicht erreicht, auch nicht, als sein Name noch an seinem Briefkasten und seiner Klingel stand. Ich wollte nicht, konnte es jedoch nicht lassen und ging mehrmals hin. Irgendwann war sein Name durch einen anderen ersetzt. Ich war drauf und dran zu klingeln und nach Ricardos neuer Adresse zu fragen, ließ es aber bleiben.

      „Besser eine kurze, intensive Liebe erleben als eine laue Beziehung, in der es nie gelodert hat, durchzuhalten“, sagte ich mir und biss dabei so fest die Zähne zusammen, dass es knackte.

      Ich rannte nach Hause und breitete die Fotos von dem Plakat auf der Bettdecke aus. Mit dem Zeigefinger fuhr ich über seine Arme und Beine, seine Brust und sein Gesicht und versuchte mich zu erinnern, wie er sich angefühlt hatte. Es gelang nicht, auch nicht, als ich die Augen schloss um es mir besser ins Gedächtnis zu rufen. Schließlich klebte ich einige Fotos an die Wand, löste sie aber kurz darauf wieder ab und verstaute sie in einer Schublade. Keiner außer mir sollte sie sehen dürfen, es wäre mir sonst vorgekommen, als hätte ich meine Zeit mit ihm nicht allein für mich gehabt, sondern im Nachhinein mit anderen teilen müssen.

      Seitdem Ricardo sich aus meinem Leben gestohlen hatte, waren die Abende und Wochenenden lang. Mit anderen Paaren hatten wir uns nie verabredet, er wollte das nicht.

      „Wozu soll das gut sein? Du bist die einzige, die mich interessiert“, hatte er behauptet und ich war darüber glücklich.

      „Stell ihn uns doch mal vor“, hatte eine Freundin gebeten, „ich bin neugierig und will wissen, wer dich entflammt hat.“

      „Kommt schon noch“, hatte ich gesagt und es auch geglaubt.

      Während meiner Ehe mit Erik hatten wir häufig Besuch von anderen Paaren oder waren dort eingeladen. Nach unserer Trennung hörte ich von den Leuten, die mein Ehemann an Land gezogen hatte, nichts mehr. Am Anfang fand ich das völlig okay, es war ihr gutes Recht, Partei zu ergreifen, schließlich war ich die Böse. Und in der Zeit mit Ricardo litt ich nicht darunter, dass sie mich von ihrer Liste gestrichen hatten, aber nun nagte es an mir, dass mich Menschen, die ich einmal als Freunde bezeichnete, wie einen alten Hut entsorgt hatten. Dagegen ließ meine Mutter wieder ab und zu von sich hören. „Diesen Ricardo“ zu treffen hatte sie als das Allerletzte vehement abgelehnt, dabei hatte ich ihr das nie vorgeschlagen. Allein, dass er jünger war als ich, fand sie undiskutabel. „Du willst nicht klug sein, du dumme Pute“, war ihr Kommentar. Nun schien sie zu frohlocken, dass dieses „Verhältnis“, wie sie es nannte, beendet war. Sie stattete mir hin und wieder einen Besuch ab und lief dabei missmutig und kopfschüttelnd durch meine Wohnung.

      „Ich darf nicht daran denken, wie schön du einmal gewohnt hast. Wie kann man nur!“

      Einmal öffnete sie den Wohnzimmerschrank, schob das Geschirr hin und her, ging danach in die Küche und zog die Besteckschublade heraus.

      „Wo ist das Meißner und wo ist das Silberbesteck?“ Sie sah mich so vorwurfsvoll an, als hätte ich es gestohlen.

      Ich ersparte mir die Antwort, die wir beide kannten.

      Als sie sagte: „Dass du in deinem Alter allein bleiben wirst, darauf solltest du dich einstellen, aber besser als sich auf so einen windigen Kerl einzulassen“, wusste ich, dass es mir zu schlecht ging, um mir meine Mutter zuzumuten. In der nächsten Zeit musste ich mich vor ihr in Sicherheit bringen, das war das Mindeste, was ich für mich tun konnte.

      Kapitel 2 Frau Kiepert ist Prostituierte

      Frau Kiepert ist Prostituierte

      Wenn ich heute daran denke, wie Gregor und ich zusammen kamen, habe ich Mühe nicht laut zu lachen. Es ist eigentlich nicht zu glauben und ich kann es immer noch nicht fassen, weil es mir so irreal und absurd vorkommt. Eine Nutte war schuld, was heißt hier schuld, ihr verdanken wir, dass wir uns kennen gelernt haben. Und wie es nach einiger Zeit weiterging, daran ist Gregor schuld. Eine aberwitzige und kuriose Geschichte.

      Seit meiner Trennung von Erik bewohnte ich eine Zweieinhalb-Zimmer-Wohnung in einem Hochhaus in einer ganz normalen Gegend. Gut durchmischt und lebendig würde ein Immobilienmakler das Viertel beschreiben. Gregor lebte im gleichen Haus in einer Drei-Zimmer-Wohnung. Hier wohnten wir in unterschiedlichen Stockwerken und liefen uns, solange noch alles „in Ordnung“ und der Hausfrieden noch nicht gestört war, nie über den Weg. In dem Haus gab es so viele Wohnungen, dass ich mich beim Einzug nur den Mitbewohnern auf meiner Etage vorgestellt hatte. Gregor zählte nicht dazu, sechs Stockwerke trennten uns.

      In den ersten eineinhalb Jahren nach meinem Einzug nahm ich nichts Außergewöhnliches wahr, ich war zu sehr mit mir selbst und mit Ricardo beschäftigt. Im Haus schien man friedlich nebeneinander her zu leben ohne sich gegenseitig ans Zeug zu flicken. Doch nach einiger Zeit änderte sich das Klima spürbar, zuerst in kleinen, dann in immer größeren Schritten. Am Eingang, im Aufzug oder in unserem Hausflur machte man seinem Unmut gegen eine äußerst unmoralische Mitbewohnerin Luft. Eine Frau Kiepert war den ordentlichen Leuten ein Dorn im Auge. Sie war angeblich die reinste Zumutung und lieferte Stoff für die anwachsende soziale Kontrolle.

      „Diese Kiepert zerstört den Hausfrieden, ihr Verhalten ist untragbar, keine Frage. Wir sind wirklich tolerant, aber mit Toleranz hat das nichts mehr zu tun. Mal muss Schluss sein.“ So und so ähnlich waren die Bemerkungen, die ich von der Haus- bis zur Wohnungstür aufschnappte.

      Ich verweilte so kurz wie möglich am Briefkasten, um nicht in Gespräch verwickelt zu werden.

      „Ihnen als Frau kann es doch nicht gleichgültig sein, was hier vorgeht.“ Allmählich nervte mich dieser Satz.

      Am liebsten hätte man