Floria Tochter der Diva. Ursula Tintelnot. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ursula Tintelnot
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783745039689
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Oberfläche stand Ines’ Bild vor einem üppigen Strauß weißer Rosen. Deine Lieblingsblumen, dachte er.

      Er nahm das Foto in die Hand und strich mit den Fingern über die Konturen des zarten Gesichts.

      »Ich weiß, was du mir sagen willst.« Er seufzte. »Aber ich kann sie nicht auf deinem Instrument spielen lassen. Ich könnte es nicht ertragen, wenn sie darauf herumgestümperte.«

      Er wusste, dass es falsch war, Katja das Spielen zu verbieten. Für ein Leben als Pianistin war Ines viel zu zart gewesen. Aber sie hatte gespielt wie ein Engel. Er hörte ihre Stimme. Du musst mich loslassen, Julian. Lass sie spielen. Sie könnte so werden, wie ich sein wollte. Mein Talent ist mein Vermächtnis an unsere Tochter. Soll sie das nie erfahren? Wenn sie ihre Begabung nun an Katja weitergegeben hätte …?

      Katja hatte viel von ihrer Mutter, aber sie war ein gesundes kräftiges Kind.

      Klavierunterricht

      Dieses gesunde kräftige Kind ließ sich gerade von Floria hoch in den Himmel schaukeln.

      Emma schmunzelte. Sie sah den beiden zu.

      »Floria, darf ich jetzt Klavierspielen?«

      »Wenn du möchtest.«

      »Weißt du, im Kindergarten darf ich manchmal auch spielen.«

      »Ach ja? Dann weißt du schon, wie es geht?«

      »Aber nur ein bisschen.« Katja hopste von der Schaukel. »Emma, kommst du mit?«

      »Nein Katja, ich will im Garten bleiben. Mach die Fenster auf, damit ich dich hören kann.«

      Gleich darauf flogen die ersten Töne zu ihr hinaus. Hänschen klein. Im ersten Moment glaubte sie, Floria spielen zu hören.

      »Das kannst du aber schon sehr gut.« Florias Stimme.

      Wo hatte das Kind das gelernt? Emma schüttelte verwundert den Kopf. Sie wusste von der Abneigung Julians, Klaviermusik zu hören. Sie erinnerte ihn zu sehr an Ines.

      Floria dachte, wenn dies das Ergebnis weniger Stunden im Kindergarten war, würde Julian es nicht schaffen, Katja vom Klavier fernzuhalten. Das Mädchen glühte vor Begeisterung. Sie spielte das einfache Kinderlied nicht nur herunter, sie begann zu interpretieren, spielte mal langsamer, mal schneller.

      Ich muss dich davon überzeugen, dass du solch ein Talent nicht einfach brachliegen lassen darfst, mein Lieber. Sie beschloss mit Julian zu sprechen.

      »Zeigst du mir noch mehr?«

      »Ganz bestimmt, Katja. Aber erst will ich mit deinem Papa sprechen.«

      »Er wird es nicht erlauben.«

      Oh, doch meine Kleine. Glaub mir, er wird, wenn ich mit ihm fertig bin!

      » Komm jetzt, Katie. Es ist Zeit, das Abendessen zu machen.« Vor der Zimmertür saß Ramses. »Was tust du hier? Du musst draußen bleiben.« Normalerweise gehorchte der Hund. Er durfte selten mit ins Haus.

      »Er wollte die Musik hören. Er hat Mamá immer zugehört.«

      »Deine Mamá hat Klavier gespielt?«

      Katja nickte und schob die Küchentür auf.

      »Emma, soll ich den Tisch decken?«

      »Wenn du magst, kannst du mir dabei helfen.«

      »Hast du die Musik gehört?«

      »Ja, es war wunderhübsch.«

      »Darf ich bei dir essen? Bei Dad gibt’s immer nur Nudeln.«

      »Aha, du magst also meine Nudeln nicht?« Julian stand mit Florias Kleidertüte in der Tür.

      »Oh, doch, aber nicht jeden Tag. Schau, Emma hat wieder Kartoffelsuppe gekocht.« Katja deutete auf ein Schneidebrett. »Und da liegen Würstchen. Die reichen für uns alle.«

      »Hast du Emma gefragt?«

      Dem Blick, mit dem Katja zu Emma aufschaute, hätte niemand widerstanden.

      »Julian, es reicht für uns alle, wenn nicht, halte ich den Topf unter den Wasserhahn.« Emma zog ein Messer aus dem Block. »Eigentlich wollten auch Alex und Thomas noch kommen.«

      Wie aufs Stichwort hörte man ein Auto vorm Haus halten und gleich darauf Türen schlagen.

      Katja rannte los, um die Besucher zu begrüßen.

      »Du verwöhnst sie«, sagte Julian.

      »Ja«, meinte Emma, »dafür sind Großmütter da.«

      Floria stand am Fenster und starrte in die Dunkelheit hinaus. Sie dachte an das, was Katja ihr gesagt hatte. Ramses musste demnach mindestens fünf Jahre alt sein. Sie würde Emma fragen. Vielleicht wusste sie, warum Julian so ablehnend auf den Wunsch seiner Tochter reagierte.

      Ihr Handy vibrierte. »Ich bin gleich da, wartet nicht mit dem Essen auf mich.«

      Floria lachte. »Längst erledigt. Bis gleich, Susan.«

      »Wann kommt Susan zurück?« Emma saß mit Julian am Küchentisch. Zwischen ihnen standen einige halbvolle Gläser und eine Flasche Rotwein. Daneben lag verwaist das Mensch-ärgere-dich-nicht-Spiel, das sie mit Katja gespielt hatten.

      »Sie sitzt im Taxi auf dem Weg hierher.«

      Alex und Thomas hatten sich für ihre Schachpartie an den Tisch vor dem Sofa zurückgezogen, auf dem Katja inzwischen eingeschlafen war.

      Thomas fragte: »Wer ist Susan?«

      »Florias Freundin«, grummelte Alex. »Und nun konzentriere dich bitte auf deinen Zug. Du wirst mal wieder verlieren.«

      Ramses schlug kurz an.

      »Meine Güte, was für ein Monster. Haben Sie keine Angst, Julian, dass er Ihre Tochter eines Tages frisst?«

      Susan stand in der Küchentür, erhitzt und strahlend. Sie entledigte sich ihrer hochhackigen Schuhe, indem sie einen nach dem anderen von den Füßen schüttelte, und warf den Mantel über den nächsten Küchenstuhl. Die Einkaufstüten ließ sie neben der Tür fallen.

      Floria dachte, was für ein Auftritt. Du hast es wirklich drauf. Und du siehst aus wie eine Frau, die befriedigenden Sex oder einen ebenso befriedigenden Einkaufsbummel hinter sich hat. Ihr fiel der Tenor ein, mit dem sich ihre Freundin hatte treffen wollen. Vermutlich hattest du beides. Sie bemühte sich um einen neutralen Gesichtsausdruck.

      »Guten Abend, Emma.«

      »Guten Abend, Liebes, wir haben eine Garderobe.«

      Emma betrachtete die Unordnung, die Susan innerhalb von Sekunden um sich herum verbreitet hatte.

      Susan lachte. »Entschuldige, Emma.«

      Sie sammelte ihre Sachen zusammen und verschwand. Als sie wieder erschien, saß Thomas immer noch mit halb geöffnetem Mund auf seinem Stuhl. Das Schachspiel mit Alex hatte er vollkommen vergessen.

      »Susan, das ist Doktor Müller, Emmas Hausarzt.«

      »Thomas«, sagte er, als Susan ihm die Hand reichte.

      »Susan.«

      Julian schnappte sich seine verschlafene Tochter. »Nach Hause mit dir, mein Liebling.« Sie schlang ihre Arme um Julians Hals. Über seine Schulter hinweg sah sie zu Emma. »Darf ich morgen wieder kommen?«

      »Ja, Katja, das darfst du.«

      Floria begleitete die beiden bis zur Haustür. Ramses erhob sich und folgte Julian und Katja. Hatte er seine kleine Herrin adoptiert, nachdem ihre Mutter gestorben war? Rührend, dachte sie. Dieses graue Monster, wie Susan Ramses nannte, ließ Katja niemals aus den Augen, so, als argwöhnte er, er könne auch sie verlieren.

      Floria schaute ihnen lange