Die Nachtwache. Mina Bialcone. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Mina Bialcone
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783742757401
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nichts Besonderes, wurde Victorias Wille umgesetzt.

      »Sie ignorieren völlig, dass ich Lügen sehen kann. Ihr Gesicht ist verräterisch, wie die Augen eines Verliebten. Ich meinte den Ball zum Geburtstag des Lord Mayors auf dem wir uns großartig amüsieren werden.« Victoria lachte ihn an und ihre schneeweißen Perlenzähne blitzten auf. Vielleicht war es der Wein, der eine leichte Röte auf ihre marmornen Wangen zauberte. »Zur Strafe werde ich Sie zwingen den ganzen Abend nur mit mir zu tanzen!«

      Finstburn sah sie verwirrt an. »Es ist mir eine Ehre, aber ich bin nicht gerade das, was man einen Salontiger nennt und meine Tanzkenntnisse sind eingerostet. Ich bezweifle, dass Sie mit mir viel Spaß haben werden oder es ihre Tanzkarte zulässt.«

      »Ich trage einfach nur Ihren Namen in meine Tanzkarte ein.«

      »Dann dürften wir beide für den Skandal der Saison sorgen.«

      »Seien Sie kein Spielverderber, es ist keine Bitte, Minister. Es ist der Befehl einer Dame. Wir werden uns beide köstlich amüsieren und wenn es Ihnen mit dem Walzer zu anstrengend wird, sitzen wir zusammen und sie erzählen mir gruselige Geschichten.«

      »Als könnten Sie mir nicht viel gruselige erzählen. Aber ich werde natürlich dem Willen einer Dame gehorchen. Aber was bringt Sie her, gibt es Ärger wegen meines Etats?«

      »Nein.«

      Finstburn wirkte eine Spur entspannter. »Darf ich meinen Sonderermittler nach Sussex schicken, der nach der Ursache des Verschwindens einer ganzen Dorfeinwohnerschaft forscht mein Kamerad Fortlebe lechzt nach Abwechslung!«

      »Die Königin will ihre Agenten in der Stadt behalten, bis der Ball zu ende ist. Ich lasse gerade von unseren Mitarbeitern das Gerücht verbreiten die Bewohner sind nach Amerika ausgewandert, um Zeit zu schinden. Aber natürlich werden wir uns auch darum kümmern und darum geht es indirekt. Wir brauchen eine Abteilung spezialisierter Agenten der Nachtwache, die schnell von einem Ort zum anderen können und unabhängig agieren ohne lange auf Anweisungen warten zu müssen. Ich habe mir die Clapham Akten kommen lassen und mir das eine Mädchen angesehen. Nach den Unterlagen die Einzige, die jemals die ganze Ausbildung in Clapham überlebte.«

      »Und der damalige Direktor gab sich jede Mühe das zu verhindern. Schade das man solange nicht bemerkte, das er von einem Dämon besessen war.« Finstburn wurde es kalt, die Erinnerung lag drei Jahre zurück, aber war immer noch präsent. »Wer hätte geahnt das ein verdammter Geist soviel Einfluss auf ihn nehmen konnte und er uns zwang mit seinen irrsinnigen Test die Absolventen zu opfern. Warum auch immer sie atmend überstand, wecken wir keine schlafenden Hunde und geben ihr nicht zu viel freie Hand bei Entscheidungen. Bestimmte Mitarbeiter behalte ich lieber im Auge.« Finstburn sah aus dem Fenster auf das Dach von Waterloo Station, als sammle er Worte und Gedanken. Victoria beobachtete Finstburns Gesicht während sie ihre beiden Weingläser nachfüllte. Sie stand so dicht bei Finstburn das ihm ihr Parfüm in die Nase stieg, was ihn zu den schrecklichen Erinnerungen zusätzlich verwirrte. Die Treffen der Beiden waren immer so speziell, dass es nicht einmal der Diener es wagte sie jetzt noch zu stören. »Trinken Sie mit mir!« Miss Buckingham drückte Finstburn ein Glas in die Hand. »In den vielen Jahren in London habe ich mich an den Geschmack von Wein gewöhnt und man nennt ihn nicht umsonst auf einigen Inseln Griechenlands das Blut der Götter.«

      »Danke.« Der Minister benetzte aus Höflichkeit seine Lippen und stellte das Glas auf den Tisch ab.

      »Ich glaube die Nachtwache Whitechapel macht sich gut in meine Pläne für eine schnelle Eingreiftruppe. Gilbert of Breden, seine Stiefmutter gehört zu meinem menschlichen Freundeskreis, der jüngste Inspektor einer Nachtwache seit Gründung des Ministeriums. Seine Diplomarbeit zum Thema Binnengewässer und Bewegungsradius von unnatürlichen Belästigungen ist eine der Besten, die ich jemals las. Er klebt nicht an die orthodoxen Methoden und sie ist begabt und nach ihren Einsatz Notizen nicht mit Skrupel belastet.«

      »Skrupel standen nie auf dem Unterrichtsplan in Clapham. Wir sollten nur aus Londons Waisenkinder die eine Begabung zum Okkultismus zeigen Bluthunde erziehen, damit London nicht im Chaos versinkt.«

      »Eine schreckliche doch notwendige Aufgabe.«

      »Ich war ihr Lehrer. Selbst Fortlebe hat erkannt, das sie etwas Besonderes ist, als sie das erste Mal einen Schritt in die Akademie setzte. Es gelang ihr mehrmals aus der Quarantänestation auszubrechen und wir wissen immer noch nicht, wie das ein 6-jähriges Kind konnte. Unsere Mitarbeiter fanden sie, von einem Geist besessen, ohne das ihr Körper Anzeichen der Abstoßung zeigte. Sie wissen Besessene sterben meist nach kurzer Zeit an der Auszehrung, aber bei ihr schien es umgekehrt zu sein. Als beziehe sie aus dem Kontakt mit Geistern besondere Vitalstoffe. Man hat ihr Blut untersucht, ihren Körper ihren verstand, aber kein Arzt war in der Lage uns das zu erklären.« Finstburn verschwieg das der leitende Anstaltsarzt Doktor Brown Hestings vorschlug ihre Leiche zu sezieren, um ihr Gehirn zu untersuchen. Nur sein Sturz aus dem Fenster im vierten Stockwerk verhinderte, dass er einen offiziellen Antrag stellte. Brown Hastings Selbstmord war ungewöhnlich gewesen, Selbstmörder öffneten meistens die Fenster vor einem Sprung in die Tiefe. In seinem Büro herrschten auch Kampfspuren, Stühle waren umgeworfen und Dokumente vom Tisch gefegt, als hätte man ihn durch die Scheiben geworfen. Was nicht sein konnte, die Wachen vor seiner Tür sagten aus, es sei die ganze Zeit leise im Zimmer gewesen und niemand hatte in der fraglichen Zeit den Raum betreten oder verlassen.

      Miss Buckingham nickte, ein Lächeln auf ihrem Mund. »Ich habe sie mir auf dem Weg hierher kurz angesehen, sie war nicht für meine Hypnose anfällig. Ihr Geist, ihre Gedanken waren für mich verschlossen und das habe ich in meinem langen Leben selten erlebt. Wenn ich es nicht konnte ihr meinen Willen aufzuzwingen, wird kein Geist es schaffen sie zu seiner Waffe zu machen, außer es geschieht mit ihrem eigenen Willen.«

      »Sie sollten vorsichtiger sein und nicht immer der Neugier folgen. Denken Sie an Claphams Direktor. Er ist in seinem bewachten Haus mitten im August erfroren und ich bin mir absolut nicht sicher, dass es nicht ihr Werk war. Das Mädchen ist speziell, es scheint sie kann Geister benutzen. Ihre ganze Kommunikation mit ihnen scheint anders zu verlaufen. Als seien sie in ihrer Gegenwart nicht nur Schatten gefüllt mit der Illusion des Lebens.«

      Victoria sah auf. »Ist sie meiner Art?« Sie schüttelte schnell den Kopf. »Nein ich hätte es selbst aus der Kutsche heraus gerochen, ihre Aura war nur furchtbar von Ektoplasma umgeben. In welchen Zeiten leben wir, das Mädchen ihre kostbare Jugend mit Geistern verschwenden?«

      »Vielleicht waren ihre Eltern begabte Totenbeschwörer? Leider entdeckten unsere Mitarbeiter keinerlei Zeichen für ihre Herkunft oder Abstammung. Es scheint, als war sie eines Tages plötzlich in Limehouse. Und ich kenne es aus meiner aktiven Zeit, der Geruch von Ektoplasma will einfach nicht verschwinden. Es ist, wie der Geruch von feuchter Erde der den Totengräber umgibt.« Victoria hielt sich die zartgliedrige Hand vor den Mund und lachte. Finstburn ergriff ihre Rechte und zog sie sanft hinunter. »Das müssen Sie nicht.« Victoria spürte bei der Berührung ein rebellisches Pochen ihres Herzens. Der Minister, der noch nicht die fünfzig überschritten hatte, war ein faszinierender Mann. Mit seinen Tätowierungen im Gesicht verströmte er wildes und sein Benehmen war untadelhaft und herausfordernd zugleich. Sie hätte nur zu gerne gewusst zu welcher Leidenschaft der Mann fähig war. »Auch wenn ich Ihre Schwäche für die Mitarbeiter der Nachtwachen kenne. Wir brauchen im Moment besonders fähige Köpfe.«

      »Ein Feind?« Finstburn sah nicht besonders besorgt aus.

      »Im vorigen Monat trieb ein leeres Handelsschiff aus Odessa an die Küste von Sussex. Danach erhielten wir Meldungen von häufiger auftretende Sichtungen und Erscheinungen, die Straße folgend bis nach London. Ich vermute, jemand Unangenehmes plant einen Aufenthalt bei uns.«

      »Es ist schon hier, war es schon immer. Haben Sie die Berichte in den Zeitungen verfolgt? Schattenwandler in den Gassen von Whitechapel, die Angriffe auf Menschen haben sich allein seit voriges Jahr verdreifacht. Das gefährlichste für London sind seine Bewohner.«

      »Unterschätzen wir ihn nicht.«

      »Wen? Einen mächtigen Nekromanten? Einen Hexer oder haben wir es mit Vampiradel zu tun. Was ich höre, sind nichts, als Gerüchte. Man wispert von einem