Die Nachtwache. Mina Bialcone. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Mina Bialcone
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783742757401
Скачать книгу
n id="u86c1c852-9523-537f-bf5e-92828eaec8c1">

      Mina Bialcone

      Die Nachtwache

      Die Dinge im Schatten

      Dieses ebook wurde erstellt bei

       Verlagslogo

      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       1

       3

       4

       5

       6

       7

       8

       9

       10

       11

       12

       13

       14

       15

       16

       Impressum neobooks

      1

      Bella saß auf der von der Sonne noch aufgeheizten Stufe vor dem hübschen zweistöckigen Haus in der Pembrose Street. Das Haus hatte Blumenkästen vor den Fenstern, in denen sie Jasmin und Bolder Kräuter zogen. Im Erdgeschoss befanden sich das Wohnzimmer, Küche und Badezimmer. Ein heller, luftiger Raum, der mit einem guten Auge möbliert war und von zwei hohen und breiten Fenstern zur Straße hin erhellt wurde. Die Zimmer waren großzügig und der Flur war breit. In ihrer Wohnung roch es nach Lavendel und dank farbiger Lichtfenster in der Wohnungstür sah man die Staubflocken nicht in der Luft tanzen. Ihre Schuhe standen ordentlich unter dem Schuhschrank, wobei sie lieber barfuß ging und nur bei der Arbeit Schuhwerk trug. Sie bewohnte die Wohnung seit drei Monaten und hatte es in der kurzen Zeit bereits geschafft, dass die Menschen der Gegend einen Bogen um sie schlugen, aber das lag daran das sie einen komischen Beruf ausübte. An ihren ersten Auftrag konnte sie sich kaum erinnern, sie hatte einfach schon zu lange mit diesen Dingern zu tun, ihr ganzes Leben war von diesen Kreaturen umgeben, der Sinn ihrer Existenz auf ihre Vernichtung aufgebaut. Nicht – das sie sich nichts Besseres vorstellen konnte oder ihr die Träume und Ziele abhandengekommen waren. Aber wer in ihrem Metier arbeitet, kommt nur schwer aus der Tretmühle heraus. Womit sie keinesfalls behaupten würde die Aufgabe sein nicht wichtig, oder es gefiel ihr nur nicht, weil Opfer und Täter unter allen Umständen geheim bleiben mussten. Eine schöne Panik würde ausbrechen, wenn Mithras die Wahrheit ausplaudern und die Beweise auf den Tisch legen sollte. Wenn man anfängt, für ihn im Außendienst zu arbeiten kommt es einem zuerst grausam vor, einer kompletten Familie: Vater, Mutter und Kind einen Silberpfahl durch die Herzen zu rammen, einem nach den anderem, als stempelt man ein Dokument. Hat man diese Hemmschwelle überwunden, indem man nur an die Opfer denkt, flutscht die Arbeit von alleine und man erledigt ein Nest in einem Aufwasch. Nach vier Jahren Ausbildung hatte sie das zum ersten Mal unter Aufsicht von Fortlebe gemacht. Einem schlafenden Vampir, der wie eine nette ältere Dame aussah den Silberdorn durchs Herz gehämmert und sich über das viele Blut erschrocken, das aus dem Loch in ihrer Brust schoss und an die Wände und über ihr Gesicht klatschte. Fortleben hatte sie zur Seite genommen und gesagt: irgendwer muss schließlich dafür Sorgen das London zu keinem Totenhaus wird. Wer konnte, voraussehen das 1855 mit der Ankunft der Besatzungslosen Demeter im Londoner Hafen der Ärger mit Vampiren begann. Bei der Jagd nach diesen Kreaturen kann einem schon hin und wieder ein Fehler unterlaufen. Man erschreckt den Falschen mit Hammer in der Hand und das spitze Ende des Silberpfahles direkt über seinem Herz, weil der Vampir weitergezogen ist. Es ist ein Schock, wenn ein gesetzestreuer Bürger seine Augen aufschlägt und eine junge Dame mit erhobener Waffe über sich knien sieht. Oft sind die Berichte nicht auf dem neusten Stand und das Ding, das man seit Wochen jagte, war weitergezogen. Sie blickte auf eine ölige Pfütze in denen Kartoffelschalen und Abfall schwammen, die sich am verstopften Gullydeckel gesammelt hatten. Das Thermometer zeigte immer noch 34 Grad und ihre Arbeitsschuhe waren seit gut einer halben Stunde ungebunden. »Weißt du«, sagte sie zu sich, »und das sage ich nicht, weil ich es nicht verstehe, aber warum muss ich mich immer dann mit Mithras treffen, wenn es mir nun überhaupt nicht passt?« Einer der wartenden jungen Männer pfiff einem Mädchen hinterher und Bella hätte ihm die Zunge herausgeschnitten, hätte er ihr irgendwas anzügliches hinterhergeschrien. Menschen bis auf wenige Ausnahmen nervten sie furchtbar. Bella knotete die Schnürsenkel ihrer Arbeitsschuhe zu und stand auf. Sie ließ einen Boten passieren und überquerte die Straße und machte sich auf den Weg nach Clapham.

       2

      Die Kutsche scherte aus dem zähfließenden Verkehr und hielt vor dem Haus Nummer 166 A, mit seinen schlanken hohen Säulen und der klassischen Fassade. Minister Finstburn, stieg aus und drehte sich zu seinem Kutscher und blinzelte ihn an, als sei ihm gerade aufgegangen das er sich aus seinem Amtszimmer fortbewegt hatte. »Ah schon da. Gehe in die Küche und esse, Tom. Es wird vermutlich nicht sehr lange dauern. Ich lasse dich rufen, wenn ich dich brauche.«

      »Nachdem ich Betty versorgt habe, Sir.«

      »Verstehe«, Finstburn nickte, »erst die Pflicht.«

      Der Fahrer, mit dem tätowierten Gesicht schnalzte mit der Zunge und die Kutsche fuhr zu einem nahegelegenen Mietstall. Minister Finstburn überquerte, eine Melodie summend, die ihm seit dem Vormittag im Kopf festsaß den Bürgersteig und stieg energisch die sechs Marmorstufen bis zur Eichentür. Er musste nicht mit seinem Gehstock klopfen oder die Klingelschnur ziehen. Ein Diener, breit wie ein Berg und nicht höher als ein Tisch im weißen Hemd, mit schräg sitzendem Zylinderhut auf dem Kopf und schlecht verwachsenen Narben im tätowierten Gesicht, öffnete die schwere Tür und verneigte sich. Alte Kameraden, die sich nur zu Bürostunden an die Regeln der Höflichkeit hielten. Finstburn betrachtete seinen alten Freund und dachte wieder, dass die Tätowierungen sie alle zu Sklaven machte. Auch sein Gesicht wies die wilden Ornamente auf, die verhindern sollten, das man jemals ein bürgerliches Leben führen konnte. Bluthunde des Ministeriums heirateten einander und zeugten medial begabte Kinder, deren Lebensweg vorherbestimmt war. Sie waren ausgestoßen und empfanden sich deshalb als Familie.

      »Minister«, sagte Fortlebe mit französischen Akzent, er war in Soho unter Hugenotten, Spaniern und russischen Anarchisten groß geworden. Vielleicht hatte er deswegen Sympathie mit den Juden die vor den mörderischen Pogromen in Russland und Polen flohen und täglich in der Stadt strandeten. Fünfzig oder einhunderttausend allein in diesem Jahr. So genau wusste das niemand, außer den Narren, die glaubten Religion oder Rasse habe etwas mit der Qualität von Menschen zu tun. Fortlebe, wusste es viel besser. Oft waren die Monster, die er vernichtet hatte, von besserer Qualität gewesen, als die Menschen die er vor ihnen zu schützen hatte. Minister Finstburn lächelte genauso flüchtig, wie Louis Fortlebe sich verneigte. Er