Dummes Mädchen, schlaues Mädchen - Ein Fall für Harald Steiner. Ansgar Morwood. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ansgar Morwood
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844262780
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wir einmal Ihre Version gelten, Frau Mombach, dann könnten Sie sich ja auch so in Rage geschaukelt haben, jemanden zu engagieren, der die Jahn umbringen sollte,“ trumpfte Steiner nun listig auf.

      „Wie? Was?“ Jennys Hysterieanfall schlug in Angst um. „Das können Sie doch nicht wirklich meinen. Mord! Mord ist doch…“ Sie überlegte und fing sich wieder ganz. „Was kostet denn so ‚n Auftragskiller?“

      „In der Regel Geld,“ kam es trocken von Steiner. „Aber selten unter tausend Euro, meistens das Vielfache dessen.“ Er wusste, was nun ihrerseits kommen würde. Und genau das kam jetzt auch. Sie lachte auf und warf kurz ihren Kopf in den Nacken.

      „Haben Sie eine Ahnung, was ich in meinem Job verdiene?“

      „Nein, tut mir leid. Ich habe nicht einmal eine Ahnung, was Ihr Job ist.“

      „Ich bin Altenpflegerin im ambulanten Dienst geworden, nachdem mich diese blöde Jahn rausgeekelt hatte. Wenn ich nach Abzug meiner Miete und den Nebenkosten noch 500 Euro im Monat zum Leben habe, kann ich mich glücklich schätzen. Da kann ich mir nicht auch noch einen Killer leisten.“

      „Gut, diesen Aspekt muss ich wohl gelten lassen. Aber es gibt ja auch Mörder, die sich anderswie zum Mord anstiften lassen,“ gab Harald zu bedenken. „Schenke ich den mir vorliegenden Berichten aus Kassel Glauben, sind Sie durchaus in der Lage, Ihnen nahe stehende Personen zu unlauteren Taten und Aussagen anzustiften.“

      Sie grinste überheblich. „Und wie soll ich das nun wieder angestellt haben?“

      „Schauen Sie einfach mal in den Spiegel.“ Mehr brauchte er hierzu nicht zu sagen und nahm sich einen weiteren Aspekt vor. „Da wäre aber noch etwas, was nicht ohne Brisanz sein dürfte. Ausgerechnet in der Straße und unweit des Hauses, in dem Angela Jahn zuletzt gewohnt hat, ist Ihr Nissan Micra mehrfach abgestellt worden und das erst, seitdem Frau Jahn dort eingezogen war. Was haben Sie dazu zu sagen?“

      Jenny wusste, die Schlinge um ihren Hals begann sich zuzuziehen, und sie erdachte sich dennoch eine Ausrede. „Ich gehe hin und wieder in der Bonner Straße shoppen. Da ist es schon mal sinnvoller, zum Parken in eine Nebenstraße zu fahren.“

      „Woher wollen Sie denn wissen, dass Frau Jahn in der Nähe der Bonner Straße gewohnt hat? In den Zeitungen hat das nicht gestanden.“

      „Doch, doch. Irgendwo habe ich es gelesen oder gehört,“ verwehrte sich Jenny.

      Steiner war sich nicht sicher, ob das im Bereich des Möglichen lag. Die Artikel über den Mord, die er gelesen hatte, hatten lediglich über eine junge Frau aus Köln gesprochen, aber ob es Artikel oder Rundfunkausstrahlungen gegeben hatte, die das konkreter gebracht hätten, vermochte er nicht objektiv zu beurteilen. Trotzdem: „Als ich Ihnen eingangs den Grund meines Besuchs kund tat, verhielten Sie sich so, als sei Angelas Ermordung eine Neuigkeit für Sie. Jetzt geben Sie zu, sogar zu wissen, wo sie zuletzt wohnte. Das sind mir einige der Zufälle zu viele.“ Die Mombach wollte etwas einwenden, aber Harald hatte nicht vor, sie zu Wort kommen zu lassen, sondern ihr jetzt komplett einzuheizen. „Aber bleiben wir ruhig bei Ihrem Shoppen in der Bonner Straße in Marienburg. Wenn dem so ist, wird es ja auch gewisse Geschäfte geben, die Sie mehrfach aufgesucht haben. Es wird Ihnen gewiss nicht schwerfallen, mir einige davon zu nennen. Andernfalls werden wir selber sämtliche Läden abklappern und deren Personal nach Ihnen befragen. Oh weh Ihnen, keiner kann sich an Sie erinnern. Wie die Sache dann aussieht, kann ich Ihnen jetzt schon sagen. Wir werden annehmen, Sie haben über Wochen hinweg das Tun und Lassen Ihrer Exkollegin studiert, um ihr eine Falle stellen zu können. Dann haben Sie einen Mörder angeheuert oder sonst wie mobilisiert. Und als Triebfeder Ihrer Mordlust werden wir von Ihren Rachegelüsten gegen Angela Jahn ausgehen, weil diese nach Ihrem subjektiven Dafürhalten die Ursache Ihrer verpatzten Karriere gewesen ist. Käme noch hinzu, dass der Mörder selbst zum Mordopfer wurde. Wo waren Sie denn überhaupt in der Nacht vom Mittwoch auf den Donnerstag, der Zeit als Jahns Mörder ermordet wurde? Allein zuhause? Dann haben Sie ja noch schlechtere Karten. Wenn Sie die Angela behelligten, geben Sie es jetzt besser zu. Mit jedem weiteren Detail, das wir zu Ihren Lasten ausfindig machen werden, reiten Sie sich nur tiefer in die Sache hinein.“

      Jenny Mombach war ob Steiners Heftigkeit entsetzt. Ihr wurde klar, wie nahe sie am Rande einer Mordanklage wandelte. Dann offenbarte sie: „Also gut, ich gebe es zu. Ich habe Angela gehasst. Aber ich habe sie nicht getötet und nicht töten lassen. Ich wollte nur, dass sie genauso tief fällt, wie ich gefallen bin. Damals, als ich in Kassel meine Lehrstelle aufgab, fand ich keine neue mehr als Frisöse. Nur im Pflegebereich war noch was zu bekommen. Als ich dann hörte, die Angela sei nach Köln gezogen, bemühte ich mich darum, ebenfalls nach Köln zu kommen. Ich nahm eine Stelle bei einem Pflegedienst in Köln an, fand aber nur hier in Bonn eine bezahlbare Wohnung. Ich habe einen großen Teil meiner Freizeit damit verbracht, Angelas Gewohnheiten zu studieren. Was glauben Sie, wie stinkig ich war, als ich herausbekam, mit welch tollem Typen sie da zusammengezogen war? Dann fuhr sie ihre Arbeitszeit bei ihrem Chef zurück und ging fast täglich nach der Arbeit einige hunderte Meter weiter in einem verwaisten Ladenlokal ein und aus. Mir war schnell klar, dass sie darin ein eigenes Geschäft einrichten wollte. Ich rief bei der Maklerin an, die ihr den Laden vermittelt hatte, und erfuhr, sie habe die Absicht, dort einen luxuriösen Frisiersalon einzurichten, den sie im März eröffnen wollte. Da dachte ich mir, das könnte ihren Boss interessieren, und habe ihm das gesteckt.“

      „Was erwarteten Sie sich davon?“

      „Natürlich dass er ihr das Leben sauer machen würde.“

      Harald ließ sich zu einer persönlichen Bemerkung hinreißen. „Frau Mombach, Sie sind eine böse Jenny. Statt an Ihrer eigenen Karriere zu arbeiten, machen Sie anderen das Leben unnötig schwer.“

      Als Harald wieder unten auf dem Bürgersteig stand, galt sein erster Blick dem Opel, der etwas weiter an der anderen Straßenseite geparkt stand. Sein Fahrer saß am Steuer. Harald überquerte die Straße und öffnete die Fahrertür seines Mercedes. „Was hat der Kerl gemacht, während ich bei der Mombach war?“

      „Zwei Minuten, nachdem du reingegangen warst, ist er ausgestiegen, ist hinüber gegangen und hat die Klingelanlage andächtig studiert und sich etwas aufgeschrieben,“ klärte ihn Monika auf.

      „Na, dann werde ich mir den Burschen mal zur Brust nehmen.“ Der Hauptkommissar ging schnurstracks auf die Fahrerseite des Opels zu, der sogleich plötzlich gestartet wurde. Steiner konnte sich vorstellen, dass sein Kommen vom Fahrer des Wagens im Außenspiegel bemerkt worden war und dieser sich denken konnte, von ihm jetzt zur Rede gestellt zu werden. Aber das Unterfangen des Fahrers schlug fehl, da Steiner die letzten Meter im Laufschritt zurücklegte. Der Hauptkommissar klopfte ans Seitenfenster der Fahrertür. Dem Mann am Steuer blieb angesichts der schmalen Parklücke nichts anderes übrig, als das Fenster runterzulassen. „Ja bitte?“

      Harald hielt ihm seinen Dienstausweis entgegen. „Steiner, Kripo Köln. Machen Sie den Wagen aus, und steigen Sie aus!“ Der etwa fünfzigjährige Mann befolgte artig die Vorgaben. Als er nun neben Steiner stand, fuhr dieser ihn unwirsch an. „Sie sind uns von Köln bis hierher gefolgt, mein Herr. Sind Sie Reporter, Privatdetektiv oder Beamter einer polizeilichen Behörde?“

      „Äh… Nein. Mein Name ist Peter Jahn. Ich bin der Vater von Angela Jahn und…“

      „…und glauben mit der Nase dabei sein zu müssen, wenn wir ermitteln, wie? So, Herr Jahn, damit das ein für allemal klar ist, wir wünschen keine Schatten anderer während unseren Recherchen. Was versprechen Sie sich eigentlich davon, uns auf die Finger zu schauen? Wollen Sie daraus resultierend selber Angelas Mörder vor uns ausfindig machen und vielleicht sogar eigenhändig richten?“

      „Ich weiß selbst nicht, was ich mir davon verspreche, Herr Hauptkommissar. Aber es war doch meine Tochter, die da…“ Steiner unterbrach ihn erneut. Er konnte sich gut in Jahns Gefühlslage hineindenken. Er blickte um sich und erspähte eine Kneipe.

      „Hören Sie, Herr Jahn, wir sollten uns mal in aller Ruhe aussprechen. Ich lade Sie zu einem Bierchen dort in dem Lokal ein.“

      Jahns Blick folgte der Richtung, in die Haralds Zeigefinger wies, und er nickte. Dann gab Steiner seiner Frau ein Zeichen, sie solle ihnen folgen.

      In