GSC. Frederic John H. MacLawrence. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Frederic John H. MacLawrence
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847609773
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(Kinderportion) aus der Minibar und beschloß, eine erfrischende Dusche zu nehmen, da ich bis zum Abendessen um 18.00 Uhr Ortszeit noch gute zwei Stunden Zeit hatte.

      Auch Duschen kann in den USA zum Abenteuer werden. Ich dachte schon, ich müsse noch die Feuerwehr holen, um mit diesen idiotischen Hebeln das Wasser wieder abstellen zu können. Die Amis könnten sich auch mal anständige Armaturen zulegen. Ich trocknete mich ab, Handtücher gab es überreichlich, und ging noch ein wenig im Zimmer auf und ab. Ich kann am besten nachdenken, wenn ich ein bißchen hin- und herlaufe. Ich kann mir das zwar nicht erklären, aber diese Art der Bewegung hilft mir dabei wirklich.

      Als Junge habe ich einmal vom Kapitän eines englischen Schiffes zu Zeiten der napoleonischen Kriege gelesen, der stundenlang auf der Galerie vor seiner Kapitäns-Kajüte auf- und abmarschiert sein soll. Er hatte dort nur fünf oder sechs Meter Platz, bevor er wieder umdrehen mußte. Dabei mußte er an einer bestimmten Stelle immer den Kopf einziehen, da er etwas größer war, als die Schiffsbauer eingeplant hatten. Immer, wenn er zu sehr in Gedanken versunken war, krachte er unwillkürlich mit seinem Kopf an das besagte Hindernis. An diesen Kapitän werde ich immer wieder erinnert, wenn ich durch die Gegend tigere, während ich über etwas nachdenke. Bei meiner Größe hätte ich auf so einem alten englischen Segelschiff wahrscheinlich auf den Knien robben müssen, um nicht ständig mit meiner Rübe gegen irgendeinen Balken zu donnern.

      Während der Wanderung durch die Räumlichkeiten meiner Suite fiel mir urplötzlich die kleine Stewardess mit ihrer FAZ ein. Ich holte die Zeitung aus meiner Handgepäckstasche und schlug sie auf. Ich brauchte nicht lange zu suchen. An Seite fünf war ein kleiner Notizzettel geheftet.

      „Mein Name ist Babs Lindman. Ich kenne mich sehr gut aus in San Francisco. Wenn Sie wollen, kann ich Sie ein bißchen in der Stadt herumführen. Die nächsten vier Tage habe ich frei. Sie erreichen mich im Airport Hilton gegenüber dem Main-Terminal“, stand darauf in zierlicher Handschrift.

      Die Stewardess war ja recht unternehmungslustig. Das Mädchen war auch echt nicht häßlich. Sie war schlank, etwa 1,75 Meter groß und hatte ein freundliches Gesicht, das von braunen, halblangen Haaren umrahmt wurde. Sie gefiel mir durchaus, aber ich lebe nach der Devise: „Zuerst die Arbeit, dann das Vergnügen“. Im Augenblick konnte ich noch überhaupt nicht abschätzen, ob mir mein Auftrag für letzteres Zeit lassen würde.

      Vielleicht kam ich ja noch auf das Angebot zurück. Ich bin immer der Meinung, man sollte nichts verkommen lassen, was einem so freigiebig angeboten wird. Wer weiß, wann die nächste Hungersnot ins Haus steht. Ich legte mich aufs Bett, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und dachte ein wenig über meinen Auftrag nach.

       Golden Gate

      Normalerweise schickt mich Onkel Nick nicht ohne jegliche Vorbereitung und mit derart dürftigen Daten versehen in einen Auftrag, gar noch nach Übersee. Ganz im Gegenteil. Onkel Nicks große Stärken sind Planung, Ordnung und Organisation. Aber dieses Mal war alles ganz anders. Es war alles Hals über Kopf gegangen. Es ging hier um die Tochter eines ehemaligen Klassenkameraden meines Onkels aus dem Gymnasium, allem Anschein nach um einen total verzogenen Fratz von einundzwanzig Jahren. Ich hatte ein Bild von ihr dabei. Es handelte sich um ein recht hübsches Mädchen mit blonden, halblangen Haaren. Sie war etwa 170 cm groß und wog zwischen 55 und 60 kg. Der Fehler an ihr war anscheinend hauptsächlich darin zu suchen, daß ihr schon von den Windeln an jeder Wunsch von den himmelblauen Augen abgelesen worden war. Als sich später dann auch noch herausstellte, daß sie recht hübsch werden würde, verwandelten sich vor ihr alle, insbesondere ihr Vater, zu Fußabstreifern, mit denen sie tun und lassen konnte, was sie wollte.

      Das große Problem für ihren Papi bestand im Augenblick darin, daß sie nicht mehr aufzufinden war. Die einzige und auch letzte Spur, die er von ihr hatte, führte hierher nach San Francisco. Genauere Daten wollte er uns noch an die Hand geben. Aber während dieser Zeit wäre er uns doch unheimlich dankbar, wenn wir schon mal einen zuverlässigen Mann nach San Francisco entsenden würden, so daß wir dann sofort vor Ort aktiv werden könnten. Wir sollten unsere besten Leute einsetzen, er würde alles bezahlen und auch nicht um den Preis feilschen. Aber das war eigentlich nur so dahingesagt, denn mit Onkel Nick feilscht man sowieso nicht um den Preis. Er vertritt immer den Standpunkt: Gute Leistung kostet gutes Geld. Unser Auftraggeber verzog allerdings seine Miene tatsächlich in keiner Weise, als er unsere Preise erfuhr.

      500,00 DM pro Tag für jeden Mann, der ausschließlich auf den Fall angesetzt wurde, zuzüglich Spesen in der jeweils anfallenden Höhe. Für Einsätze außerhalb von Deutschland wurde je nach Land ein weiterer Auslandszuschlag erhoben. Für den Einsatz unseres besten Mannes galt ein weiterer Zuschlag von nochmals 100,00 DM und es wurden zudem noch erhöhte Spesensätze verrechnet.

      Ums Geld ging es Herrn Dr. Heinrich aber anscheinend wirklich nicht. Er akzeptierte im Endeffekt einen Tagespreis von rund DM 1.000,00 zzgl. Spesen.

      Um zu zeigen, wie ernst es ihm mit der Sorge um sein mißratenes Töchterchen war, zahlte er sofort bei Abschluß des Vertrages eine Summe von DM 50.000,00 an. Daraufhin setzte Onkel Nick sofort unseren „Top-Agenten“, wie ich scherzhaft im Hause der „Dominik Steiner Security“ genannt wurde, auf den Fall an. Tante Alex buchte noch am gleichen Tag einen Flug für mich nach San Francisco. Zuerst ging es mittels eines Zubringers von München nach London und von dort dann nonstop nach San Francisco.

      Die Firmenbezeichnung unseres Sicherheits- und Geldtransport-Unternehmens ist anfänglich etwas irritierend. Gemäß Handelsregister-Eintragung muß die richtige Bezeichnung auch lauten: „Dominik Steiner Security“, Sicherheit, Überwachung und Werttransporte, Gesellschaft mit beschränkter Haftung.

      Geschäftsführende Gesellschafter sind Onkel Nick und Tante Alex. Normalerweise wird in unserer Branche nicht allzu gut verdient, aber Onkel Nick sorgt schon dafür, daß ich finanziell nicht zu kurz komme. Mein Hauptaufgabengebiet liegt in der internen Revision und in der Erfüllung von Sonderaufgaben. Wir beschäftigen rund 180 Mann, pardon Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Mit den kaufmännischen Aktivitäten der Firma bin ich im Regelfall nicht befaßt. Ich kenne mich dafür zu wenig aus in der Materie. Aber das ist auch nicht erforderlich, denn Onkel Nick und Tante Alex sind beide aus dem kaufmännischen Bereich, gelernte Bankkaufleute, studierte Betriebswirte, und mit allen Wassern gewaschen.

      Meine bevorzugte Tätigkeit besteht in der Erledigung von Sonderaufgaben. Die schwierigeren Fälle übergibt Onkel Nick alle an mich, sei es, daß es um heikle Personenschutzaufgaben geht, um diffizile Überwachungsaufträge oder auch nur die Aufdeckung innerbetrieblicher Schwachstellen im Bereich der Werttransporte.

      Meine Tätigkeit bei Onkel Nick und Tante Alex gefällt mir wirklich sehr gut, und ich kann mich voll damit identifizieren. Ich ertappe mich oft dabei, wie ich von unserer Firma spreche, dabei bin ich ja eigentlich auch nur ein Angestellter. Aber da Onkel Nick und Tante Alex keine Kinder haben, hatten sie mir schon vor ein paar Jahren angeboten, später einmal die Firma zu übernehmen.

      Nach meinem Abitur war ich damals sofort vom Barras geholt worden. Aus finanziellen Gründen hatte ich mich für einen längeren Zeitraum verpflichtet. Ich hatte dort neben der üblichen militärischen Ausbildung auch noch die Möglichkeit erhalten, an diversen Lehrgängen über Nahkampftechniken teilzunehmen. Da sich bald herausgestellt hatte, daß ich für diese Art der militärischen Freizeitbeschäftigung echt begabt war, erwarb ich mir auf diesem Gebiet beim Barras vielfältige Kenntnisse, die ich später noch vervollkommnen konnte. Nach dem Militärdienst machte mir Onkel Nick das Angebot, bei ihm in die Firma einzutreten. Da wir uns schon immer blendend verstanden hatten, willigte ich sofort ein.

      Und so war ich jetzt im Westin St. Francis in San Francisco, lag auf dem Bett und wartete auf das Abendessen. Über all diese Gedankengänge meldete sich nun doch noch der Jet-Lag mit Macht zur Stelle. Zum Glück hatte ich meinen kleinen Reisewecker gestellt, der mich jetzt mit ekelhaften Pfeiftönen wieder aus dem Reich der Träume riß. Gerade noch rechtzeitig wurde ich fertig. Ich hatte nämlich einen Tisch im Restaurant des Westin St. Francis reservieren lassen.

      Ich zog mir eine helle Leinenhose an, ein frisches weißes Hemd mit ein paar Applikationen und ging ins Restaurant. Hier lernte ich eine weitere amerikanische