Weltenreise. Julia Beylouny. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Julia Beylouny
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738004298
Скачать книгу
flaues Gefühl machte sich in ihrem Magen breit. Endlich schaute Sam in ihre Richtung, wenn auch nicht in ihre Augen. Er raufte sich die Haare. „Ich habe ihm schon gesagt, dass hier niemand vermisst wird. Aber er muss das abchecken, wenn du verstehst, was ich meine. Die Sache mit der Tasche habe ich vorgeschoben, um deinem Onkel keinen Schrecken einzujagen.“

      „Was? Wer kommt darauf, irgendjemand würde vermisst? Officer, ich verstehe nicht ganz, was hier eigentlich los ist.“

      „Sehen Sie, gestern Abend fand eine Strandparty am Pier statt. Gegen zweiundzwanzig Uhr dreißig ging in der Zentrale ein Anruf ein. Jemand berichtete von einer Schlägerei, in die Mister Dawson verwickelt gewesen sein soll. Dabei soll ein junges Mädchen – deren Beschreibung eindeutig auf Sie zutrifft – über das Sicherheitsgeländer des Piers gestoßen worden sein. Daraufhin wurde die Party polizeilich beendet und ein Taucherteam suchte die halbe Nacht erfolglos nach der jungen Frau.“

       Kriemhild wurde schwindelig. Ihr Puls überschlug sich beinahe. Die Aktion konnte sie unmöglich vor Onkel John und Tante Margret geheim halten.

      „Geht es dir gut? Willst du dich einen Moment lang setzen?“ Sam schaute besorgt. Ihm war ihr Schock offenbar nicht entgangen.

      „Alles in Ordnung. Ich bin nur etwas erschrocken über die Sache.“

       „Ma’am? Verzeihen Sie, aber ich muss Sie ein paar Dinge fragen. Waren Sie gestern auf dieser Party?“

      „Ja. Und wie Sie sehen, bin ich am Leben und wohlauf.“

       „Dann stimmt es also nicht, dass Sie ins Meer gestoßen wurden?“

      „Ich wurde nicht gestoßen. Ich bin auf dem Pier ausgerutscht und ins Wasser gefallen. Mister Dawson zog mich sofort heraus und wir verließen die Party. Wer der drei anderen hat mich denn als vermisst gemeldet?“

       Samuel fuhr sich wieder durch die Haare. Kriemhild verstand nicht, aus welchem Grund er das immer tat. Wieso war er so nervös?

      „Der Anruf ging anonym ein. Wissen Sie vielleicht mehr über diese Schlägerei?“

       Sie schaute zu Sam hinüber. Er hatte keinen Namen preisgegeben.

      „Allerdings. Die drei Jungs sind die Einzigen, die dafür in Frage kommen. Dieser Jason, James und ein Freund der beiden, dessen Namen ich nicht kenne. Officer, ich denke, einer der Jungs hat mir was in meinen Drink gemixt. Zur Schlägerei kam es, weil Mister Dawson mir helfen wollte.“

       Samuel sah sie so wütend an, als würde er ihr jeden Moment an den Hals springen.

      „Mister Dawson? Würden Sie das bestätigen?“

      Er schnaubte verächtlich. Dann nickte er. Officer Cooper machte einige Notizen auf seinem Schreibblock.

      „Ma’am, wenn Sie sagen, jemand habe Ihnen etwas in den Drink gemischt, gehe ich richtig in der Annahme, dass Sie von dem illegalen Betäubungsmittel GHB sprechen? Sie erheben da schwere Anschuldigungen. Möchten Sie Strafanzeige erstatten?“

      Samuel drehte sich weg und atmete tief durch. Sein Verhalten irritierte Kriemhild zunehmend.

      „Wenn es so wäre, könnte man dieses Mittel in meinem Blut noch nachweisen?“

      Der Officer warf einen Blick auf seine Armbanduhr. „Schwer zu sagen. Ich denke, eher nicht.“

      „Dann möchte ich gern von einer Strafanzeige absehen.“

      „Vielen Dank, Ma’am. Ich habe vorerst genug gehört. Ich würde Sie dann um Ihren Namen und die Anschrift bitten, nur fürs Protokoll, Sie verstehen. Falls Sie doch über eine Anzeige nachdenken, kommen Sie einfach aufs Department.“

      „Natürlich. Ich danke Ihnen. Tut mir leid für die Unannehmlichkeiten.“

       Er lächelte. „Das ist mein Job, Ma’am, und ich bin sehr erleichtert, dass Sie wohlauf sind und wir nicht mehr damit rechnen müssen, dass in den nächsten Tagen eine Leiche an den Strand gespült wird.“

      Der Gedanke daran jagte Kriemhild eine Gänsehaut über den Rücken.

      Samuel wartete, bis der Officer außer Sichtweite war. Dann packte er sie hart am Arm und verschaffte seinem Ärger Luft.

      „Musstest du unbedingt die Namen dieser Typen verraten? Du weißt anscheinend gar nichts über sie!“

      Sie schüttelte ihn ab und wich einen Schritt zurück. Dort, wo er ihren Arm gepackt hatte, brannte ihre Haut. Seine Augen blitzten in der Sonne.

      „Ach, nein? Vielleicht weiß ich nichts über sie, allerdings habe ich genug mitbekommen, um zu wissen, wie kriminell sie sind! Warum schützt du sie? Hast du etwa Angst vor ihnen? Sie hätten mich beinahe umgebracht, schon vergessen?“

      „Nein, das habe ich nicht vergessen! Und es wäre besser, wenn du niemals erfährst, was ich deinetwegen riskiert habe. Was diese Typen angeht, ihre Väter sind sozusagen das New Yorker Gesetz! Sei froh, dass du von dieser Anzeige abgesehen hast, sonst hättest du sehr bald einen Prozess am Hals, den du in hundert Jahren nicht gewinnen würdest. Die sind eine Nummer zu groß für dich. Leute wie uns zerquetschen die zu Staub, verstehst du das?“ „Wer hätte denn ahnen können, dass sie mich gleich als vermisst melden und dich im Zug der Schlägerei erwähnen? Dass dieser Officer hier aufkreuzt, hat mich völlig überrascht. Und im Übrigen hat dich niemand gebeten, mich zu retten. Es tut mir leid, dass du meinetwegen etwas riskieren musstest.“

      Samuel drehte sich weg und rang nach Fassung. Er wich ihrem Blick aus und sprach so leise, dass sie fast nichts verstand.

      „Mir tut es nicht leid. Ich würde es jederzeit wieder tun. Jedoch solltest du mich nie mehr zwingen, Dinge zu sagen – zu denken – die etwas auslösen könnten, was ohnehin unmöglich ist. Es wäre zu viel der Erklärungen, du würdest es nicht verstehen. Bitte frag nicht, wieso mein Vater dich sehen will. Noch heute.“

      „Wie bitte?“

      „Mein Wagen steht dort drüben. Ich warte auf dich. Lass dir Zeit, deine Tante hat unseren Streit mitbekommen und will sicher wissen, was los ist.“

       „Was redest du da?“

      Kriemhild sah sich um und suchte nach Tante Margret. Sie war nirgends zu finden. Wie kam er darauf, dass sie alles mitbekommen hatte? Als sie ihn fragen wollte, war er bereits auf dem Weg zu seinem Wagen.

      Ihre Tante stand an der Wand hinter der Verandatür. Von draußen war sie unmöglich zu sehen, von ihrer Position aus konnte sie jedoch jedes Wort verstehen, das unten gesprochen wurde. Woher wusste Sam davon?

      Sie fiel Kriemhild in die Arme, als sie eintrat. „Kind, ist alles in Ordnung mit dir? Ich habe ein wenig von eurem Streit mitbekommen. Was ist denn nur passiert? Was wollte der Officer?“

      Margrets Augen waren angsterfüllt. John betrat das Wohnzimmer und schaute fragend.

      „Beruhigt euch erst mal. Das alles ist ein Missverständnis. Jemand hat mich auf der Party als vermisst gemeldet, weil ich ausgerutscht und beinahe ins Meer gefallen bin. Samuel hat mich aufgefangen, dabei habe ich meine Tasche verloren. Und soll ich euch was sagen? Mein Handy war drin. Damit habe ich endlich Ruhe vor Justus.“

      Die Tatsache beruhigte selbst Kriemhild. Tante Margret und Onkel John atmeten erleichtert auf. Wieso hätte sie ihre Verwandten unnötig in Angst und Schrecken versetzen sollen? Die Wahrheit hätte sie nur beunruhigt.

      „Worüber habt ihr gestritten?“ Margret hielt Kriemhilds Hände.

      „Eine kleine Meinungsverschiedenheit. Ich fahre kurz mit Samuel in die Stadt, wenn ihr einverstanden seid.“

      Ihre Verwandten wechselten einen schnellen Blick. John räusperte sich.

      „Sicher. Wir wollten morgen mit der Fähre rüber nach Martha’s Vineyard. Vielleicht fragst du ihn, ob er uns begleiten möchte?“

      „Nein, Onkel. Das ist keine gute Idee. Ich will nicht, dass er mitkommt.“

      Sie