Weltenreise. Julia Beylouny. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Julia Beylouny
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738004298
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während sie sich den Kopf hielt. Sämtliche Gliedmaßen zitterten. Ihr Atem ging noch immer schwer und röchelnd. Samuel schaute an ihr hinab.

      „Darf ich?“ Er deutete auf den Rock, der triefnass war, bevor er ihn mit einem schnellen Handgriff auszog und in den hinteren Teil des Wagens warf. Er ging zum Kofferraum und holte die Wolldecken hervor, die er immer dabeihatte. Die Winter in Massachusetts konnten sehr hart sein.

      Mit aller Macht zwang er sich stark zu bleiben, als er sie in die Decken wickelte. Bis zum Hals. Dann schloss er die Tür und setzte sich auf den Fahrersitz. Kate zitterte noch immer.

      „Gleich wird’s besser.“

      Er überlegte, ob er eine Runde fahren sollte, damit die Heizung ansprang. Je länger ihr Zittern anhielt, desto länger würde sie in seinem Wagen hocken. Das alles gefiel ihm ganz und gar nicht. Das war so nicht geplant gewesen. Er wollte sie so schnell wie möglich zu Hause abliefern, um sich dann für den Rest des Sommers irgendwo zu verstecken. Sie stöhnte wieder und warf den Kopf herum.

      „Alles okay?“

      „Es dreht sich … Mir ist so übel.“

      Samuel lachte verächtlich. „Das muss an diesem Zeug liegen, das er dir in den Drink gemischt hat. Ein Gutes hat die Sache ja: Du wirst dich morgen an nichts mehr erinnern.“

      Vielleicht sollte er sich auch eine Dosis abholen, um sie zu vergessen?

      „Was für ein Zeug denn?“

      „Na, was denkst du wohl? Das, was ihm ein paar nette Stunden mit dir ermöglichen sollte. Oder hast du dich nicht gefragt, wieso er nichts von dem Drink probiert hat?“

      „Ich glaube, ich muss mich übergeben.“

       Dann verlor sie für kurze Zeit das Bewusstsein. Samuel fuhr sich durch die Haare. Wenn Dad von der Sache Wind bekam, dann Gnade ihm Gott. Er stieg aus und lief ein Stück durch die Dünen. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass es noch vor Mitternacht war. Er beschloss, zum Roadhouse zu laufen, das weiter vorn an der Straße lag. Vielleicht konnte er einen heißen Kaffee oder Tee auftreiben, um dem Aufwärmungsprozess von Kate ein wenig auf die Sprünge zu helfen.

      „Und? Ist das gut?“

      Sie nippte an dem Kaffee und nickte. „Das ist mehr als gut. Danke! Erzähl mir nochmal … wieso bin ich hier?“

      Er schüttelte verzweifelt den Kopf. „Weißt du, Kate, das sollten wir vielleicht ein anderes Mal besprechen. Wenn du wieder ganz bei dir bist.“

       „Ich heiße nicht Kate“, lallte sie.

       „Was?“

      „Ich heiße nicht Kate.“

       Samuel schaute irritiert. „Sondern?“

      „Kriemhild. Irre, was?“

      „Kriemhild? Was ist denn das für ein Name?“ „Ein schrecklicher! Ich hasse ihn!“ Ihr Heulen ließ daran keinen Zweifel. „So? Woher stammt er denn?“ „Aus Deutschland. Ich bin aus Deutschland. Mitsamt meinem schrecklichen Namen.“

      Er lachte. Nicht mehr lange und er würde in ihrer Gegenwart durchdrehen.

      „Halb so wild. Ich heiße auch nicht Samuel.“

      „Ich weiß. Sie nennen dich alle Sushi-Sam. Wieso eigentlich?“ Auch das war nicht sein Name.

      „Sollen sie mich doch nennen, wie sie wollen. Es interessiert mich nicht. Vielleicht liegt es daran, dass ich gern Fisch esse.“

      Kriemhild leerte den Becher und stellte ihn auf die Ablage. Er schaute sie an und verfolgte jede einzelne Geste. Eine Sache konnte er sich absolut nicht erklären, darum fragte er: „Wieso kannst du nicht schwimmen?“

      Sie erwiderte seinen Blick und er wusste, dass das die Sache nicht einfacher machte. Im Gegenteil.

      „Frag mich bitte nicht. Die Geschichte ist noch schrecklicher als mein Name. Mir ist warm. Ich denke, du kannst mich jetzt heimbringen.“

      Kapitel 11

      Jason

      Kurz zuvor.

      Er schrie auf vor Schmerz, als das Knacken seines Nasenbeins durch seinen Kopf hallte. Sushi-Sam stand längst auf dem Geländer und setzte zum Sprung an. Der elende Penner! Sollte er doch einen auf Baywatch machen! Bei dem Wellengang würden sie ohnehin beide absaufen.

      Jason setzte sich auf und stöhnte. Sein Kopf hämmerte. Er fasste sich übers Gesicht und bemerkte das ausströmende Blut. Die Nase war fürs Erste hin. So ein Mist! Er schaute sich um und entdeckte James und Matthew, die neben ihm auf dem Pier hockten und sich die Köpfe hielten. Sie hatten den Freak total unterschätzt.

      „Ihr Vollidioten!“, schrie er sie an. „Kommt zu zweit nicht mal gegen diesen Vogel an!“

      „Hey, Jason, du hast doch gesehen, wie der uns umgenietet hat.“

      „Lass das peinliche Gejammer, James! Wir brauchen einen Plan. Los, ruf die Bullen!“

      „Die Bullen?“, rief sein Kumpel entsetzt.

      „Ja, Mann, die Bullen! Oder hast du was mit den Ohren?“

      Kapitel 12

      Kriemhild

      „Wie aufmerksam von dem Jungen, dich heimzufahren. Hat dir die Party denn gefallen?“

       Tante Margret nahm einen Schluck Kaffee und musterte sie aus den Augenwinkeln.

      Die Party. Seltsam. Obwohl Samuel ihr versichert hatte, dass sie sich an nichts erinnern würde, sah Kriemhild alles klar vor Augen. Vor allem die Szene in seinem Wagen. Sie war ihr in ganz besonderer Erinnerung. Er hatte sie aus dem Ozean gefischt, was ihr zu denken gab. Samuel schuldete ihr ein paar Antworten.

      „Ja, sehr aufmerksam. Du hättest aber nicht auf mich warten müssen.“

       „Natürlich musste ich das. Ich bin deine Tante und wenn dir hier etwas zustößt, würde deine Ma es mir nie verzeihen. Und ich mir auch nicht. Noch ein Brötchen, Liebes?“

       „Danke. Das deutsche Frühstück hast du dir offenbar beibehalten.“

       Margret nickte. „Offenbar. John hat es zu lieben gelernt. Dieses Fastfood kann einem auch wirklich auf den Magen schlagen.“

      Im selben Moment betrat ihr Onkel das Esszimmer über die Veranda. Er sah etwas blass aus und zögerte, bevor er das Wort ergriff.

      „Kriemhild, da draußen ist jemand für dich.“

       „Für mich?“

      Er nickte, nahm den Sonnenhut vom Kopf, den er bei der Gartenarbeit immer trug, und drehte ihn nervös in den Händen umher.

      „Ja. Es ist dieser … Dawson-Junge, der immer drüben in den Dünen sitzt. Er steht unten am Strand mit … einem Police Officer. Sie wollen mit dir reden, über die Tasche, die du vermisst.“

      „Meine Tasche?“

      Margret griff erschrocken nach ihrer Hand. „Du vermisst eine Tasche? Davon hast du gar nichts erzählt. Waren Wertgegenstände drin? Bist du etwa beklaut worden?“

      Kriemhilds Stimme versagte. An die Tasche hatte sie gar nicht mehr gedacht. Sie musste sie im Meer verloren haben. Schweigend erhob sie sich und ging an John vorbei hinaus auf die Veranda. Samuel stand neben einem Officer und wirkte ziemlich durcheinander.

      „Was ist hier los, Sam? Ich habe meine Tasche nicht als vermisst gemeldet. Ich verstehe das alles nicht.“

      Aus irgendeinem Grund wich er ihrem Blick aus.

      „Guten Morgen, Ma’am, verzeihen Sie die Störung. Mein Name ist Officer David Cooper, Falmouth Police Department.” Er