Dederike - Zum Dienen geboren. Swantje van Leeuwen. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Swantje van Leeuwen
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750208438
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ungeschützt.

      »Sehr gut«, stellte Marieke nach einer gefühlten Ewigkeit fest. »Dann glaube ich nicht, dass es noch sehr viel zu sagen gäbe.«

      Augenblicklich hatte Dederike das Gefühl, etwas Falsches gesagt und ihre Chance nicht genutzt zu haben.

      »Wann können Sie anfangen?«, fügte Marieke mit einigen Sekunden Abstand hinzu.

      Dederike keuchte überrascht. »Nnnu ... Ik bedoel, altijd![11]«, stotterte sie, fassungslos darüber, dass sie den Job einfach so bekommen hatte.

      »Ausgezeichnet«, rief Marieke und strahlte übers ganze Gesicht. Dann stand sie abrupt auf und streckte ihre Hand aus, um die ihre zu schütteln.

      Dederike stand auf, legte ihre Hand in die ihre. Ihr Gegenüber hielt sie fest, als sie ihr die Hand schüttelte und sie war schockiert über die Stärke des Griffs und die begleitende Intensität des Blicks.

      Noch immer hielt Marieke ihr die Hand, obgleich sie sich jetzt ihrer Frau zuwandte. »Kristiina, würdest du so lieb sein und Dederike ein Taxi rufen? Sie wird jetzt nach Hause fahren, um ihre Sachen zu holen, damit sie sofort loslegen kann.«

      Kristiina van der Linden nickte lebhaft, stand dann schnell auf und eilte dorthin, wo sich das Festnetztelefon befand.

      Dederike fiel auf, wie schnell sie reagierte – ohne ein einziges Wort der Beschwerde oder Frage. Aber es war eine müßige Beobachtung, die für sie erst viel später relevant werden würde.

      »Kommen Sie mit, Dederike. Ich zeige Ihnen ihr Zimmer, während wir auf den Wagen warten«, sagte sie mit einem herzlichen Lächeln und drehte sich herum, um in Richtung Flur zu gehen. »Sagen Sie mir: Haben Sie spezielle Ernährungsbedürfnisse? Allergien? Etwas das ich als Arbeitgeber beachten sollte?«

      Dederike schüttelte den Kopf. »Nein, nichts dergleichen«, fügte sie hinzu, derweil sie ihr nacheilte.

      *

      Als sie den Flur erreichten, schritt Marieke auf eine teilweise geschlossene Tür zu, zog sie ins Schloss und griff nach dem kleinen Messingschlüssel, der sie verriegelte. Dann nahm sie den Schlüssel an sich und steckte ihn bedächtig in ihre Jackentasche, ehe sie sich Dederike zuwandte. Ihr Gesicht verriet keine andere Emotion als eine ausgeglichene Zufriedenheit. »Unser Keller«, bemerkte sie beiläufig. »Um ehrlich zu sein, ein ziemliches Durcheinander und die Lichter sind auch defekt. Es wäre nicht gut, wenn Sie da unten im Stockdunklen herumstolpern.«

      Dederike nickte. Ihr rasender Verstand galoppierte mit zweihundert Kilometer pro Stunde dahin. Sie konnte kaum glauben, wie schnell das passierte. Sie hatte sich nie überlegt, ob sie die Kellertür abschließen musste, und fragte sich, ob eine einfache Warnung nicht ausreichend gewesen wäre.

      »Okay, dann lassen Sie uns in Ihr Zimmer gehen. Danach können sie nach Hause eilen und eine Tasche packen. Wie hörst sich das an?«, fragte sie, doch so, als würde es sie nicht im Geringsten interessieren, wie Dederike das fand.

      »Het is ... in orde, ja, in orde[12]«, bestätigte Dederike und versuchte gefasst zu klingen, denn sie fühlte sich innerlich verwirrt und völlig überwältigt.

      Marieke ging weiter und marschierte den Flur hinunter, tiefer in das große Haus hinein.

      Dederike folgte ihr und bemühte sich, mit ihren winzigen Schritten, mit den selbstbewussten Mariekes Schritt zu halten.

      Als sie einen kleinen Raum im hinteren Teil des Hauses erreichten, führte Marieke sie hinein.

      Dederike schritt an ihr vorbei in ein spärlich eingerichtetes Schlafzimmer – hell und luftig, mit einem Einzelbett in einer Ecke. Auf dem adrett aufgezogenen Betttuch lag ein einfaches schwarzes Kleid mit weißem Kragen und Bündchen, ein ebenfalls weißes Häubchen, mit passenden Handschuhen und einer Schürze. Daneben lagen mehrere hauchzarte schwarze Strumpfhosen. Vor dem Bett standen ein paar flache schwarze Ballerinas, die praktisch und mit ihren Fesselriemchen durchaus niedlich anzuschauen waren.

      »Ich hoffe, das Zimmer gefällt Ihnen. Sie können es gern mit Ihrem Hab und Gut aufhübschen«, bot Marieke ihr an. Dann deutete sie auf die Hausmädchenuniform. »Bitte tragen Sie das, wenn Sie arbeiten.« Sie zeigte auf den Schrank. »Dort befinden sich zwei weitere als Ersatz.«

      Dederike nickte und versuchte alles in sich aufzunehmen. Sie fragte sich, wo die komfortablen Träume ihrer Studienzeit geblieben waren. Diese untergeordnete Rolle einer Dienstbotin war fern der Welt auf die sie gehofft hatte – Lichtjahre entfernt von einer Karriere in einem muffigen alten Museumstrakt.

      »Bitte seien sie pünktlich um sechs Uhr auf. Ich erwarte mein Frühstück um halb sieben. Kristiina ist ein bisschen später dran. Sie ist von mir angewiesen, dass sie nicht später als halb acht aufzustehen hat«, erklärte Marieke.

      Sie ist von mir angewiesen, dass sie nicht später als halb acht aufzustehen hat?, ging es Dederike, der erst jetzt richtig klar wurde, dass Marieke der dominierende Teil in dieser Beziehung war.

      Marieke lächelte sie ein letztes Mal an und strahlte ein Gefühl der Gelassenheit und Kontrolle aus, das gleichermaßen einschüchtern und beunruhigend war. »Ausgezeichnet. Dann lasse ich Sie mal in Ruhe. Das Taxi wird in kürze hier sein.« Damit machte sie auf ihrem hohen Absätzen kehrt und schritt in einem Wirbel von wohlduftenden Parfüm und laserähnlicher Effizienz durch die Tür hinaus.

      Dederike atmete tief aus und ließ sich auf das Bett fallen. Was ist da gerade nur passiert?, fragte sie sich. Sie starrte an die Decke und versuchte, die Eindrücke der letzten fünf Minuten zu verarbeiten. Ich habe einen Job, brauche mir keine Sorgen mehr wegen der Finanzen machen oder muss meine Eltern um Hilfe bitten! Es ist ein bescheidener Job, aber was soll's? Was ist schon dagegen einzuwenden, wenn ich Dienstmädchen werde? Viele Leute würden alles darum geben, einen Job wie diesen zu bekommen! Und ich habe ihn! Doch bei aller Freude blieb im Hinterkopf eine anhaltende Unsicherheit. Ein unerschütterliches Erbe ihrer rustikalen Erziehung. Werde ich mich wirklich wohl fühlen, wenn ich mit einem lesbischen Paar in einem Haus lebe? Sie schüttelte den Kopf und schalt sich für diese Frage. Um Himmels willen! Wir leben im einundzwanzigsten Jahrhundert! Die beiden sind offensichtlich sehr verliebt und trotz ihrer unkonventionellen Wünsche und Bedürfnisse sehr glücklich. Wer bin ich, um sie zu beurteilen?! Es ist doch nicht so, als müsste ich selbst mit ihnen ins Bett gehen und Sex mit den beiden haben, oder?

      ***

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      Kapitel 3

      Dederike fand es erstaunlich, wie schnell sich ihre Leben geändert hatte, und damit verbunden, eine drastische Veränderung in ihren bisherigen Routinen eingetreten war. Das schloss auch ihre Zukunftsplanung mit ein, seit sie sich als Dienstmädchen im Haus von Kristiina und Marieke van der Linden niedergelassen hatte. Bereits nach nur wenigen Tagen hatte sich ihr Leben zu einer Anreihung angenehmer Gewohnheiten entwickelt, und sie genoss sogar die damit verbundene, schlichte weltliche Arbeit.

      Jeden Tag stand sie zeitig auf, duschte kurz und schlüpfte dann in die praktische und elegante Uniform. Das Kleid, samt Häubchen, Handschuhen und stets strahlend weißer Schürze, gefiel ihr ausgesprochen gut. Es half ihr, sich im Job zu entspannen und sich daran zu erinnern, was und warum sie es tat. Nachdem sie sich im Spiegel inspiziert hatte – Marieke verlangte von ihr, dass sie immer tadellos aussah und sie sich nicht mit dem kleinsten Fussel auf ihrer makellosen schwarzen Strumpfhose zufrieden gab – verließ sie ihr Schlafzimmer und ging in die Küche, um mit dem Zubereiten des Frühstück zu beginnen.

      Pünktlich um halb sieben kam Marieke zu ihr und begrüßte sie fröhlich. Dabei war sie immer tadellos gekleidet und trug eine Reihe atemberaubender Röcke und Hosen, sowie knappsitzende schicke Blusen. Ihr kurzes Haar saß immer tadellos und auch ihr Make-Up stimmte bis ins Detail.

      Marieke mochte Eier zum Frühstück mit heißem, frischem Kaffee, und Dederike unternahm alles, um sicherzustellen, dass alles rechtzeitig fertig war und auf dem Tisch auf sie wartete, wenn