Wenn nichts ist, wie es scheint. Angelika Godau. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Angelika Godau
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754146620
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Sie sich. Wenn wir Glück haben, ist noch nichts weiter in den Darm gewandert. Ich werde Bruno jetzt narkotisieren und eine Endoskopie durchführen, danach sehen wir weiter. Sie können da im Augenblick leider nichts tun, aber ich gebe Ihnen sofort Bescheid, sobald ich etwas weiß.“ Von einem kleinen Wagen nahm sie eine Ampulle, zog sie auf und fügte den Inhalt durch den Infusionskonus hinzu. „Bruno wird jetzt gleich einschlafen, Deti, hilfst du mir bitte, ihn rüber zu tragen?“

      Ich nickte, nahm den bereits fast schlafenden, verdammt schweren Hund auf den Arm, trug ihn keuchend ins Nebenzimmer und legte ihn auf einem Metalltisch ab. Entweder, ich war mittlerweile sehr verweichlicht, oder die ältere Dame verfügte über ungeahnte Kräfte. Wie, in drei Teufels Namen, hatte sie diesen Hund in den Kofferraum bekommen? Ich nahm mir ernsthaft vor, nach Erledigung dieses Auftrags wieder sehr regelmäßig Sport zu machen.

      „Das sieht nicht gut aus“, flüsterte Hella mir zu, „mit Sicherheit ist Bruno ein weiteres Opfer dieser präparierten Fleischbällchen. Und so wie der blutet, ist die Speiseröhre verletzt. Zwei von diesen Cuttermessern waren im Erbrochenen, außerdem Glassplitter. Verdammte Hacke, das muss aufhören, du musst diesen kranken Typen einfach zu fassen kriegen. Ich will nicht jeden zweiten Tag einen Hund in diesem Zustand sehen.“

      Sie kritzelte etwas auf einen Block, der neben einem Monitor lag, reichte mir den Zettel und sagte: „Ruf da an und bitte Urs, umgehend wieder herzukommen. Ich werde operieren müssen und dazu brauche ich seine Assistenz.“

      „Kann ich doch machen“, bot ich an, aber Hella schüttelte den Kopf.

      „Bist du Tierarzt oder zumindest Humanmediziner, medizinisches Fachpersonal, Anästhesist? Nein, daher kannst du es nicht machen, also bitte, ruf meinen Kollegen an und sag ihm, er möge sich beeilen. Dann musst du mir bei der Endo helfen, das ist nicht schwierig.“

      Ich zückte mein Smartphone, tippte die Nummer ein und als sich ein Hallo meldete, sagte ich meinen Spruch auf, bekam die Zusage, umgehend zu kommen und drückte auf Ende.

      „Er sagt, er sei in fünf Minuten hier, was soll ich tun?“

      Hella zeigte mir, wie ich Bruno in Position halten musste, damit sie das Endoskop einführen konnte. Sie starrte konzentriert auf einen Monitor, gab ab und an einen unverständlichen Laut von sich und ich kam mir ziemlich überflüssig vor.

      „Hör mal“, sagte ich daher, „wenn dein Kollege kommt, bin ich hier nur im Weg. Wenn es dir recht ist, verschwinde ich, gehe mit Alli Gassi und wir treffen uns dann später bei dir Zuhause.“

      „Hm“, machte Hella, und ich nahm es als Zustimmung. Kurze Zeit später erschien der Typ, den ich angerufen hatte, nickte mir zu und beachtete mich nicht weiter.

      „Okay, ich bin dann mal weg“, sagte ich, bekam aber von keinem der beiden eine Reaktion.

      Keinen Plan, ob es Frust war, Langeweile oder einfach das Bedürfnis, etwas von Tabea zu hören, auf alle Fälle rief ich sie an. Ignorierte, dass sie Abstand wollte und redete mir ein, dass der durch einen Anruf nicht gefährdet wurde. Es klingelte lange, bis sich schließlich die Mailbox meldete. War klar, sie ließ mich auflaufen, aber bitte, wenn sie es so wollte, das konnte ich auch. Launig ließ ich sie wissen, dass mich meine alte Freundin Hella gebeten habe, einen Auftrag in Zweibrücken zu übernehmen und ich daher bis auf weiteres bei ihr zu erreichen sei. Erst nachdem ich das losgeworden war, kam ich mir plötzlich blöd vor und hätte es gern zurückgenommen.

      Es war fast 21 Uhr als ich die Haustür hörte und Hella hereinkam. Sie sah erschöpft aus, ließ sich in einen Sessel fallen und sagte: „Ich brauche einen Schnaps. Da drüben steht eine Flasche Grappa, mach dich mal nützlich.“ Als ich ihr wieder gegenübersaß, prostete sie mir zu und trank dann in einem einzigen Zug ihr Glas leer. „Das hat gutgetan“, sagte sie, „aber wenn das noch lange so weitergeht, werde ich zur Alkoholikerin. Bruno hat die Operation überlebt und fürs erste sieht es nicht ganz schlecht für ihn aus. Über den Berg ist er allerdings noch nicht, das hängt davon ab, ob wir wirklich alles an Glas entfernt habe, was er verschluckt hat. Seine Zunge, der Rachen und die Speiseröhre hatten einige Schnitte, aber der Magen war intakt. Zum Glück war er schnell in der Praxis und hat sich dann auch noch übergeben. Das Zeug hatte daher nicht viel Zeit, seinen Verdauungstrakt noch weiter zu zerstören. Wäre auch noch der Darm verletzt gewesen … ich glaube, das hätte er nicht überlebt. Zum Glück war Urs erreichbar und obendrein in der Nähe. So konnte er mir assistieren, vier Augen sehen auch in so einer Situation mehr als zwei. So, ich muss jetzt mal abschalten, sonst nehme ich das wieder mit ins Bett. Dann kreisen meine Gedanken, ich grübele endlos und an Schlaf ist nicht mehr zu denken. Ich muss aber morgen früh wieder fit sein für die Praxis. Komm, lass uns in die City fahren und was essen.“

      Nun wachte ich also am frühen Sonntagmorgen in ihrem Gästezimmer auf und Alli schien entschlossen, mich am Weiterschlafen zu hindern. Er jankte, tanzte auf den Hinterpfoten und war seltsam aufgedreht. „Gib Ruhe, Hund, sagte ich, „es ist noch zu früh zum Gassigehen, es ist erst sechs Uhr.“ Alli quittierte meine Ansage mit heftigem Gebell, danach lief er zur Tür und begann, sie mit den Pfoten zu bearbeiten.

      „Hör sofort auf, du Spinner“, schimpfte ich, sprang aus dem Bett und öffnete die Tür einen Spalt breit. Sofort war er raus und ich sah ihn mit fliegenden Ohren den Flur entlangrennen.

      Natürlich, ich hatte völlig seine neue Flamme Elfie vergessen, die hatte ihn offenbar um den Schlaf gebracht. Unschlüssig stand ich da, und hatte keinen Plan, was ich als nächstes unternehmen sollte. In der Wohnung war bis vor 30 Sekunden noch völlige Ruhe gewesen, die jetzt vom lauten Freudengeheul meines Dackels unterbrochen wurde. Auch Elfie gab einige begeisterte Töne von sich, die dazu führten, dass ihr verschlafenes Frauchen, nur mit Slip und T-Shirt bekleidet, in der Schlafzimmertür auftauchte.

      „Was ist denn hier los, seid ihr verrückt, am frühen Sonntagmorgen einen solchen Lärm zu veranstalten?“, begehrte sie zu wissen und gähnte ausgiebig.

      „Ist dein Hund immer so früh auf den kurzen Beinen? Elfie pennt bis in die Puppen, wenn ich sie nicht zum Aufstehen zwinge.“

      „Alli steht nie früh auf, wenn er nicht muss, er scheint aber gerade unter juveniler Bettflucht zu leiden, seit er Elfie kennt“, lachte ich und bemühte mich krampfhaft, sie nicht anzustarren. Wieso war mir bisher nicht aufgefallen, wie krass sie aussah? „Was meinst du? Wenn wir schon mal wach sind, könnten wir doch mit den beiden einen Spaziergang machen. Das Wetter ist super und vielleicht fällt uns unterwegs was ein, wie wir diesen Misttypen erwischen können.“

      „Ohne Kaffee gehe ich keinen Meter, das kannst du vergessen“, knurrte Hella und schlurfte in rosa Plüschpantoffeln in die Küche, um die Kaffeemaschine startklar zu machen.

      „Auch gut, dann springe ich schnell unter die Dusche, danach hätte ich auch gern einen Kaffee“, stimmte ich zu und setzte mein Vorhaben in die Tat um.

      Geduscht und rasiert erschien ich zehn Minuten später in der Küche, in der Hella, noch immer spärlich bekleidet, am Tisch saß. Vor sich eine große Tasse mit tiefschwarzem Kaffee.

      „Mach dir selbst einen, ich bin zu müde“, ließ sie mich wissen und zeigte auf die Maschine.

      „Kein Problem, aber soll ich nicht vielleicht Elfie mitnehmen und du legst dich noch einmal hin und schläfst dich aus? Was hältst du davon oder geht sie nicht mit Fremden?“

      „Die geht mir jedem, kein Problem. Würdest du das wirklich machen? Das wäre wunderbar, ich bin so müde, ich glaube, ich könnte eine Woche am Stück schlafen“, seufzte sie und wischte sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.

      „Na, dann machen wir das so“, bestimmte ich. „Lass mich grad meinen Kaffee austrinken, dann marschiere ich mit den beiden los und du gehst schlafen.“

      Um Elfie das Geschirr anzuziehen, musste sie sich bücken und gewährte mir damit einen langen Blick auf ihren wohlgerundeten Busen. Als sie merkte, dass ich sie anstarrte, richtete sie sich auf, warf mir einen tadelnden Blick zu. Ich wurde leicht verlegen und versuchte schnell Alli Halsband und Leine anzulegen, während der wie ein Floh auf Speed um mich herumsprang. Da alter Porsche und Irisch Wolf größenmäßig