Parzival. Wolfram Von Eschenbach. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Wolfram Von Eschenbach
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754175200
Скачать книгу

      Die Augen schier vor Leid erblinden.

      15Die im Feld den Schild verkehrt getragen,

      Hörten ihre Freunde sagen:

      »Frau Herzeleid die Königin

      Ist des Anscheweins Gewinn.«

      »Wer war von Anschau hier am Ort?

      20Mein Herr ist leider längst schon fort

      Um Rittersehre zu den Heiden:

      Das ist hier unser gröstes Leiden.«

      »Der hier den Preis erwarb im Feld,

      Der so manchen Ritter hat gefällt,

      25Derselbe, der so stach und schlug,

      Und der den theuern Anker trug

      Auf dem Helme lichtgesteinet,

      Der ist es, den man meinet.

      Mir sagt der König Kailet,

      Der Anschewein war Gachmuret.

      [99]Dem ist hier wohl gelungen.«

      Zu den Rossen ward gesprungen.

      Ihr Kleid ward von den Augen naß,

      Als sie hinkamen wo er saß.

      5Sie empfingen ihn, er empfing auch sie:

      Freud und Jammer sah man hie.

      Da küsst' er die Getreuen all:

      »Ihr sollt euch meines Bruders Fall

      Nicht allzusehr zu Herzen ziehn:

      10Ich hoffe, ich ersetz euch ihn.

      Kehrt auf den Schild nach alter Art,

      Nach der Freude Brauch gebahrt.

      Meines Vaters Wappen will ich tragen:

      Mein Anker hat sein Land beschlagen.

      15Der Anker sei ein freies Ziel:

      Den nehm und trage, wer da will.

      Ich muß nun wie ein Lebemann

      Gebahren, da ich Gut gewann.

      Ich soll des Volkes Herscher sein:

      20Dem schüfe leicht mein Jammer Pein.

      Frau Herzeleide, helfet mir,

      Daß wir bitten, ich und ihr,

      Könge und Fürsten insgemein,

      Daß sie mir zu Willen sei'n

      25Und bleiben, bis Ihr mir gewährt

      Was Lieb vom süßen Lieb begehrt.«

      Die Bitte bat da beider Mund:

      Da versprachens jene gleich zur Stund.

      Ein Jeder fuhr zu seiner Ruh.

      Die Köngin raunt dem Freunde zu:

      [100]»Verlaßt euch nur auf meine Pflege.«31

      Da wies sie ihn geheime Wege.

      Der Gäste ward doch wahr genommen,

      Wohin der Wirth auch sei gekommen.

      5Beider Ingesinde ward gemein;

      Den König sah man ganz allein,

      Nur mit zweien Jungherrn, ziehn.

      Jungfrauen und die Königin

      Ihn führten, wo er Freude fand,

      10Und all sein Kummer gar verschwand.

      Seine Trauer lag darnieder,

      Hochgemüthe kam ihm wieder:

      Das hat die Liebe stäts verliehn.

      Frau Herzeleid die Königin

      15Ihres Magdtums ohne ward.

      Die Munde blieben ungespart,

      Mit Küssen wurden die verzehrt,

      Und dem Leid mit hoher Lust gewehrt.

      Ein höfsche Zucht ward da begangen:

      20Er gab sie frei, die er gefangen.

      Hardeißen und Kailet,

      Seht, die versöhnte Gachmuret.

      Da erging eine solche Hochzeit,

      Wer Gleiches schuf nach seiner Zeit,

      25Wohl hatt er Reichtum und Gewalt.

      Gachmuret entschloß sich bald,

      Seiner Habe ward nicht viel gespart.

      Arabisch Gold gespendet ward

      Dürftgen Rittern insgemein;

      Den Köngen manchen Edelstein

      [101]Schenkte Gachmuretens Hand

      Und allen Fürsten, die er fand.

      Da ward das fahrende Volk ihm hold,

      Sie empfingen reicher Gaben Sold.

      5Nun laßt die Gäste reiten heim

      Mit Urlaub von dem Anschewein.

      Den Panther, den sein Vater trug,

      Auf den Schild man ihn von Zobel schlug.

      Von weißer Seide lind und fein

      10Der Königin ein Hemdelein,32

      Das ihr berührt den bloßen Leib,

      Die nun geworden war sein Weib,

      Das deckte seinen Halsberg da.

      Ihrer achtzehn man durchstochen sah

      15Und mit Schwertern ganz zerhauen,

      Eh er schied von der Frauen.

      Sie legt' es auf die bloße Haut,

      Wenn aus dem Streite kam ihr Traut,

      Wo er zerbrochen manchen Schild.

      20Ihre Minne war der Treue Bild.

      Er hatte Würdigkeit genug,

      Als ihn seine Mannheit trug

      Zum andern Mal über Meer.

      Mich jammert diese Reise sehr.

      25Ihm kam gewisse Botschaft,

      Der Baruch wär mit Heereskraft

      Ueberfallen vor Babylon.

      Der Eine war Ipomidon,

      Pompejus der andre hieß;

      Die Aventüre meldet dieß.

      [102]Das war ein stolzer, werther Mann

      (Nicht jener, der von Rom entrann

      Julius Cäsarn hiebevor);

      Der König Nachbuchdonosor,

      5Seiner Mutter Bruder war,

      Der in verlognen Büchern gar

      Las, er wäre selber Gott:

      Das wäre nun der Leute Spott.

      Sie schonten weder Leib noch Gut.

      10Edel war der Brüder Blut:

      Von Ninus, der der Herschaft pflag,

      Eh gestiftet wurde Baldag;

      Er stiftete auch Ninive.

      Ihnen that ein Schimpf, ein Schade weh:

      15Der Baruch sprach sie an für eigen;

      Drum muste sinken Glück und steigen

      Im Krieg zu beiden Seiten:

      Man sah die Helden