Der schottische Lord. Kerstin Teschnigg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Kerstin Teschnigg
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754177068
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zu sagen. Ich merke wie sich eine unaufhaltsame Wut in mir aufbaut.

      „Mutter. Wir hatten doch alles geklärt?“ Mit diesen Worten nehme ich das Telefonat an. Es ist kurz leise, aber ich höre sie atmen.

      „Tavis…Hallo…Störe ich dich?“, meint sie dann mit gewohnt ruhiger Stimme. Ich hasse diese Besonnenheit. Sie wird nie laut und schon gar nicht ungehalten, auch wenn ich sie noch so sehr herausfordere.

      „Natürlich störst du, ich habe zu tun, schon vergessen?“, blaffe ich sie an.

      „Ja ich weiß…Ich wollte auch nur wissen, ob es bei Peter und Kendra etwas Neues gibt?“

      „Nein. Nichts Neues.“ Wieder höre ich nur ihr Atmen, langsam werde ich richtig sauer. „Was willst du Mutter?“, frage ich darum direkt.

      „Ich will nach Schottland kommen. Am Besten mit dem nächsten Flug und ich möchte, dass du damit einverstanden bist.“

      Ich atme ein und mit dem Ausatmen antworte ich: „Nein! Das haben wir doch besprochen. Ich will nicht, dass du kommst! Hier läuft alles ganz wunderbar, bring bitte nicht alles durcheinander!“ Meine Stimme ist viel zu laut, sie ist immer noch meine Mutter.

      „Warum kannst du nicht einmal über deinen Schatten springen? Ich will nichts durcheinanderbringen, ich möchte einfach nur bei meinem Kind sein, kannst du das nicht verstehen? Ich müsste dich gar nicht um Erlaubnis bitten, aber du bist der Lord und ich kenne die Regeln, doch so wie du dich im Moment verhältst, so hat dich dein Vater nicht erzogen, das weiß ich“, sagt sie mit gekränkter Stimme.

      Mein Vater hat mich tadellos erzogen, auch wenn nicht alles so gefruchtet hat wie er es sich vermutlich wünschte. Trotzdem lasse ich mir von der Frau die meinen Bruder und mich als Jungen allein zurückließ nichts sagen. Nicht mehr. Sie hätte ihre Mutterpflichten erfüllen sollen und können, als wir sie brauchten. Jetzt ist es dafür zu spät.

      „Du bist hier nicht erwünscht Mutter. Versteh das doch einfach. Peter hätte dich vor über zwanzig Jahren gebraucht, jetzt ist es zu spät. Also lass uns einfach in Frieden.“ Mit diesen Worten breche ich das Telefonat ab. Ich bin wütend und zornig als ich meinen Wagen am Parkplatz der Klinik parke und zum Eingang gehe. Mit dieser Stimmung will ich gar nicht in die Klinik. Ich atme tief durch, Holly schießt durch meine Gedanken, was mich zum Lächeln bringt. Warum ist sie davongelaufen? Ich muss es wissen. Es macht mich wahnsinnig. Ich gehe zu Kendras Zimmer und bleibe kurz vor der Tür stehen. Es macht mich traurig sie so reglos liegen zu sehen, selbst wenn ich immer noch angepisst über ihre Schwangerschaft bin, tut mir ihr Anblick weh. Sie ist ein guter Mensch und hat es nicht verdient leiden zu müssen. Ich gehe in das Zimmer und bleibe vor ihrem Bett stehen.

      „Scheiße Kendra…Du hast mich nicht verdient…Ich bin ein Arschloch…War ich immer schon…Was soll ich nur machen damit du glücklich wirst?“, flüstere ich und gehe an ihre Seite. Sanft streiche ich über ihre Hand. Die Schnitte im Gesicht heilen langsam ab, aber es werden Narben bleiben. „Mach deine Augen auf…Mach sie einfach auf…Ich werde dir keine Vorwürfe machen…Niemals…“, verspreche ich und habe dabei ein schreckliches Gefühl im Magen. Heute bleibe ich lange bei ihr sitzen und streiche dabei immer wieder über ihre Hand. Sie hat nur mich. Ihre Eltern sind schon lange tot, es gibt keine Geschwister. Sie braucht mich und ich brauche sie. Ich will lernen sie zu verstehen, denn manchmal verstehe ich sie einfach nicht. Sie ist anders als ich und sie denkt auch anders und trotzdem glaube ich, sie ist der einzige Mensch der mich versteht. Ich würde sie gerne so lieben, wie sie es verdient hat. Daran werde ich arbeiten. Nachdenklich lehne ich mich zurück. Wahrscheinlich wäre sie froh mich los zu sein. Wenn sie einen anderen liebt? Wenn sie nur noch bei mir ist, weil sie mich nicht kränken will? Weil sie Mitleid hat, so wie es Jessica gesagt hat? Ein komischer Klos bildet sich in meinem Hals, darum verlasse ich das Krankenzimmer. Bei Peter schaue ich nur kurz hinein. Wenn er nicht davongelaufen wäre, wenn es diesen beschissenen Streit nicht gegeben hätte – Scheiße – Ich bin doch schuld an diesem Streit. Gedankenversunken verlasse ich die Klinik. Ich muss mich ändern. Ich muss einfach alles ändern. Zu Hause erwartet mich meine Tante, die mich überschwänglich begrüßt. Zum Reden habe ich zwar keine Lust, wie es aussieht bleibt es mir aber nicht erspart. Vater sieht müde aus, seine aufbrausende Stimmung von heute Morgen hat sich gelegt. Ich hatte gehofft, dass sich Holly beim Abendessen zu uns gesellen würde, aber sie taucht nicht auf. Das passt mir nicht, obwohl es mich nichts angeht was sie tut. Sie hat schließlich frei. Trotzdem hätte ich mir gerade heute ihre Gesellschaft gewünscht. Diese ungeklärte Situation zwischen uns passt mir nämlich auch nicht. Außerdem genieße ich ihre Gesellschaft beim Essen. Es ist schön mit ihr zu plaudern, sie ist eine sehr angenehme Gesprächspartnerin. Ja…Ihre Gesellschaft ist durchwegs angenehm. Doch im Moment glaube ich, sie empfindet das nicht so wie ich, sonst wäre sie hier. Verarscht sie mich? Scheiße ich will nicht verarscht werden!

      „Tavis?!“ Meine Tante sieht mich abwartend an.

      „Was? Ja…Entschuldigung…“, stammle ich verlegen, weil ich absolut nicht weiß was sie mich gerade gefragt hat.

      Das Abendessen vergeht schleppend, ich bin ziemlich froh, als meine Tante mich bittet sie nach Hause zu bringen. Eliza kümmert sich so lange um Vater, Holly ist immer noch nicht da und das obwohl es schon dunkel ist.

      „Ich bin gleich wieder hier, dann kümmere ich mich um meinen Vater“, sage ich zu Eliza die wie immer warm lächelt. „Ist Holly noch nicht da?“, frage ich in belanglosem Unterton nebenbei.

      „Nein, noch nicht. Sie hat aber auch nicht gesagt wann sie kommt, sollte sie schon hier sein?“, meint sie und sieht mich fragend dabei an.

      „Nein, nein…Sie hat ja frei. Alles in Ordnung“, winke ich ab und verlasse das Haus. Gerade als ich ins Auto steigen will, sehe ich Holly über den Hof kommen. Sie senkt ihren Blick und tut so als würde sie mich nicht sehen, was total lächerlich ist und mich schon wieder innerlich aufregt. Verarschen lasse ich mich ganz sicher nicht, das kann sie mit einem anderen machen. Ich gehe auf sie zu und bleibe dicht vor ihr stehen. Kurz sieht sie auf. „Hallo…Wer ist denn beim Lord?“, stammelt sie verlegen und weiß augenscheinlich nicht wo sie hinsehen soll.

      „Eliza“, antworte ich knapp.

      Sie nickt und sieht schon wieder zu Boden. „Ich bin zu spät…Entschuldigung.“

      Das sagt sie mit einem Ton, der mich plötzlich wieder auf den Boden zurückholt. Es macht mich wahnsinnig sie nicht einschätzen zu können. Ich will sie auf keinen Fall einschüchtern, sie ist wichtig für Vater und irgendwie auch wichtig für mich.

      „Nein. Das ist schon in Ordnung. Ich bringe nur schnell meine Tante nach Hause, dann kümmere ich mich um meinen Vater. Du bist ja keine Sklavin hier, wenn du frei hast, hast du frei.“

      Sie sieht zaghaft auf und lächelt. Sie lächelt. Mein Schwanz reagiert vor meinem Gehirn. Fuck. Ich muss mich beherrschen, ich weiß ja noch nicht einmal warum sie gestern Abend so davongelaufen ist. Darum wende ich mich ohne ein weiters Wort von ihr ab und steige in den Wagen.

      „Nett diese neue Pflegerin von deinem Vater“, sagt meine Tante mit einem abwertendem Ton der mir nicht passt.

      „Krankenschwester. Sie ist Krankenschwester und heillos überqualifiziert für diesen Job“, bessere ich sie darum aus. „Wir können wirklich froh sein, dass sie ihre Arbeit so perfekt macht.“

      „Ja natürlich…“, nickt sie und sieht mich dabei komisch an, was ich ignoriere.

      Ich bin ziemlich froh, als sie aus dem Wagen steigt und ich wieder auf dem Heimweg bin. Im Haus ist alles still, aus dem Zimmer meines Vaters dringt durch einen Spalt Licht. Holly spricht mit ihm. Sie geht so unglaublich liebevoll mit ihm um. Als würde sie ihn ewig kennen. Wie es aussieht, hat sie schon alles was ich tun hätte sollen erledigt. Ich öffne vorsichtig die Tür als sie auch schon vor mir steht.

      „Hallo. Es ist soweit alles erledigt“, lächelt sie ohne mich lange anzusehen. Meine Gegenwart ist ihr also tatsächlich unangenehm, das muss ich unbedingt schnell bereinigen, was gestern Abend passiert ist, darf keinesfalls zwischen uns stehen. Sie geht aus dem Zimmer, ich schließe die