Single Malt Weihnacht. Matthias Deigner. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Matthias Deigner
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754925966
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überraschen. Ist Bantry in der Nähe?«, fragte er unsicher.

      »Bei dem Wetter noch ungefähr eine Stunde. Ich hoffe, dass Sie nicht so ein komisches Elektroauto haben wie der Sohn von James, dem der Laden hier gehört. Collin musste nämlich an der Haussteckdose laden. Das hat ewig gedauert und dann haben sie sich gestritten, wegen einer Wallbox. Was auch immer das sein soll.«

      Ryan musste lachen. In Boston hatte er wirklich einen Tesla. Dort war es allerdings nie ein Problem, zu laden. »Keine Sorge, ich habe mir einen Diesel SUV geliehen. Meine Freundin meinte, damit kommt man hier am besten klar, sie fährt auch einen.«

      »Schlaues Ding ihre Freundin. Die sollten sie sich warmhalten. Kennen Sie sich schon lange?«

      »Nicht so lange, wie ich es gern hätte. Wir sind jetzt etwas über zwei Jahre zusammen und ich musste echt lange auf sie einreden, damit sie mit mir ausgeht. Und dann musste ich mit ihr ins Museum und in einen riesigen Buchladen«, sprudelte es aus ihm heraus.

      Sie schnalzte mit der Zunge. »Oh, sie war nicht hingerissen von Ihnen? Das kann ich mir gar nicht vorstellen. Sie sind doch so ein stattlicher Kerl!«, stellte sie fest und ihre Wangen färbten sich rot.

      Ryan lachte und schüttelte den Kopf. Dabei klingelte das Glöckchen am Bommel seiner Mütze, die er wieder aufgesetzt hatte. »Im Gegenteil! Sie war stink sauer auf mich. Eigentlich hätte sie Feierabend gehabt und dann hat ihr Chef verlangt, dass sie mich versorgen soll. Sie hat mir eine fiese Narbe an der Augenbraue genäht. Dabei hat sie keinen Hehl draus gemacht, dass sie es fürchterlich fand, dass ich sie mir bei einer Schlägerei auf dem Eis zugezogenen habe. Sie hat die ganze Zeit vor sich hin gebrummt sowas wie »Rüpel« und »Höhlenmensch«. Dabei musste ich ihr die ganze Zeit in die Augen sehen. Als sie fertig war, musste ich sie einfach fragen, ob sie mit mir ausgehen will. Sie hat mir einen Vogel gezeigt und mir einen Eisbeutel empfohlen, für die Narbe und für meine Eier. Ich stand da wie der größte Depp aller Zeiten aber verdammt, ich hatte noch nie so wundervolle grüne Augen gesehen. Ihre Augen sind wirklich so grün wie das Gras hier, das ist unglaublich«, sprudelte es aus ihm heraus und sein Herz schlug einen Gang schneller.

      »Oh ja, hier in Irland gibt es das schönste Grün und die Frauen mit den schönsten Augen«, kicherte sie, dann nickte sie in Richtung des hinteren Verkaufsraumes. »Kommen Sie mal mit, ich glaube, wir sind hier falsch. Sie brauchen was Besonderes für den Vater dieser besonderen Frau.« Gespannt wie ein kleiner Junge folgte Ryan der Frau, die er mit seinen 1,93 um einiges überragte. Dabei musste er aufpassen nicht mit dem Kopf gegen einen Kronleuchter aus Whiskeyflaschen zu laufen.

      Dann folgte er ihr eine Treppe hinauf, die zu einer kleinen Empore führte. Hier standen noch mehr Regale mit Flaschen. In der Mitte des Raumes blieb sie schließlich vor einem riesigen, umgedrehten Fass stehen, auf dem drei Flaschen standen.

      Er beugte sich vor. Sie sahen sehr edel aus und der Inhalt jeder der aufwendig gestalteten Flaschen hatte eine etwas andere Farbe.

      »Wissen Sie, ich treffe ihre Eltern heute zum ersten Mal außerhalb eines Video-Calls«, erklärte er mit heiserer Stimme. Ihm war plötzlich ganz flau im Magen.

      Vielleicht sollte er sich auch etwas mitnehmen.

      Doch er überlegte es sich schnell, denn würde er Cathy mit einem Whiskey in der Hand begegnen, hätte er nichts mehr von dem Abend. Sie wäre mit Sicherheit schneller voll als er und sie würde anfangen, schmutzigen Limericks zu singen, statt schmutzige Sachen mit ihm zu machen. Verdammt wurde ihm die Hose eng. Er sah nach unten und zog seinen dunklen Pullover ein Stück tiefer. Dabei lief er beinahe in Margret hinein, die stehen geblieben war. »Ich verstehe: ein Antrittsbesuch! Denken sie an Blumen für die Mutter.« Sie hob belehrend den Zeigefinger und präsentierte dann die Flaschen vor sich. »Das sind die Kronjuwelen unserer Produktion: der Kronprinz.« Sie deute auf die Flasche zur Linken. »Die Königin.« Die Flasche zur rechten Seite war die Aufwändigste. »Und der König, das Beste vom Besten, Kings Choice«, präsentierte sie die bauchige Flasche in der Mitte. »25 Jahre alt, ein reifer und perfekt abgerundeter dreifach destillierter Single Malt im ehemaligen Bourbon-Fass und Cherry-Fass, gereift in den Kellern unter der Produktion. Ein stiller, aber sehr guter König unter den Whiskeys.« Sie erklärte das so ehrfürchtig und mit einem solchen Funkeln in den Augen, das Ryan eine Gänsehaut bekam.

      »Ich nehme an, ich kann ihn vorher nicht probieren?«, fragte er verlegen. Die Flasche sollte 250 Euro kosten. Nicht, dass er sich das bei seinem Gehalt als Eishockeyprofi nicht leisten konnte, aber er wollte auch keinen teuren Schrott kaufen.

      Margret zwinkerte »Natürlich. Warten Sie kurz«, dann verschwand sie und er stand allein in dem Zimmer voller Whiskey-Flaschen, die ihn allesamt auszulachen schienen. Seht ihn euch an den Trottel, er hat keine Ahnung. Oh er wird sich fürchterlich bei Professor Hurley blamieren.

      »Hier, bitte sehr.« Er zuckte zusammen als sie wie herbeigezaubert wieder vor ihm auftauchte und ihm ein bauchiges Glas auf einem kleinen ovalen Holztablett servierte.

      »Und ich muss dann nicht die ganze Flasche nehmen?«, fragte er unsicher, bevor nach dem Glas griff.

      »Nein, für gute Kunden sind die besonderen Proben natürlich gratis. Keine Sorge ich hab da schon noch mehr Flaschen, mein Junge.« Sie zwinkerte ihm zu.

      Ryan schnupperte an dem Glas. Es roch umwerfend gut.

      »Oh, der riecht phantastisch!«, begann er und wollte das Glas an die Lippen setzen, da legte sich Magrets Hand auf seine. Klein, weich und warm. Die Haut, die sich um ihre Finger spannte, glich dünnem Papier.

      »Trinken Sie und denken Sie an Ihre Freundin. Ich weiß nicht, ob ihr Leute aus Kanada auch so abergläubisch sind wie wir Iren, aber dies ist ein besonderer Tropfen und wie manche meinen, dass im Wein die Wahrheit liegt, so liegt sie für uns im Whiskey. Wir kennen ihren Vater nicht, aber Ihr Gesicht verrät einiges, zum Beispiel, dass Sie die Hose voll haben, obwohl Sie so ein riesen Kerl sind. Reißen Sie sich mal zusammen! Wenn Sie mit eingezogenem Kopf vor der Tür stehen, dann wird das nichts. Sie sind doch Sportler! Stehen Sie auch mit eingezogenem Kopf auf dem Rasen?« »Es ist eher eine Eisfläche«, bemerkte er lachend und kratze sich am Bart. Margaret hob eine Augenbraue. »Sie sind Eiskunstläufer? So sehen Sie gar nicht aus. Aber heute geht das ja alles.« Er musste lachen, als er ihr fragendes Gesicht sah: »Nein, nein, ich spiele Eishockey. Sie wissen schon Helm, Schläger und eine kleine Plastikscheibe? Und wir sind so ziemlich die abergläubigsten Sportler unter der Sonne«, erklärte er.

      Die alte Dame überlegte. »Eishockey? Ja, da hab ich von gehört. Ich erinnere mich an eine Werbung. Gab es da nicht diesen Wayne Grrr ...« »Gratzky, Wayne Gratzky«, sagte er und dachte an seinen großen Helden. »Wie auch immer, ich glaube, der Typ war ziemlich erfolgreich. Also strengen Sie sich ein bisschen an für Ihr Mädchen, guter Mann. Ich war auch mal eine Tochter, müssen Sie wissen.« »Meine Mutter würde mir die Ohren langziehen, wenn ich das nicht tun würde. Sie liebt Cathy über alles und sagt immer, dass mit keine Bessere passieren könnte« , erklärte er im Brustton der Überzeugung. »Richtig so, ich mag Ihre Mutter«, lobte sie. »Geht mir genauso«, lachte er und dachte an seine Mutter Claire, die ihm vor ein paar Wochen in vollstem Vertrauen und mit Tränen in den Augen den wunderschönen Ring seiner Großmutter für Cathy gegeben hatte.

      »Gut, dann probieren Sie mal, ob dieser die richtige Wahl ist«, forderte sie ihn auf und nickte aufmunterend.

      Ryan nahm das Glas hoch. Sobald die Flüssigkeit sich in seinem Mund ausbreitete und seine Kehle hinab rann, sah er Cathy vor sich. Wie sie verschlafen, nur mit seinem T-Shirt bekleidet die Treppe von ihrem Schlafzimmer hinunterkam, wie sie ihn im Stadion anfeuerte, wie sie in der Küche kochte oder nach einer Doppelschicht heimkam und sich einfach nur auf die Couch fallen ließ, um dort einzuschlafen während er ihr einen japanischen Ramen holte. »Ich denke, die ist es«, grinste er Magaret, zu als er das Glas abstellte. Sie tippte sich an den Rand ihrer Brille »Hab ich mir gedacht. Bin gleich wieder da. Ich verpacke Sie Ihnen noch schön.« Dann verschwand sie wieder hinter dem Vorhang und lies Ryan allein zurück. Durch den Alkohol war ihm warm geworden und er zog seine Jacke aus, legte sie sich über den Arm und atmete erleichtert den würzigen Geruch der Holzregal und Fässer ein, die um ihn herum standen. Ob in Whiskey wirklich