Single Malt Weihnacht. Matthias Deigner. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Matthias Deigner
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754925966
Скачать книгу
und gehen.«

      »Wohin wollen Sie denn?«

      »Das kann Ihnen doch egal sein«, gab er genervt zurück.

      »Ist es aber nicht. Ich mache Ihnen einen Vorschlag. Ich bin ebenfalls allein. Wollen wir den Rest von Weihnachten gemeinsam verbringen?«

      »Aber«, stotterte Ian. »Sie kennen mich doch gar nicht ...«

      »Nein, aber ich finde, jeder hat eine zweite Chance verdient und Sie sehen aus wie ein anständiger Kerl. Ihre Blutwerte haben ergeben, dass Sie kein Gewohnheitstrinker sind. Sehen Sie, meinem Bruder konnte ich nicht helfen, als er vor einigen Monaten verschwand. Ich glaube, er ist in der Obdachlosenszene abgetaucht. Vielleicht können Sie mir sogar helfen ihn zu finden. Ich würde mich wirklich freuen, Sie, zumindest über die Feiertage, bei mir zu haben. Danach sehen wir weiter.«

      Ian glaube zu träumen, aber diese Frau schien es wirklich ehrlich zu meinen. Und hatte Caitlin nicht immer gesagt, dass zu Weihnachten noch immer kleine Wunder geschehen konnten? Stumm nickte er.

      »Ich heiße Nancy«, stellte seine Wohltäterin sich vor.

      »Ian«, murmelte er.

      »Ich weiß«, sagte sie leise und begann damit seine Habseligkeiten zusammenzupacken, während er sich anzog.

      »Brauchen Sie den Whisky wirklich?«, fragte sie.

      Wortlos nahm Ian ihr die Flasche aus der Hand und schüttete sie ins Waschbecken. Erstaunt registrierte er, dass es ihm nicht einmal schwerfiel.

      »Gehen wir«, antwortete er.

      Jetzt lächelte Nancy: »Frohe Weihnachten, Ian!«

      »Frohe Weihnachten, Nancy.«

       Irish Wedding Wish

      Marylin Lonsdale

      Die Müdigkeit eines Langstreckenfluges inklusive Umsteigens in den Knochen, der ungewohnte Linksverkehr rund um Dublin und keine Ahnung, was er im Shop einer Whiskey-Destillerie kurz vor Ladenschluss kaufen sollte, lies Ryan Wilson den Kopf schwirren, als hätte er einen Hieb von einem gegnerischen Eishockeyspieler abbekommen. Unter seinen Füßen knarzte der dunkle Holzboden und es war ihm unangenehm, dass seine derben Boots kleine Pfützen hinterließen. Schnell wischte er mit dem Fuß darüber und hoffte, dass es niemand bemerkte. Der Laden war so übertrieben weihnachtlich geschmückt, dass er sich wie in einem Bostoner Einkaufszentrum fühlte. Lediglich die ohrenbetäubende Beschallung mit kitschiger Weihnachtsmusik fehlte.

      Ziellos griff Ryan nach einer Flasche mit bernsteinfarbenem Inhalt. Er überflog das Etikett und stellte sie wieder zurück. Ziemlich ratlos rieb er sich den Nacken. Was war besser: Einen möglichst teuren Whiskey oder lieber der Bestseller? Was würde Cathys Eltern imponieren? Ryan war überfordert mit der Auswahl eines passenden Geschenks für Professor Hurley und seiner Frau. Nicht das er noch nie Whiskey getrunken hätte. Nur eben nicht oft, und bei den wenigen Malen hatte er es am nächsten Tag bitter bereut, während er die Toilettenschüssel umarmt hatte. Schon bei dem Gedanken an die Nachwirkungen der gewonnenen Meisterschaft im letzten Jahr musste er schlucken. Es war widerlich gewesen und dazu noch schrecklich peinlich. Cathy hatte das ganze Badezimmer putzen müssen und ihn liebevoll mit Brühe und viel Wasser wieder aufgepäppelt, während er jammernd wie ein Baby auf der Couch gelegen hatte.

      Langsam ging Ryan an dem hohen Holzregal entlang und betrachtete die farbenfrohen Etiketten. Dabei erregte eine Flasche seine Aufmerksamkeit. Sanft strich er mit einem Finger über das Gefäß, dessen Inhalt die gleiche Farbe wie Cathys Haare hatte. Dieses sanfte Rotgold, das in der Sonne zu schimmern schien. Wenn ihre wilden Locken im Wind tanzten oder sich auf dem Kopfkissen neben ihm kringelten, gefiel es ihm noch besser. Leider hasste Catherine ihre Locken und benutzte oft ein Glätteisen oder steckte die Haare in einem strengen Knoten nach oben. Außerdem versteckte sie ihre Sommersprossen gerne unter einer Schicht Puder. Er liebte es, wie die kleinen Punkte auf ihrer Nase zu tanzen schienen und machte sich oft einen Spaß daraus sie zu zählen, was Cathy wahnsinnig machte.

      »Darf ich mal vorbei?«, erklang eine freundliche Stimme. Ryan, der in seinen Tagtraum abgedriftet war, fuhr zusammen, als ein Mann ihn ansprach und trat zur Seite. Er fühlte sich ertappt, weil er gerade an nicht jugendfreie Dinge gedacht hatte. Immerhin hatten sie sich seit drei Wochen nicht gesehen. Peinlich.

      Er hatte gestern das letzte Training geschwänzt, nur um von Boston nach Dublin zu seiner Freundin zu fliegen und sie damit zu überraschen, dass er mit ihr und ihrer Familie Weihnachten feiern und um mit ihrem Vater dieses eine lebensentscheidende Gespräch führen zu können. Eines über das er seit Wochen nachgrübelte. Zum Üben hatte er sich sogar im Anzug mit seinem eigenen Spiegelbild unterhalten.

      Was würde Professor Hurley wohl über ihn denken?

      »Ach sieh mal einer an, da stiefelt ein ungehobelter Eishockeyspieler aus einem verpennten kanadischen Nest in mein Haus. Der Typ hat keinen Uniabschluss und weiß vermutlich nicht einmal, wie man das Wort Defibrillator schreibt. Und dann ist er auch noch so dreist, mich um die Hand meiner Tochter zu bitten. Dr. Catherine Hurley, Assistenzärztin in der sportchirurgischen Abteilung am Harvad MGH am House of Gods! Was denkt der sich? Ist der einmal zu oft mit dem Kopf an die Bande geknallt?«

      Ryan schluckte. Wahrscheinlich sah er auch noch aus wie ein armer Irrer oder man hielt ihn für einen Ladendieb. Mit dem dunklen Parker, der roten Santa Mütze und seinem Rauschebart.

      »Einen schönen guten Tag. Kommen Sie zurecht oder schauen Sie sich nur um, Mr. Santa?«

      »Meinen Sie mich?«, fragte er verwirrt und sah auf die kleine Frau neben ihm herab.

      »Ja, sehen Sie hier sonst einen bärtigen Mann mit einer roten Mütze?«, bemerkte sie lächelnd und rückte ihre dicke Hornbrille zurecht. Gegenüber ihr kam er sich vor wie ein Riese.

      »Ach so, ja entschuldigen Sie«, verlegen zog er sich die Mütze vom Kopf und stopfte sie in seine Jackentasche. Er hatte sie eben am Flughafen gekauft, um Cathy, die ein absoluter Weihachsfreak war, damit zu überraschen. Nun sah er sicher total dämlich damit aus.

      »Wegen mir müssen Sie die nicht ausziehen. Die Mütze ist sehr hübsch. Wir sind hier nicht im Restaurant oder der Kirche, mein Junge. Es ist ja bald Weihnachten.« Sie zwinkerte, dann stemmte sie die Hände in die Hüften und räusperte sich. »Also, was darf es denn sein? Sind Sie Whiskey Trinker? Haben Sie schon eine Vorstellung?«

      Ryan rieb sich wieder den Nacken »Na ja, ich suche ein Geschenk für einen Arzt«, sagte er und hätte sich am liebsten mit der Hand vor die Stirn geschlagen. Er kam sich wie ein Elefant im Porzellanladen vor: völlig fehl am Platz.

      Die alte Dame lächelte und zog ihre grüne Strickjacke zurecht, an der ein Namensschild ihren Namen verriet: Margret. Ein grauer Haarzopf wand sich um ihren Kopf wie ein Heiligenschein.

      »Ich nehme an, es soll zum Genuss sein und kein Desinfektionsmittel?«, fragte sie verschwörerisch grinsend. »Ach, Ihre Mütze ist aus Ihrer Tasche gefallen!«

      Ryan fluchte leise, hob die Mütze vom Boden auf und knete sie zwischen seinen großen Händen. »Vielen Dank, Ma´am«.

      Sie lächelte und rückte sich erneut die Brille zurecht »Ah Kanadier. Was treibt Sie auf unsere schöne Insel?«.

      »Das haben Sie gesehen?«, fragte er und wich erstaunt einen halben Schritt zurück.

      »Nein, gehört! In meinen jungen Jahren war ich Flugbegleiterin. Ich war auf der ganzen Welt unterwegs. Und hatte auch den ein oder anderen netten Abend mit Männern aus Kanada. Tja, aber nun bin ich zu alt für diese Arbeit. Ich helfe meinen Freunden hier im Laden aus, wenn Not am Mann ist. Ich hab ja sonst nichts zu tun, seit mein Patrick nicht mehr ist«, erklärte sie und sah zu ihm auf. »Sie erinnern mich ein wenig an ihn.«

      »Wirklich?« Wieder kam er sich doof vor. Heute redete er nur Schwachsinn. Das lag sicher am Jetlag.

      »Was sind Sie denn so hibbelig? Müssen Sie zur Toilette oder noch weit fahren ?«, erkundigte sie