Baphomets Jünger. Julia Fromme. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Julia Fromme
Издательство: Bookwire
Серия: Dunkelwaldtrilogie
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750232730
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werde nach Lichtenwalde reiten.“, sagte Rudger. „Mal sehen, ob ich dort etwas in Erfahrung bringe.“ Rudger schaute Hencke von Schellenberg forschend an. Doch dieser reagierte nicht weiter darauf, und die eigentliche Frage, was der junge Schellenberger mit den Lichtenwaldern und ihren geheimnisvollen Machenschaften zu tun hatte, blieb unbeantwortet.

      „Wir wollten doch nach Zschillen“, protestierte Anselm halbherzig.

      „Das rennt uns ja nicht weg.“ Aber sein junger Freund schaute ihn enttäuscht an.

      „Anselm“, versuchte ihn Rudger zu beschwichtigen. „Ich muss wissen, was in Lichtenwalde vor sich geht. Wenn es nun wirklich unsere Brüder sind, die dort Schutz gesucht haben? Was soll aus ihnen werden? Willst du sie ihrem Schicksal überlassen? Sie können sich nicht ihr ganzes Leben lang auf der Burg verstecken. Und überhaupt, vielleicht stimmt es ja auch gar nicht.“ Wieder traf sein herausfordernder Blick Hencke, der sich aber weiterhin in Schweigen hüllte.

      „Ich mach dir einen Vorschlag. Zwei unserer Waffenknechte werden dich nach Zschillen begleiten. Im Moment scheint es ja hier recht ruhig zu sein, dass wir sie wahrscheinlich für kurze Zeit entbehren können. Und wenn ich weiß, was es mit den Gerüchten über Lichtenwalde auf sich hat, komme ich nach.“

      Anselm nickte stumm. Das war wohl das Beste, was er rausholen konnte. Solange Rudger nicht wusste, ob sich ihre Brüder in Not befanden, würde er nicht von hier weggehen. Und überhaupt, vielleicht war es auch nur ein willkommener Vorwand für ihn, um in Ywen bleiben zu können, denn sicher würde er nur ungern das Erbe seines Vaters durch den älteren Bruder vergeudet sehen.

      Schritte näherten sich und die jungen Männer schauten auf. Heinrich und Ulrich gesellten sich zu ihnen. Sie waren bester Dinge, hatten sich angeregt über dies und das und die Lage im Allgemeinen unterhalten und mit Sicherheit waren ihre Gespräche ähnlicher Natur gewesen, wie die ihrer Söhne.

      „Es ist dunkel geworden“, meinte Heinrich. „Lasst uns aufbrechen, wir haben noch ein Stück des Weges vor uns. Zum Glück hat es tagsüber nicht mehr geschneit, und unser Pfad vom Vormittag wird noch zu sehen sein. Das erleichtert das Vorankommen.“

      Die Jagdknechte hatten ihr Wild bereits auf hölzerne Pritschen geladen, die zwei kräftige Gäule zogen. Jetzt packten sie die Felle des Lagers zusammen und löschten das Feuer, an dem sie vorher vorsorglich einige Fackeln entzündeten, die ihnen in der Finsternis den Weg durch den Wald erhellen sollten. Auch Ulrich und seine Begleiter hatten noch ein kleines Stück des Marsches vor sich, aber mussten sie nur über die Felder reiten und nicht durch den dichten Wald. Als alles bereit war, bestiegen die Männer aus Schellenberg ihre Pferde.

      Heinrich gab seinem Ross die Sporen und galoppierte voran. „Gehabt Euch wohl, Ulrich!“, rief er zum Abschied.

      „Ihr auch, Heinrich. Und achtet auf den Weg!“

      Es kehrte Stille ein. „Nun denn, lasst uns nach Hause reiten“, meinte Ulrich und hob Heske mit einem Schwung auf ihr Pferd. Ihren Anteil an der Jagd hatten sie auf zwei Packpferde geladen. Der Mond stand hoch am Himmel und sein gleißendes, weißes Licht ließ die Eiskristalle des hartgefrorenen Schnees wie kostbare Diamanten geheimnisvoll aufblitzen. Der kleine Trupp setzte sich in Gang. Doch zogen bereits dichte Wolken am Horizont auf. Wenn sie nicht in Gefahr geraten wollten, vom Weg abzukommen, mussten sie sich sputen. Als sie endlich den Hof von Ywen erreichten, begann zu schneien.

      „Hoffentlich kommt Heinrich ohne Gefahr zu seiner Burg“, meinte Ulrich mit einem Blick zurück in das undurchdringliche Dunkel der Landschaft. Dann schloss der alte Wärter das Tor hinter ihm.

      Kapitel 9

       Lichtenwalde

       Januar 1309

      Um den Bergfried von Lichtenwalde kreiste eine Schar schwarzer Vögel, die sich wie ein böses Omen kreischend in die Lüfte erhoben und dem nahen Wald zuflogen. Ritter Heidenreich schien unbeeindruckt davon und schaute Rudger und seine drei Freunde misstrauisch an. Die Zugbrücke rasselte mit lautem Getöse wieder nach oben. Somit war jeder Weg nach drinnen – oder, wenn man so wollte, auch nach draußen – versperrt.

      „Was verschafft mir die Ehre Eures Besuches?“, fragte Heidenreich die Ankömmlinge, und ein Lächeln, das eher an ein Zähnefletschen erinnerte, erschien auf seinem Gesicht. Der Ritter war im besten Alter, kräftig von Statur und, wahrscheinlich vom steten Training mit den Waffen, gut durchtrainiert. Eine kurze, dunkelblaue Tunika aus dickem Wolltuch reichte ihm bis knapp an die Knie. Lederne Hosen und mit Riemen festgeschnürte Halbstiefel ergänzten seine Kleidung. Die Kälte des Tages schien ihm nichts auszumachen, denn er trug weder Mantel noch Kopfbedeckung. Einzelne Schneeflocken verfingen sich in seinem von Silberfäden durchzogenen, dunklen Haar. In den vergangenen Tagen hatte es kräftige Niederschläge gegeben, doch langsam ließ der Schneefall nach und die Sonne versuchte sich einen Weg durch die aufbrechenden Wolken zu bahnen.

      Die jungen Templer stiegen von ihren Pferden. Rudger verbeugte sich leicht vor dem Burgherrn und entbot ihm einen Gruß. Er hatte Heidenreich vor vielen Jahren nur einmal gesehen, als sein Vater ihn und seinen Bruder mit nach Lichtenwalde genommen hatte. Doch damals war er fast noch ein Knabe gewesen.

      Sich nicht mit einer weitschweifenden Begrüßung aufhaltend, winkte Heidenreich einem im Hintergrund stehenden Knecht herbei, und ohne ein Wort zu verlieren, führte dieser die Pferde beiseite.

      „Keine Angst“, sage Heidenreich, dem der argwöhnische Blick der Ritter aufgefallen war. „Er bringt sie in den warmen Stall, denn was gäbe es Schlimmeres für einen erhitzen Gaul, als in der Kälte herumzustehen. Eine Portion Heu wird ihnen neue Energie bringen.“ Damit war für ihn die Sache erledigt.

      „Also, was führt Euch zu mir, Rudger von Ywen?“, fragte er erneut. Der junge Ritter staunte nicht schlecht, dass Heidenreich ihn zu erkennen schien. Das gab ihm wieder Mut. Denn es war eine heikle Angelegenheit, in der er nach Lichtenwalde kam.

      Rudger stellte dem Älteren seine Begleiter vor und gab sich als Templer zu erkennen.

      „So, so, ein Templer seid Ihr also. Und Eure jungen Freunde hier gewiss auch“, stellte er fest. „Ich wusste gar nicht, dass der alte Ulrich seinen Sohn der Kirche geweiht hat.“ Er schaute Rudger lauernd an.

      „Mein älterer Bruder soll den Gutshof erben“, meinte Rudger ohne weitere Erklärungen.

      „Höre ich da ein wenig Unmut in Eurer Stimme, mein junger Freund?“, fragte Heidenreich. Bevor Rudger zu einer Antwort ansetzen konnte, fuhr er fort: „Es gab ja viel Aufruhr um den Orden im letzten Jahr. Ja, auch zu uns hier an die böhmische Grenze drangen die Nachrichten, dass der Papst den Orden zerschlagen will“, erklärte er den etwas unsicher dreinblickenden Freunden. „Es ehrt mich ja sehr, dass Ihr auf Lichtenwalde erscheint. Doch ist es wahrscheinlich nicht nur ein freundschaftlicher Nachbarschaftsbesuch, der Euch zu mir führt.“

      Endlich hatte Rudger seine Fassung wiedergefunden. „Nein, Heidenreich. Es ist eher die Sorge um unsere Brüder, die uns hierhergebracht hat.“

      Der Blick des Ritters wurde bohrend. „Wie das?“, fragte er etwas barsch und Misstrauen schlich sich in seine Stimme. „Was haben wir hier auf Lichtenwalde mit dem Tempelorden zu schaffen? Oder mit dem Papst?“, ergänzte er etwas unwirsch. „Glaubt Ihr wirklich, dass die Zwistigkeiten im Reich hier für uns von Belang sind? Wir haben wahrhaftig andere Sorgen.“ Er ließ ein unfrohes Lachen hören.

      „Ich wollte Euch nicht erzürnen“, entschuldigte sich Rudger. Im Stillen ärgerte er sich, nicht diplomatischer vor sich gegangen zu sein. „Doch haben wir Kunde erhalten, dass Ihr ein Freund unseres Ordens seid, und einige unserer Brüder bei Euch Unterschlupf gefunden hatten. Ihr ihnen auch behilflich gewesen sein sollt, weiter nach Böhmen zu kommen“, wagte er einen vorsichtigen Vorstoß.

      Es entstand ein kurzer Moment des Schweigens. Doch dann schüttelte Heidenreich den Kopf.

      „Ich glaube, da habt Ihr etwas Falsches gehört“, meinte er nur. Aber irgendwie