Gefangene aus Liebe. Lara Greystone. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Lara Greystone
Издательство: Bookwire
Серия: Unsterblich geliebt
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847683582
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hatte sich die Stahljalousie weit genug geöffnet, stürmte Lara nach draußen in die Sonne. Ihr Herz raste vom Adrenalin. Ihr Körper hatte sich bereit gemacht, getreu dem Motto: Kampf oder Flucht. Blindlings jagte sie davon und hätte beinahe einen Mönch über den Haufen gerannt. Kurz darauf wurde sie abrupt von einer hohen Mauer gestoppt.

      Das Adrenalin in ihrem Blut, das die Panik anheizte, war noch lange nicht abgebaut und Lara wusste, dass sie erst danach wieder klar denken konnte. Also lief sie einmal die komplette Mauer ab, was eine ganze Zeit lang dauerte, denn das parkähnliche Gelände war riesig. Erschöpft setzte sie sich danach auf eine gemütliche, hölzerne Rundbank, die um den Stamm einer großen, alten Eiche verlief.

      Der nahe gelegenen Mauer schenkte sie einen argwöhnischen Blick. Darum würde sie sich auch noch kümmern, doch zuerst müsste sie zu Atem kommen.

      Ihre Panik war inzwischen verflogen und sie ließ sich mit dem Rücken an das Holz sinken, schloss erleichtert die Augen. Den strahlenden Sonnenschein und den warmen Wind, der ihr Gesicht streichelte, genoss sie in vollen Zügen. Niemals würde sie zulassen, dass man sie in Dunkelheit einsperrte!

      Nach ein paar Minuten atmete sie wieder ruhig und gleichmäßig, doch etwas rieb an ihrem Bein entlang. Etwas, das sie an ihren Kater erinnerte – bis auf die Größe. Erschrocken riss sie die Augen auf, ihre Befürchtung traf leider zu. Quints Pumaweibchen schrubbte sich doch tatsächlich gerade an ihrem Bein! Trotz seiner Schönheit und Eleganz wäre dieser Puma in der Lage, sie mit einem Biss in die Kehle zu töten – genau wie ein Vampir.

      Lara musste schlucken, denn schlagartig hatte sie das Bild vor Augen, wie John brutal seine Reißzähne in einen Mann schlug, ihn erbarmungslos im Todeskampf festhielt und ihn bis auf den letzten Tropfen aussaugte. Der Mann hatte eine Waffe auf John gerichtet, wollte sie beide an der Flucht hindern. Dennoch würde sie seinen Schrei und den entsetzten Ausdruck in seinen Augen nie im Leben vergessen.

      Den Puma vor ihr sahen die Vampire hier anscheinend nicht als Bedrohung – kein Wunder, denn sie waren wohl die gefährlicheren Raubtiere.

      „Ganz ruhig bleiben, unser Mädchen ist schreckhaft.“

      Vorsichtig drehte sich Lara nach rechts. Dort saß der Mönch, dem sie vorher begegnet war. Er beugte sich herunter und begann wie selbstverständlich, die Raubkatze zu kraulen.

      „Na, Wildheart, hat mal wieder niemand Zeit für dich?“

      Genüsslich drehte sich der Puma auf den Rücken und ließ sich das Verwöhnprogramm sichtlich gefallen. Ohne sein Kraulen zu unterbrechen, blickte der Mönch zu ihr hoch.

      „Ich heiße übrigens Benedikt.“

      „Lara“, antwortete sie fast mechanisch, weil ihr tausend Gedanken durch den Kopf rasten und sie zudem aus dem Augenwinkel die hohe Mauer musterte.

      Anscheinend hatte John beschlossen, sie hier festzuhalten, aber das würde sie sich nicht gefallen lassen! Diese Mauer könnte sie irgendwie überwinden. Aber was war mit John und der Gefahr, von der er sprach? Sie fühlte sich mehr als nur von ihm angezogen, doch er war ein Vampir, verdammt in die Dunkelheit und hungrig nach ihrem Blut. Würde sie zur Zielscheibe werden, sobald sie über diese Mauer stieg? Müsste sie wählen zwischen Gefangenschaft und Lebens­gefahr? Zwischen Liebe und Freiheit?

      Blieb ihr überhaupt eine Wahl, nun, da sie eine vollständige Symbiose mit John eingegangen war? Denn nur der Tod hätte die Macht, diese Verbindung wieder zu trennen. Und von dem, was sie gehört hatte, band es Vampire auf sehr intensive Art an ihre Gefährtin.

      Unwillkürlich griff sie sich in den Nacken. Dort hatte sie das, was die Vampire die Blüte der Ewigkeit nannten. Im Prozess der Symbiose hatte sich aus zwei unscheinbaren Blättchen in ihrem Fall eine Lavendelblüte entwickelt. Sie war völlig schmerzfrei entstanden, fühlte sich aber an wie ein äußerst filigranes Branding und sah auch genauso aus. Die Augen eines Vampirs hätten den Unterschied jedoch sofort erkannt, denn für sie leuchtete die Blüte fluoreszierend.

      Aber diese Symbiose gab John noch lange nicht das Recht, sie hier einzusperren. Das würde sie niemals mit sich machen lassen! Niemals!

      Bald drehten sich ihre Gedanken nur noch im Kreis und sie hatte das Gefühl, den Boden unter ihren Füßen zu verlieren.

      „Deine Gedanken drehen sich im Kreis.“

      Sie war mit ihren Nerven am Ende und antwortete ziemlich ruppig. „Können sie etwa Gedanken lesen?“

      Mit einem gütigen Lächeln antwortete der Mönch: „Ach, im Lauf der Jahrhunderte lernt man das eine oder andere.“

      Jahrhunderte? War das dieser geheimnisumwitterte Mönch, von dem niemand wusste, wie viel Vampir und wie viel Mensch er war?

      „Du brauchst eine Pause, Lara. Lass dich ablenken.“

      Sanft, aber bestimmt griff er nach ihrer Hand und legte sie auf das Fell des Pumas. Gleichzeitig schienen alle Sorgen und Ängste, die gerade in ihrem Kopf eskalierten, einfach weggewischt zu werden.

      In ihrem Kopf herrschte mit einem Mal wohltuende Ruhe und sie machte einen tiefen Atemzug.

      Der Mönch nickte zufrieden.

      „Ihr Fell fühlt sich wunderbar weich an“, bemerkte sie erstaunt und streichelte den Puma nun aus eigenem Antrieb.

      „Finde ich auch. Außerdem liebt Wildheart diese Streicheleinheiten und die Nähe zu uns, aber genauso liebt sie ihre Freiheit.“

      Lara seufzte.

      „Darf diese Wildkatze hier immer so frei herumlaufen?“

      „Eigentlich hat Quint ihr ein erstklassiges Außengehege eingerichtet.“

      „Aber ein Käfig bleibt ein Käfig, egal wie schön er ist.“

      „Das ist wahr, aber Wildheart frei laufen zu lassen, ist ein Risiko. Quint bekommt öfters Ärger deswegen, doch er bringt es nicht übers Herz, seine wilde Katze die meiste Zeit einzusperren. Er spürt, wie unglücklich sie dann ist. Lieber fängt er sich ab und zu einen Kinnhaken wie neulich von John.“

      „Ach ja. Bei meinem ersten Aufenthalt hier hatte ich sie auf Johns Terrasse wohl erschreckt und sie hat mich wild angefaucht. Also bin ich an Quints Kinnhaken schuld.“

      „So ein Unsinn. Das war Johns Entscheidung. Und weißt du, alle Männer spielen gern mit Wildheart, rangeln und rollen sich am Boden mit ihr. Das macht ihnen Spaß, obwohl sie dabei immer mal wieder blutige Kratzer oder einen harmlosen Biss abbekommen.“

      „Sie ist eben eine Wildkatze!“, protestierte Lara. „Wer mit ihr spielen will, sollte wissen, worauf er sich einlässt.“

      Benedikt sah sie an und lächelte. „Genau so sehe ich das auch.“ Nach einem Moment der Stille meinte er: „Manche wissen gar nicht, wie wunderbar und wohltuend es ist, in der Sonne zu sitzen. Genieß es, Lara. Ich muss leider wieder rein.“ Benedikt griff neben sich und reichte ihr einen Laptop, den sie erst jetzt bemerkte. „Hier, falls du arbeiten möchtest. Ich werde für dich beten.“

      Bei seinen Worten fiel ihr etwas ein. Lächelnd sah sie zu ihm hoch. „Ora et labora – ist das nicht der Leitspruch der Benediktiner?“

      Der Mönch stand auf und nickte zufrieden.

      „Bete und arbeite – ein gutes Motto, oder?“

      Er hob seine Kapuze über den Kopf und schob seine Hände in die Ärmel. Bevor Benedikt sich auf den Weg machte, blickte er sie noch mal freundlich an.

      „Du gefällst mir, Lara. Darf ich dir einen Rat geben?“

      Sie zögerte, nickte dann aber doch.

      „Freiheit ohne Liebe endet meistens in Einsamkeit.“

      ***

      John landete schon wieder mit dem Gesicht auf der Matte. Er hatte längst aufgehört zu zählen, wie oft das geschehen war. Sein Körper fühlte sich mittlerweile an, als wäre er gründlich verprügelt worden.

      Noch