Unfähig zu widerstehen, strich sie mit ihren Händen über die Außenseiten seiner Hüften und seiner muskulösen Oberschenkel. Ein leises Knurren, das eher an das Schnurren einer Katze erinnerte, drang aus Johns Kehle.
So macht man also aus einem Vampir einen Schmusekater, dachte sie und musste schmunzeln.
„Das kannst du meinetwegen den ganzen Tag machen“, flüsterte er unvermittelt an ihr Ohr und strich dabei mit den Fingern einer Hand durch ihre Haare. Sie konnte gerade noch verhindern, dass ein wohliges Seufzen über ihre Lippen kam. Leider wusste sie sehr genau, wohin das führen würde, und dachte an die viele Arbeit, die heute noch vor ihr lag. Ein verlegenes Räuspern, dann versuchte sie, sich aus der Situation zu manövrieren.
„Verlockend, aber ich war eigentlich von deiner Lederhose fasziniert.“ Was auch nicht gelogen war. „Das Leder ist butterweich.“ Sie erlag ein zweites Mal der Versuchung und strich wieder außen über Johns Hüften. „Die trägt sich bestimmt sehr angenehm.“
Abrupt wandte er sich von ihr ab. Kein Wunder, auch eine Lederhose war nicht imstande, alles zu verbergen.
„Das liegt an der Qualität des Leders und der hervorragenden Verarbeitung. Eine Maßanfertigung von meinem Schneider in London.“
„Wow.“
John grinste spitzbübisch. „Noch etwas, das wir gemeinsam haben. Wir tragen beide gerne Lederhosen.“
„Ist das deine Art, mir Honig um den Mund zu schmieren?“
Innerhalb eines Wimpernschlags war sein Mund so nah an ihrem Ohr, dass sein Atem kitzelte.
„Und, funktioniert es?“, flüsterte er. Ohne auf eine Antwort zu warten, zog er sich zurück und hielt ihr kurz darauf ihre Stiefel hin.
„Ich kann zwei für dich anfertigen lassen.“
Lara versuchte, sich innerlich von ihm loszureißen, während sie die Plüschpantoffeln aus- und ihre eigenen Stiefel anzog. Irgendwie hatte John ihre Schuhe trocken bekommen, obwohl Ramón sie gestern damit in den Pool geworfen hatte.
„Gib’s zu, du machst das Angebot nur, damit du bei mir Maß nehmen kannst.“ Entschlossen stand sie von der Bank auf. „Gib mir einfach die Adresse, ich bin schon ein großes Mädchen.“
Mit dem spitzbübischen Lächeln, das sie so an ihm liebte, sagte er: „Das mit dem Maßnehmen ist eine verlockende Idee.“
Oh ja, das konnte sie sogar von seinen Augen ablesen!
„Aber das ist nicht der Grund. Mein Schneider ist mit seinen 300 Jahren Berufserfahrung einer der besten. Seine Auftragsbücher sind mehr als voll, deshalb nimmt er keine neuen Kunden mehr an.“
„300 Jahre? Ein Vampir, nehme ich mal an?“
„Ja. Außerdem würde ich dir die Hosen gern zum Geschenk machen. Sie sind handgearbeitet und daher ziemlich teuer.“
Sie war innerlich aufgewühlt. Seine Gegenwart zog sie unwiderstehlich an, schürte ihr Verlangen. Gleichzeitig fürchtete sie sich vor ihm, fühlte sich unwohl in diesen dunklen Räumen und wegen der Bemerkungen, die Ara und Rose gemacht hatten. Sie war es gewohnt, völlig frei und unabhängig zu leben. Niemand sagte ihr, wohin oder ob sie irgendwohin zu gehen hatte – und das würde sie sich auch niemals nehmen lassen. Johns nettes Angebot, über das sie sich zu anderer Gelegenheit vermutlich gefreut hätte, erregte nun ihren Widerstand.
„Mir ist klar, dass eine Maßanfertigung nicht billig ist, aber ich habe mein eigenes Geld, John. Ich brauche keinen Mann, der mich aushält.“ Und vielleicht hätte sie irgendwann genug, um sich so einen Luxus guten Gewissens zu leisten. Doch das würde sie ihm garantiert nicht auf die Nase binden.
***
Für John fühlte sich ihre vehemente Abweisung wie eine schallende Ohrfeige an. Er hatte zuletzt im Mittelalter einer Frau den Hof gemacht und sein Geschenk wäre zu damaliger Zeit positiv aufgenommen worden. Leider hatte er keine Ahnung, wie man einer Frau aus dem 21. Jahrhundert den Hof machte – ohne dabei ins Fettnäpfchen zu treten. Ara hatte mal zu ihm gesagt, das würde man nie verlernen, es wäre wie Radfahren. Welche Ironie! Er hatte das Radfahren nämlich nie gelernt.
Frustriert stieß er die Luft aus.
Alle sagten, er wäre ein brillanter Taktiker. Im Umgang mit Lara zweifelte er daran, und das nicht zum ersten Mal.
Er musste schleunigst raus aus diesem Fettnäpfchen, am besten das Thema wechseln – schon wieder.
„Denk dran, die Gaspatronen nicht in geschlossenen Räumen abzufeuern. Wie ich Ambi kenne, hat er da ein Teufelszeug zusammengebraut.“
Er schob ihr die Pistole wieder ins Holster und wandte sich in Richtung Küche.
„Komm mit. Ich mach uns Kaffee. Danach gehen wir in unsere Trainingsanlage und ich bringe dir das Schießen bei.“
Kapitel 8
Erst jetzt registrierte Lara, was sich in dem Ankleidezimmer verändert hatte: Alle Sachen von Johns verstorbener Frau Elisabeth fehlten. In zwei Dritteln des Kleiderschranks herrschte jetzt gähnende Leere.
John musste ihren Blick wohl bemerkt haben.
„Ara war so lieb und hat alles ausgeräumt. Jetzt hast du genug Platz für deine Sachen“, sagte er beinahe lapidar und verschwand in die Küche.
Lara verstand die unterschwellige Botschaft, mehr Widerstand regte sich in ihr. Sie folgte ihm, blieb aber im Türrahmen der Küche stehen und verschränkte ihre Arme.
„Meine Kleidung hängt in meinem eigenen Schrank, bei mir zu Hause. Was mich daran erinnert, dass ich schleunigst dorthin muss. Kannst du mich fahren oder …“, weiter kam sie nicht. Seine knappe Antwort unterbrach sie rüde.
„Tut mir leid, aber das geht nicht.“
John wirkte wie versteinert und sah sie nicht einmal an.
Sie schluckte, ihre böse Vorahnung wurde stärker. Zudem kämpfte sie schon wieder gegen ihre aufkommende Klaustrophobie. Im Ankleidezimmer hatten Johns Berührungen sie abgelenkt und im Badezimmer war die UV-geschützte Fensterfront. Aber hier gab es nirgends Tageslicht und jedes Fenster wirkte durch die heruntergelassene Jalousie wie eine stählerne Wand.
„Gut, dann nehm ich mir eben ein Taxi oder frage Ara …“
„Nein“, unterbrach er sie erneut.
„Wie – nein?!“
Er stützte sich mit beiden Händen auf die Arbeitsplatte und starrte abwesend auf den edlen Kaffeebereiter, der die Bohnen gerade frisch mahlte und aufbrühte.
„Draußen scheint die Sonne. Selbst wenn ich wollte, könnte ich dich nicht begleiten. Außerdem ist es zu gefährlich. Du musst hierbleiben.“
Der letzte Satz traf sie wie eine Druckwelle und für einen Moment blieb ihr die Luft weg.
„Ich habe ein Zuhause, John! Eine Mühle! Und ich habe ein Leben!“
Er trat einen Schritt zurück und sah sie endlich an.
„Ja, und diese Verbrecher haben deine Adresse, Lara!“
Sein Blick war hart wie Granit und seine Kiefer stur aufeinandergepresst.
Zornig ballte sie ihre Fäuste, ging um die Küchentheke herum und baute sich vor ihm auf.
„Ich muss in Kürze zu einem wichtigen Termin nach England. Mein neues Buch wird vorgestellt, sogar das Fernsehen wird dabei sein und vorher habe ich noch alle Hände voll zu tun. Ich muss dringend meine E‑Mails abrufen und am Computer einige Sachen abarbeiten.“
Ohne eine Miene zu verziehen, antwortete er kalt: „Du wirst ab jetzt von hier aus arbeiten müssen. Ich habe