Der Millionär von nebenan. M.J. O'Shea. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: M.J. O'Shea
Издательство: Bookwire
Серия: BELOVED
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958236172
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denke, mit dem richtigen Argument wird er sich umstimmen lassen. Und ich erwarte, dass du es findest, Sasha. Du hast mich noch nie enttäuscht.«

      »Und wenn ich es dieses Mal doch tue?«

      »Mit diesem Deal sichern wir unsere Zukunft, das weißt du ebenso gut wie ich. Ein Nein akzeptiere ich nicht.«

      »Ich lege jetzt auf«, sagte Sasha. Ihm war nach Schreien zumute, aber wenn man eines nicht tat, dann Joanne Kingsley anzuschreien. Egal wie nett sie augenscheinlich war, sie war immer noch die Königin, und niemand schrie die Königin an. »Ich glaube, meinem Kater wird schlecht, und ich kann mir nicht vorstellen, dass du möchtest, dass er dir ins Auto kotzt.«

      »Du hast einen Kater?«, fragte sie. »Mit im Auto? Und du nimmst ihn mit zu meinem Bruder?«

      »Ja. Ist das ein Problem?«, wollte Sasha wissen. Vielleicht war sein Tonfall ein wenig zu scharf, aber schließlich war er gerade dem sprichwörtlichen Wolf zum Fraß vorgeworfen worden. Es war an der Zeit zurückzuschlagen.

      Joanne kicherte leise und damit war Applebaum's vergessen. Sasha wusste nicht, ob er das der Vorstellung von Harrison mit einer Katze zu verdanken hatte oder ihren Hormonen, die sie vergesslich machten, in jedem Fall war er dankbar dafür.

      »Überhaupt nicht«, meinte sie.

      Danach legte Sasha auf und schaltete den Klingelton aus. Für den Rest der Fahrt hatte er sich etwas Ruhe verdient – wie lange das auch andauern mochte. Was auch immer ihn am Ende der Reise erwartete, war mit Sicherheit das Gegenteil von entspannend. Ihm blieb also nicht mehr viel Zeit.

      Kingsley Court sah aus, als stammte es aus einem Märchen – oder aus einer anderen Realität, die Sasha nicht erfassen konnte. Er hatte zwar die letzten beiden Jahre mit den Reichen und Berühmten bei Modenschauen und Fotoshootings verbracht, aber das war irgendwie... unwirklich. Am Ende des Tages waren all der Pomp und Glitter und die teuren Stoffe verschwunden und er war wieder in seiner kleinen Bude, die er sich mit Mateo teilte. Opulenz hatte ihm noch nie so entgegengestarrt wie aus diesem riesigen, bedrohlichen Bauwerk, das nur ein paar hundert Meter vom Strand entfernt stand und von aufwendigen, fast einschüchternden, aber nicht minder beeindruckenden Gärten umgeben war.

      »Oh mein Gott«, hauchte Sasha. Er überlegte, ob es unangebracht war, wenn er ein Foto von seiner neuen Unterkunft schoss und es seiner Mom und seinem Dad schickte. Sie würden vermutlich nicht einmal wissen, was sie davon halten sollten, dass ihr kleiner Junge in einem Haus wie Kingsley Court wohnte. Um ehrlich zu sein, wusste er es selbst nicht.

      Sasha stieg aus dem Auto, das ihn aus Manhattan hergebracht hatte – dem Auto, das ihn in eine andere Welt transportiert hatte. Seine Knie zitterten und er musste sich zwingen, das Dach des Wagens loszulassen. Er reckte den Hals und blickte auf.

      Natürlich war das Haus riesig, denn nichts anderes wäre eines Harrison Kingsleys angemessen. Es war aus Backsteinen erbaut und umsäumt von perfekten Gärten und einer tadellos gepflegten Kiesauffahrt. Ihm war, als würde ihn das Haus verschlucken und in sich aufnehmen. Sasha konnte kaum den Himmel sehen.

      Kingsley Court musste vier Stockwerke haben, stellenweise vielleicht sogar fünf. Es gab mehrere Nebengebäude und wenn Sasha genau hinsah, konnte er einen der für die Hamptons typischen Holzwege erkennen, die über die Dünen runter zu den Stränden führten. So sehr ihm auch vor der Zeit mit Harrison graute, hatte er an der Umgebung nichts auszusetzen. Unglaublich.

      Er ging zur Eingangstür und wusste plötzlich nicht weiter. Sollte er einfach klingeln? Oder musste er den Hintereingang benutzen, weil er ein Angestellter war? Niemand hatte es ihm gesagt. Joanne war nicht ganz auf der Höhe und normalerweise erledigte ohnehin Sasha solche Dinge für sie. Anscheinend war er auf sich allein gestellt.

      Er beschloss, dass es an der Zeit war, es einfach... hinter sich zu bringen. Er hob die Hand.

      Die Tür öffnete sich, noch bevor er klingeln konnte, und eine gestresst aussehende Frau mit einem Klemmbrett in der Hand teilte ihm mit, dass Mr. Kingsley ihn in seinem Büro am Ende des Flurs erwartete und sie schnell zurück ins Atelier müsste, bevor sie noch die Aufgaben von jemand anderem untergejubelt bekam.

      Okay, dann... solltest du wohl besser gleich zum Atelier zurückgehen. Er verdrehte die Augen, denn er hatte noch nie nachvollziehen können, was es an dem Wort Werkstatt auszusetzen gab, aber mit der Zeit hatte er sich daran gewöhnt. In der Modebranche ging es immer um den Schein, das würde sich wohl nie ändern.

      Sasha war etwas vor den Kopf gestoßen, aber dann war die Frau auch schon verschwunden und er sah sie nicht mehr.

      Er betrat den Flur und war platt. Alles war so... oh Gott. Der beeindruckendste Ort, den er je gesehen hatte, und das wollte etwas heißen, denn er war in den letzten beiden Jahren an einigen imposanten Orten gewesen.

      Die Decke war gewaltig, die Treppe schien einen in eine andere Atmosphäre zu geleiten, alles war aus Stein, Holz und Gold und einfach Wow. Sasha fragte sich, ob er jemals durch diese Türen treten und sich nicht völlig überwältigt fühlen würde. Er ging in die Richtung, die die hektische Frau ihm gewiesen hatte und in der er Kingsleys Büro vermutete. Die Tür stand offen, also schlüpfte Sasha einfach hinein.

      In einem Haus, das dazu bestimmt war, eindrucksvoll zu erscheinen, mit seinen hohen Decken und der ganzen Pracht zu beeindrucken, ging Kingsleys Büro noch einen Schritt weiter. Es war mindestens eineinhalb Stockwerke hoch, komplett mit Holz vertäfelt und mit einem Kamin ausgestattet, der höher war als Sasha. Dazu kam eine große Anzahl an Kunstwerken sowie unbezahlbaren Perserteppichen.

      Sasha erstarrte. »Ähm, hallo?«

      Er fühlte sich wie ein Kind, das etwas angestellt hatte und jetzt auf seine Bestrafung wartete. Er dachte an Joannes Auftrag und hätte sich am liebsten übergeben. Er sollte Harrison überreden, das Gegenteil von dem zu machen, was er eigentlich wollte. Einem Mann, der ihn für ein lästiges Insekt hielt, sollte er sagen, was er tun sollte? Sasha wollte sich am liebsten umdrehen und den ganzen Weg nach Manhattan zurückrennen.

      »Ich bin hier hinten«, rief Harrison.

      Sasha erkannte die Stimme. Er würde sie überall wiedererkennen, denn sie sorgte bei ihm für Gänsehaut. Jedes Mal, wenn Joanne ihn gebeten hatte, Harrison anzurufen, hatte er sich davor gefürchtet. Manchmal hatte Sasha fast den Eindruck, dass sie ihn darum bat, weil sie ihren Bruder nicht selbst anrufen wollte. Schon immer hatte der Mann ihn gleichzeitig verärgert und auf seltsame Weise erregt. Vielleicht hatte Mateo mit dem, was er angedeutet hatte, doch ein klitzekleines bisschen recht.

      Sasha durchquerte das riesige Büro und fand Harrison hinter mehreren Staffeleien. Er sah genauso aus, wie Sasha ihn in Erinnerung hatte – groß, breitschultrig und wunderschön. Sein dunkles Haar war gerade lang genug, um modisch verwuschelt zu sein, und seine Kleidung saß so perfekt, als wäre sie ihm auf den Leib geschneidert worden, was vermutlich auch der Fall war. Er besaß volle Lippen, hohe Wangenknochen, dichte, scharf geschnittene Augenbrauen und Wimpern, die so lang waren, dass Sasha sie sogar von seinem Standort aus sehen konnte. Der Mann sah aus wie ein Disney-Prinz. Zu dumm, dass sein Inneres eher dem von Cruella de Vil glich.

      Sasha trat um die Ecke, um zu sehen, woran Harrison arbeitete. Er sog scharf die Luft ein, als er einen Blick darauf erhaschen konnte. Es war unglaublich. Auf jeder Staffelei stand ein Entwurf – ein lebhaftes, buntes Ombré-Maxi-Kleid, das von Schwarz über Lila und Smaragdgrün in ein intensives Ozeanblau zum Saum hin überging, ein klassisches Maillot-Kleid im Pin-up-Schnitt in der gleichen Farbschattierung, eine tief dunkelblaue Palazzo-Hose mit hohem Bund, die leicht zu Boden floss und dazu eine weiße, ärmellose Bluse, die an der Hüfte geknotet war und von einem einzelnen Aufdruck einer Pfauenfeder akzentuiert wurde. Es waren klassische Formen, wie Standbilder aus alten, glanzvollen Hollywoodfilmen, die in Farbe zum Leben erweckt wurden. Exquisit. Sasha fühlte ein aufgeregtes Prickeln über seinen Rücken wandern.

      »Die sind alle wunderschön«, hauchte er. »Joanne wird sie lieben.«

      Harrison brummte nur als Antwort. »Auf meinem Schreibtisch liegt eine Liste für dich«, sagte er, ohne Sasha anzusehen. »Abendessen gibt es um acht Uhr, aber wenn du es schaffst,