Der Millionär von nebenan. M.J. O'Shea. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: M.J. O'Shea
Издательство: Bookwire
Серия: BELOVED
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958236172
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murmelte er mehr zu sich selbst. Harrison Kingsley mochte brillant sein und ausgesprochen gut aussehen, aber er war auch unhöflich und arrogant. Das war in der Modewelt keine wirkliche Überraschung. All die Ehrfurcht, all seine blinde Verehrung verschmolzen in Sashas Magen zu einem sauren, klebrigen Knoten. Wo Joanne Kingsley freundlich, liebenswert und noch vieles mehr war, das man nicht von ihr erwartete, war Harrison Kingsley... grauenhaft. Plötzlich war Sasha unglaublich dankbar, dass er für Joanne in der Stadt arbeiten und mit dem zurückgezogen lebenden Harrison kaum Kontakt haben würde.

      Auch wenn er wunderschön war, wäre Sasha sehr froh, wenn er Harrison Kingsley niemals wiedersehen müsste.

      ***

      Zwei Jahre später...

      »Jo, das kannst du mir nicht antun. Ich werde sterben.«

      Sasha ließ sich auf Joannes neueste Errungenschaft fallen – einen lavendelfarbenen, verzierten Diwan mit vergoldeten Beinen, den sie in einer Ecke ihres Büros platziert hatte. Der Diwan war viel höher und bei Weitem nicht so weich wie ihre üblichen Bürostühle aus weißem Wildleder. Aus diesen konnte die im siebten Monat schwangere Joanne kaum noch selbst aufstehen. Sasha hatte eine gute Wahl getroffen, als er den Diwan ausgesucht hatte, denn er war das einzige Möbelstück, auf dem Joanne noch bequem sitzen konnte. Joanne legte eine Hand unter ihren runden Bauch und ließ sich neben Sasha nieder. In seinen Augen war sie immer noch die schönste Frau der Welt, doch sie schien vollkommen erschöpft zu sein. Das lag wahrscheinlich an ihrer Weigerung, mit dem Arbeiten aufzuhören, bis ihre Familie und ihr Arzt sie dazu gezwungen hatten. Und dieser Tag war heute gekommen.

      »Werde bloß nicht schwanger, Sash.« Sie legte die Hand auf seine Schulter und schloss die Augen. Joanne sah aus, als würde sie gleich in Ohnmacht fallen. Bisher hatte sie sich gut gehalten, aber es war an der Zeit, sich von ihrem stressigen Job zu verabschieden. Zumindest für ein paar Monate.

      Sasha wusste nicht, was er ohne sie tun sollte. In den letzten beiden Jahren waren sie von Chefin und Angestelltem zu Freunden geworden, oder wenigstens zu engen Bekannten. Den Großteil des Tages verbrachte er mit Joanne. Einmal waren sie sogar zusammen in den Urlaub gefahren – ein Urlaub, den sich Sasha niemals selbst hätte leisten können. Es würden einige lange Monate werden, bis sie aus dem Mutterschaftsurlaub zurück in die Welt der Mode kam.

      Für sie wie für ihn.

      »Ich bin mir ziemlich sicher, dass eine Schwangerschaft für mich nicht zur Debatte steht, Darling.« Er verdrehte die Augen. Sasha wollte nicht übers Schwangerwerden reden oder über ihr übliches Thema, wann er endlich einen festen Freund finden würde. Er wollte über die Bombe reden, die Joanne vor ein paar Sekunden hatte platzen lassen.

      Joanne kicherte. »Sag niemals nie. Die Wissenschaft erzielt jeden Tag neue Durchbrüche.«

      Sasha war innerlich so weit davon entfernt, auch nur an Ehe und Kinder zu denken, dass er schon bei der Vorstellung davon würgen musste, wenn auch nicht annähernd so heftig wie bei dem Gedanken daran, mit Harrison zusammenarbeiten zu müssen. Den ganzen Sommer über. In den gottverdammten Hamptons. Was anscheinend genau das war, was ihm bevorstand.

      Joanne hatte ihm soeben eröffnet, dass er Harrison assistieren sollte, solange sie sich im Mutterschaftsurlaub befand. Harrison. Harrison, der ihn mit der sprichwörtlichen Glut von tausend Sonnen hasste. Daran hatte sich in den letzten zwei Jahren nichts geändert. Sasha musste sich beeilen, wenn er Joanne eine bessere Alternative präsentieren wollte, bevor er sich mitten im Berufsverkehr im Bus in die Hamptons wiederfand.

      »Verbannst du mich wirklich aufs Land? Ich kann dir helfen, dein Reich von deinem Loft aus zu regieren. Wäre das nicht besser, als mich zur Schlachtbank zu führen?«

      Jetzt war es an Joanne, die Augen zu verdrehen. »Du benimmst dich, als würde ich dich in den Krieg schicken.«

      »Tust du das denn nicht?« Den ganzen Sommer lang mit Harrison arbeiten zu müssen, fühlte sich für ihn an wie Krieg.

      Joanne wollte offensichtlich nichts davon hören. »Wenn du eine der prestigeträchtigsten Adressen in East Hampton als Kriegsfront betrachtest, dann schicke ich dich wohl wirklich in den Krieg. Ich denke, du übertreibst, was sonst überhaupt nicht deine Art ist.« Sie versuchte sich aufzusetzen, schien dann jedoch aufzugeben und ließ sich wieder an Sashas Schulter sinken. »Sash. Alles wird gut gehen. Sogar fantastisch werden.«

      Sasha dachte an die Gelegenheiten, bei denen er in den letzten beiden Jahren direkten Kontakt mit Harrison gehabt hatte. Für gewöhnlich vergaß der Mann seinen Namen, stauchte ihn zusammen, behandelte ihn wie einen Leibeigenen und ignorierte alles, was er sagte, nur um nach einigen endlosen, frustrierenden Minuten nach Joanne zu verlangen. Theoretisch war Sasha mehr als qualifiziert, für Harrison zu arbeiten, sogar überqualifiziert, aber das bedeutete nicht, dass der Idiot ihn nicht trotzdem behandelte, als hätte er keine Ahnung und als ob man sich nicht darauf verlassen konnte, dass er auch nur eine einzige Aufgabe, die man ihm stellte, korrekt ausführen konnte.

      »Ja. Es wird fantastisch werden.« Sashas Stimme triefte vor Sarkasmus. »Harrison und ich werden gemeinsam Wunder bewirken. Am Ende des Sommers werden wir beste Freunde sein und zusammen die Welt erobern. Du wirst schon sehen.«

      Joanne streckte die Hand aus und wuschelte ihm durchs Haar. »Ich wusste doch, dass du Vernunft annimmst.«

      Joanne Kingsley war weder dumm noch ahnungslos. Sie ignorierte seinen sarkastischen Unterton mit Absicht.

      »Kannst du mich für die nächsten Monate denn nirgendwo sonst hinschicken?« Am liebsten würde er weiter für Joanne arbeiten, aber sie musste Stress unter allen Umständen vermeiden. »Ich könnte in L.A. nach neuen Talenten suchen. Dort muss es doch haufenweise Modestudenten geben, die darauf brennen, im Herbst Teil deines Teams zu werden. Alternativ erscheint mir die Postabteilung recht verheißungsvoll zu sein.«

      Joanne prustete los. »Du bist ein kleiner Witzbold.«

      Kleiner Witzbold? »Hat dir beim Mittagessen jemand etwas in den Saft geschüttet?«, wollte Sasha wissen und verzog das Gesicht. »Ich könnte wirklich dabei helfen, neue Talente zu finden. Das war nicht als Scherz gemeint.«

      Das Label war tatsächlich im Wachstum. Joanne verfolgte große Ziele. Sie brauchte neue Leute und Sasha wäre perfekt geeignet, welche für sie zu finden. Das wäre besser als...

      »Nein, das überlasse ich Padma. Das ist die beste Entscheidung. Harry hatte seit Jahren keinen richtigen Assistenten mehr. Er braucht jemanden wie dich, um auf dem Boden der Tatsachen zu bleiben.«

      Er brauchte mehr als das.

      »Ich bin kein Designer, wollte nie Designer werden. Ich will auch nicht für einen Designer arbeiten. Ich will für dich arbeiten.«

      Sasha und Joanne wussten beide, dass diese Diskussion zu nichts führen würde.

      Tatsächlich wäre jemand wie er in der Werkstatt in den Hamptons von Nutzen. Harrison brauchte nicht noch einen weiteren Designer mit den Händen voller farbiger Stifte und dem Kopf in den Wolken. Davon hatte er schon ein ganzes Atelier voll.

      Er brauchte jemanden, der seine Arbeit von der ausgefallenen Avantgarde weglenkte, hin zu der eleganten und doch frischen Mode für jeden Anlass, für die Harrison Kingsley stand. Harrison brauchte Joanne. Oder, na ja, Sasha. Das Problem war, dass er nie im Leben auf Sasha hören würde, egal wie viel Erfahrung Sasha mittlerweile auch gesammelt hatte. Das hatte er oft genug bewiesen. Sasha wollte nicht den Rest des Sommers damit verbringen, noch weitere Beweise zu erbringen.

      Joanne schaute Sasha lange an. »Du hast den besten Blick in der Branche und dies ist deine Chance, es zu beweisen. Du musst mich in meiner Abwesenheit vertreten. Außerdem werde ich Harry sagen, er soll auf dich hören, sonst bekommt er es mit mir zu tun.«

      Der Gedanke, Harrison Kingsley Harry zu nennen, brachte Sasha fast zum Lachen. Er hatte es bisher nur Joanne sagen hören, niemanden sonst. Kein anderer würde es wagen. Zumindest niemand, den Sasha kannte.

      Sasha unternahm einen letzten Versuch. »Er wird nicht auf mich hören, egal wie sehr du ihn als große Schwester